BLUE - toedliche Magie
als alle anderen Gäste und wanderten gut eine halbe Stunde vom allgemeinen Treffpunkt in südliche Richtung weiter. Die Insel bot immer wieder wunderschöne Buchten und offene Stellen, aber sie suchten eben den perfekten Platz mit feinem Sand, Schatten und Sonne. In Wahrheit tat ihnen die Ruhe ungeheuer gut. Sie waren zwar alle – auch Vanessa wieder – in Party-Party-Stimmung, doch die Insel hatte eine extrem entspannende Wirkung auf sie. Alleine der Spaziergang machte sie auf eine völlig andere Art glücklich, als es partymäßige Highlights je geschafft hätten. Feiern war natürlich super, hatte aber auch so etwas Getriebenes und Hochtouriges. Außerdem hinkte man stets dem nächsten Kick hinterher. Vermutlich suchten sie alle nur nach dem wirklich richtigen Gefühl und erkannten intuitiv, dass so etwas auch durch eine schöne Umgebung erzeugt werden konnte. Für die drei fühlte es sich sogar gerade nachhaltiger an.
„Wow, das hier ist perfekt!“, lachte Leonie und deutete auf die märchenhafte Bucht vor ihnen. Palmen hingen schräg über den schmalen Streifen Sand und spendeten ein wenig Schatten auf der hellen Fläche. Das Meer wirkte hier besonders türkis, der Strand war flach abfallend und ideal, um – ohne Haifischalarm – richtig lange zu tümpeln. Selbst für Annika bot der Platz die idealen Sonnenplätzchen, denn sie hatte sich geschworen erst wieder mit einer mörderisch guten Farbe nach Hause zu fahren.
„Wie aus einer alten Bacardi-Werbung“, schwärmte Vanessa.
„Fehlen nur noch die schnuckeligen Jungs, die uns jetzt ein Floß bauen“, meinte Leonie, die die Spots auch kannte.
„Quatsch, die uns verwöhnen“, fiel Annika ein und grinste. Dann breitete sie ihr Strandtuch als Erste aus und fläzte sich gemütlich darauf. Die anderen beiden taten es ihr gleich und starrten danach selig in den ultrablauen Himmel.
„Bei uns ist der Himmel nie so blau“, meinte Leonie und streichelte mit ihren Fingern sanft über den weißen Sand. Der spürte sich so unglaublich fein und weich an, dass sie an Seide dachte.
„Das hat wohl mit dem Meer zu tun“, spekulierte Annika, obwohl es ihr eigentlich egal war. Der Himmel war schön. Punkt und aus.
„Ich muss nochmal die Farbe vom Meer angucken“, träumte nun Vanessa und setzte sich auf. „Mensch, das ist so geil türkis! Wenn ich das meinen Eltern zeige ...“ Klick , schon hatte sie mit dem Handy ein cooles Foto geschossen und tippte etwas ins Handy, um das Bild als MMS zu versenden. Doch ein Telefonnetz war hier natürlich illusorisch.
„Mist, kein Netz“, motzte sie.
„Na, was für ein Wunder“, spottete Annika.
„Aber wenigstens hab ich ja das Foto.“
„Meinst du zwischen all den Palmen steht ein Handymast? Hm?“, ätzte Annika weiter und schüttelte den Kopf, weil Vanessa manchmal so gar keinen Sinn für die Realität hatte. Doch die zuckte nur mit den Schultern.
„Mir doch egal. Probieren kann man es ja.“ Dann packte sie das Handy weg und guckte wieder aufs Meer. „Meint ihr, wenn ich meine Zehen da reinhänge, werde ich blau? Die Farbe ist einfach so irre.“ Leonie und Annika blickten zu ihrer Freundin, als ob sie nicht ganz dicht wäre. Vanessa bemerkte es nicht einmal und seufzte nur schwer. Sie träumte wieder einmal und das war natürlich okay. Trotzdem war es für die beiden anderen eine seltsame Anwandlung.
„Was kommt jetzt wieder, Nessi? Geheule, eine philosophische Abhandlung oder nur ein dezenter Sonnenstich?“ Annika lachte, wirkte aber doch recht skeptisch.
„Nichts von alledem“, erklärte Leonie. „Sie träumt vermutlich von den leckeren Cocktails an Bord, dann wäre sie natürlich irgendwann blau. Vielleicht sogar wie das Meer.“ Leoni kicherte und stupste Vanessa an. „Manchmal bist du so verträumt, dass ich mich frage, was in deinem Kopf wirklich vorgeht.“
„Verträumt? Aber nein, das bin ich doch gar nicht. Ich habe nur gerade überlegt ... ich meine, stellt euch doch mal vor, das Wasser wäre ein riesiges Gebilde aus lebendigen Informationen und wir hätten die Möglichkeit damit in Kontakt zu treten. Wenn ich mir vorstelle, dass das Meer auf mich abfärbt ... jetzt in echt und nicht nur im Sinne von ‚ich krieg blaue Zehen‘ ... dann wäre ich vermutlich auch mit der ganzen Kraft des Ozeans verbunden. Vielleicht könnte ich dann die Tiere verstehen, die Wucht ihrer Kraft spüren, die unendliche Weite erahnen und göttliche Zusammenhänge begreifen.“ Versonnen blickte Vanessa
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