Bloodman
zusätzliche Entsetzen der Vertrautheit machte es irgendwie schlimmer, als wäre die Szene extra für seine Blicke arrangiert worden.
Schon bevor er sie untersuchte, wusste er, was er vorfinden würde.
Die gesamte Haut war von ihrem Körper entfernt worden. Er verdrehte den Kopf wie eine Katze, die durch einen Zaun schlüpft, spähte zwischen die blutigen Stümpfe ihrer Zehen, bückte sich, um ihre Ellenbeuge zu begutachten, untersuchte ihre Schädelbasis und konnte nirgendwo auch nur eine Spur von Haut entdecken. Sie war säuberlich abgeschält und dann weggeworfen worden. Ihr Fleisch war überall von sichelförmigen Einschnitten übersät, die die Spitze des Messers hinterlassen hatte. Unwillkürlich sprach er laut: »Sie wurde mit einem einschneidigen Messer mit Recurve-Schneide abgehäutet. Dicke Klinge. Höchstwahrscheinlich ein Jagdmesser.« Er begutachtete die Arbeit, die Technik, und es schwemmte wie eine Flutwelle über ihn hinweg.
Er. Es klang jetzt fast wie ein Glockenspiel in seinem Kopf. Ein chorales Mantra.
»Warum hat er das getan?«, fragte Hauser mit einer Stimme irgendwo zwischen Flüstern und völliger Unhörbarkeit.
»Was getan?«
Hauser befeuchtete sich die Lippen, damit seine Stimmbänder diesmal besser funktionierten. »Hm, sie abgehäutet. Wollte er damit ihre Identität verschleiern?«
Jake schüttelte den Kopf und musste sich selbst daran erinnern, dass die meisten Menschen â einschlieÃlich Polizisten â niemals etwas Derartiges zu sehen bekommen. Er hatte schon wesentlich dümmere Fragen gehört. »Damit hat es nicht das Geringste zu tun. Wir haben ihr Zahnschema â jedenfalls gröÃtenteils. Und ihre DNA . Nein, wir werden herausfinden, wer diese Menschen sind, und das weià er.« Jake sah auf die Frau hinunter und begriff, dass er Hausers zentrale Frage nicht beantwortet hatte, das groÃe Warum. »Manche nehmen die FüÃe mit. Andere innere Organe. Viele wollen die Genitalien. Dieser Kerl steht auf Haut. Ich kenne das Warum noch nicht, lediglich das Wie . Langer Rede kurzer Sinn, das hier ist sein Trip, sein kleiner mentaler Kick. Er arrangierte alles so, dass er sich dabei groÃartig fühlt.« Er wandte sich wieder der Frau zu. »Er findet es schön.«
Das Fleisch unter ihrem Gesicht war runzelig und rissig wie ein Pudding, und ihre Zähne waren gezackte Stummel von WeiÃ, die sich verzweifelt in den Teppich gebissen hatten. Ihre Zunge lag ein paar Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Sie hatte sie sich abgebissen und ausgespuckt, und jetzt sah sie aus wie eine dicke Schnecke aus Fleisch, die vergeblich versucht hatte, aus einem brennenden Gebäude zu fliehen.
Jake öffnete den Schrank und stutzte. Die Kleiderbügel waren leer. Im grellen Licht der Scheinwerfer entdeckte er acht kleine Eindrücke im Teppich. »Nehmen Sie die hier auf. Mit MaÃstab.«
»Was aufnehmen?«, fragte Conway, während er auf den Teppich starrte.
Jake kauerte sich hin und deutete auf die acht Eindrücke.
Conway kniff die Augen zusammen. »Ich sehe nichts.«
Jake deutete noch einmal darauf. »Da, da, da, da. Und dann hier, hier, hier und hier .«
Conways Gesicht verzog sich verdutzt, als er es endlich erkannte. »Du liebe Zeit. Was ist das?«
Jake musste sich Mühe geben, nicht die Augen zu verdrehen.
»KofferfüÃe«, sagte Hauser von hinten.
»KofferfüÃe?«
»Jemand hat zwei Koffer aus dem Schrank genommen.« Jake zeigte auf die Kleiderstange voller leerer Kleiderbügel über seinem Kopf. »Und alle Kleider.«
»Warum sollte jemand das tun?«
»Machen Sie einfach die verdammten Fotos, okay?«
Im selben Moment erkannte Jake, dass noch etwas anderes fehlte â Spielzeug. Man ging mit einem so kleinen Kind nirgendwohin, ohne Spielzeug mitzunehmen. Selbst, wenn es nur für fünf Minuten war.
Jake wandte sich ab und lieà den Blick durch den Raum schweifen, nahm jedes Objekt, jede Oberfläche und jedes Detail in sich auf, formte den Raum zu einem dreidimensionalen Modell in seinem Kopf, das er später erneut aufsuchen konnte, wenn er etwas nachprüfen wollte. Er ignorierte den kupfrig-süÃen Geruch des Bluts, der sich mit dem bitter-würgenden Gestank von Fäkalien und seiner eigenen Furcht mischte â ignorierte die Tatsache, dass er sich in einem Raum befand, in dem man
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