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Blumen fuer Zoë

Blumen fuer Zoë

Titel: Blumen fuer Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Kerr
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Roads
anstimmte. »Es tut mir echt leid«, entschuldigte ich mich, aber da war nichts zu machen, er schmollte. Am Times Square wurden wir durch eine Gruppe von Schlitzaugen an der Weiterfahrt gehindert, die uns mit einer tiefen Verbeugung begrüßten, bevor sie den Cadillac fotografierten. Vor uns thronte der leuchtende Kopf von Tom Selleck, der eine kubanische Zigarre rauchte. Da ging plötzlich ein feiner Nieselregen auf die Windschutzscheibe nieder und vernebelte die Reklameflut, einschließlich Toms Kopf. Ich wandte mich John-John zu: Er schmollte noch immer. Ich muss schon sagen, John-John hatte eine ganz und gar weibliche Art, sich zu ärgern, die mich irgendwie an Evelyn erinnerte, bevor die Menopause sie der Welt gegenüber gleichgültig gemacht hatte. Auf dem Sinatra Drive kamen wir an dem weißen Haus vorbei, in dem Evelyn und ich gewohnt hatten, bevor wir in die Wohnung in Midtown gezogen waren. Ich fragte mich, was in aller Welt wir damals in Hoboken zu suchen gehabt hatten, aber dann fiel mir wieder ein, dass es Evelyns Idee gewesen war: Wir hatten gerade Maddie bekommen, und Evelyn wollte »unser Kind in geeigneter Umgebung großziehen«. New Jersey war für sie diese geeignete Umgebung, was beweist, dass diese Frau ein kleines bisschen übergeschnappt ist. John-John muss gesehen haben, dass ich erneut melancholisch wurde, denn er fing plötzlich an, mich über die Frau auszufragen, mit der ich nicht verheiratet gewesen war: »Wie ist sie denn so?«, »Wo hast du sie kennengelernt?«, »War es Liebe auf den ersten Blick bei dir?«, »Beruhte es auf Gegenseitigkeit?« Um in seinem Jargon zu bleiben, antwortete ich, Evelyn sehe der Frau auf Edward Hoppers Bild
A Woman In The Sun
ähnlich, und zwar was die Proportionen und die Schönheit betreffe, und sein Gesicht nahm einen äußerst verzückten Ausdruck an.
    Ein Schild mit einer Leuchtschrift zeigte einen Unfall auf der Interstate 95 bei Secaucus an. Ich machte kehrt, um über die Route 202 zu fahren, die dank ihrer hohen Kiefern mit dem würzigen Duft etwas mehr Abwechslung bot. Da es aufgehört hatte zu regnen, klappte ich das Verdeck auf. Wir ließen uns den Wind um die Ohren pfeifen und fuhren an einer Reihe von indianisch klingenden Orten wie Mahwah, Towaco und Pequannock vorbei, deren Namen mir die Kleine in Erinnerung riefen, in die ich auf der Highschool verliebt gewesen war – eine Irokesin namens Aponi mit nach unten gezogenen Augenlidern. Nach dem Unterricht gingen wir hinter der Schule auf den Feldern von Bridgeport spazieren, und jedes Mal, wenn es dunkel wurde, streckte sie sich lang auf dem Boden aus und sah mich lächelnd an, was das Zeichen dafür war, dass ich grünes Licht hatte. Nach sechs Monaten hatte Aponi mich wegen eines Basketballspielers verlassen, der Hank hieß und ein Trottel mit einer Wirbelsäulenverkrümmung war.
    Als wir aus New Jersey herausfuhren, geisterte mir bloß eine einzige Frage in meinem Schädel herum: warum Bob? Ja, warum verdiente ausgerechnet dieser dickbäuchige Kahlkopf Evelyn mehr als ich? Ich hoffte, dass Evelyn oben im Norden, im kalten Chicagoer Wind, die Ohren klingen und ihr mein Bedauern über ihren Verlust mitteilen würden. Wenn ich das heilige Treueversprechen in den dreiunddreißig Jahren an ihrer Seite auch das eine oder andere Mal aus den Augen verloren habe, so lag das nicht etwa daran, dass ich mir das gewünscht hätte, sondern eher daran, dass mir der Seitensprung in Krisensituationen als Notlösung, als schnelles und effektives Mittel erschienen war, um sie nicht Hals über Kopf zu verlassen. Doch die Vorstellung, ihren Mann in den Armen einer anderen zu sehen, ertragen Frauen nur sehr schlecht, wohl wegen des Konkurrenzkampfes, der zwischen den Schönsten unter ihnen herrscht, und Evelyn kam eindeutig aus einem der besten Ställe. Außerdem hatte sie einen äußerst ausgeprägten Geruchssinn, was das Aufspüren und Erkennen des Parfums ihrer Freundinnen auf meinen Hemden anging; manchmal klagte sie mich aber auch zu Unrecht an, sie mit einer von ihnen betrogen zu haben, insbesondere im Fall von Katherine Willington, die lediglich Teil meiner Phantasien gewesen war. Eines Abends, als wir bei Katherine und George zum Essen eingeladen waren und ich Katherine in die Küche begleitet hatte, um ihr bei der Zubereitung des Desserts zu helfen, hatte sie sich mit dem Kopf

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