Bloodseal: Flucht ins Ungewisse (German Edition)
nicht bewusst gewesen. Blau-lila Flecken breiteten sich unter meiner Haut aus. Getrocknetes Blut klebte zwischen meinen Fingern und die roten Kratzer zogen sich wie aufgeplatzte Adern durch mein Fleisch. Kein schöner Anblick.
Als ich mit ihm zusammengestoßen bin?
Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie sein Gesicht an meiner Hand gestreift war. Ob er jetzt mein Blut an seiner Wange kleben hat?
„Ich werde mich schnell darum kümmern!“ Ohne auf eine Zusage zu warten, stand ich auf und rannte ins Badezimmer hinauf.
Ich betrachtete mich im Spiegel. Meine braunen Locken, die mir zunehmend auf den Wecker gingen, hingen leblos in mein Gesicht. Ich hatte sie einfach mal zack abgeschnitten und nun waren sie ihrer Natur nach gewachsen. Einfach beschissen.
Seit Mums Tod hatte ich auch viel abgenommen, was man deutlich an meinen markanten Wangenknochen und den wie Schwerter hervorstehenden Rippen erkennen konnte.
Aber das war es eigentlich gar nicht, was mir die Magensäure in den Mund trieb. Viel mehr war es die Tatsache, dass ich etwas Seltsames sah. Nein, das konnte nicht sein! So etwas gibt es verdammt noch mal nur in irgendwelchen Filmen.
Jetzt dreh hier nicht durch, Lora!
Ich musste übermüdet und angepisst von dieser ganzen Situation sein. Das war alles. Ich war überfordert!
Ich drehte mit zittriger Hand den quietschenden Wasserhahn auf und das Erste, das ich dann machte, war … Ich erbrach mich ins Waschbecken.
Was zur …
Mit einem Mal war mir schwindlig und mein Magen rebellierte wie ein Märtyrer. Meine Knie gaben nach. Vielleicht hatte ich ja eine Gehirnerschütterung? Gewundert hätte es mich jedenfalls nicht.
Nachdem ich sicher war, dass ich keine geschmacksverstärkten Nahrungsmittel mehr in mir hatte, schleppte ich mich in den Gang und rief vorsichtig über das Geländer: „Dad!“
Blut rauschte mir in den Ohren, und obwohl ich die Augen geschlossen hatte, drehte sich alles. Und dann weiß ich nur noch, dass ich langsam wegdriftete. In ein tiefes Schwarz.
Irrationale Gedanken schwammen noch durch meinen Kopf. Denn ich war mir ganz sicher, dass ich vorhin gesehen hatte, wie meine Haut weiß schimmerte.
Matthew Tempson:
„Nein, ich bin noch ein Mensch! Oder so etwas …“
„Jedenfalls bin ich froh, dass ihr noch aufgetaucht seid“, sagte ich erleichtert und ließ mich auf die futuristisch wirkende Couch fallen, verschränkte die Arme unter dem Kopf und streckte die Beine über die Lehne. „Sonst hätte ich weiß Gott wo pennen können …“
Von innen sah der Wohnwagen viel größer aus, als er von außen wirkte. Nick hatte hier eine kleine Küche einrichten lassen – wie auch immer er an das Geld gekommen war, ohne dass seine Eltern Wind davon bekamen – und was man sonst noch so zum Leben brauchte, wie Bett, Tisch, Sesseln …
Ich wand meinen Kopf etwas und beobachtete Syria dabei, wie sie gemächlich über die Couchlehne kroch. Sie züngelte mir zu. Anscheinend hatte sie in Nick den perfekten Besitzer gefunden. Sie musste nur selten in ihr wasserloses Aquarium und bekam reichlich Futter.
Ich kraulte ihr ein wenig den Kopf, dann schlich sie weiter zu Jess, die sich zu mir gesetzt hatte. Der Erste-Hilfe-Kasten lag in ihrem Schoß.
Sie hatte die perfekte Cheerleader-Figur, schlank und beweglich wie Syria, und ihre ewig langen blonden Haare schmiegten sich wellig an ihren Körper.
„Willst du eigentlich bei einer deiner bescheuerten Aktionen draufgehen?“, fragte sie und beugte sich über mich, sodass sie mir in die Augen sehen konnte.
Ich wandte den Blick ab. Auch wenn Jess und Nick diese Reaktion meiner Augen nur allzu gut kannten, war es mir unangenehm. Immerhin war es … nicht wirklich normal.
„Ich war nur spazieren!“ Der Stimme in meinem Kopf sei Dank, dass ich dabei nicht krepiert bin. „Und ist es zu viel verlangt, wenn ich ein ungebundenes Leben führen will?“
Nick zog einen der barhockerähnlichen Stühle heran und hielt mir eine Dose Bier hin, die ich mir an die Wange legte. Der kühlende Effekt war es unbedingt wert, dass ich es nicht gleich auf ex austrank, was auch durchaus ein verlockender Gedanke war.
Erst jetzt fiel mir auf, dass Hollywood Undead aus den Lautsprechern an den Wänden rappte. Keine Ahnung, was Nick an dieser Band fand, aber er hörte sie jetzt schon seit Tagen und somit auch ich. Ob ich wollte oder nicht.
„Ist es nicht“, meinte er dann. „Aber wenn du deswegen abkratzt, bringt dir das freie Leben nichts mehr.“ Er nahm
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