Blut der Sternengötter
Tei im Namen der Drei geheim bleiben mußte. Er wagte es nicht einmal, jene Stelle über seinem Herzen zu berühren, die brannte wie Feuer.
Im Herzen des Tales befand sich ein Lager – ein sehr provisorisches Lager mit Zelten aus Decken und Mänteln, die jetzt hastig abgerissen, in Bündel gerollt und auf die Rücken von Last-Larngs geladen wurden. Jenseits des Lagers stand aber noch etwas anderes, und es unterschied sich so sehr von den primitiven Zelten wie eines der Sternenschiffe von einem gewöhnlichen Handelswagen.
Zwei Säulen aus leuchtend blauem Metall ragten aus zwei Steinhaufen, deren stützende Felsbrocken miteinander verschmolzen waren, daß kein Sturm sie erschüttern konnte. Die Säulen waren etwa in anderthalb Meter Abstand voneinander errichtet, und zwischen ihnen hing ein schimmerndes Gewebe, wie Kincar es noch nie gesehen hatte. Es war hell und glitzerte, und unaufhörlich jagten Linien in feurigen Regenbogenfarben kreuz und quer darüber hin – und doch besaß es so wenig echte Substanz, daß man durch es hindurchsehen konnte zum gegenüberliegenden Talrand.
Kincar betrachtete aufmerksam dieses neue Wunder. Er war in der Erwartung hergekommen, hier ein Sternenschiff vorzufinden. Statt dessen hatte er ein Spinnengewebe zwischen Metallpfeilern vor sich. In was für eine Lage hatte sein Vertrauen zu seinen Zufallsgefährten ihn gebracht? So weit er sehen konnte, saßen sie jetzt in der Falle. Die Geächteten brauchten nur noch einen letzten Überfall zu unternehmen, um sie alle auszulöschen – denn hier warteten nicht mehr als sechs Männer.
Von jenen sechs trugen vier den gleichen silbernen Anzug wie Lord Dillan, und auch sie waren von riesenhafter Statur. Sie hatten ihre Reisemasken abgenommen, und Kincar konnte die fremdartige dunkle Haut ihrer harten Gesichter sehen, jene Gesichter, denen jede Mimik fehlte. Einer von ihnen hob jetzt die Hand zum Gruß, den Lord Dillan erwiderte. Dann nahm jener andere Lord die Führungszügel von drei der wartenden Larngs in seine großen Hände und ging auf das schimmernde Gebilde zu. Unter ihren Blicken trat er zwischen die beiden Säulen.
Es erschien kein wahrnehmbarer Riß in dem Gewebe. Sekundenlang jagten die Regenbogenlinien alle in die Mitte, und umfaßten die Gestalt des Sternenlords. Dann flohen die Farben wieder in die entfernten Ecken des schimmernden Netzes. Aber der Sternenlord und die Larngs, die er mitführte – waren verschwunden! Sie erschienen auch auf der anderen Seite nicht wieder, und Kincar starrte verwirrt auf die verschwommenen Umrisse der Felsen am anderen Ende des Tals, wo niemand – überhaupt niemand und nichts war!
Vorken zirpte schwach in seinen Armen, und ihre Schnabelspitze schob sich aus seinen Mantelfalten. Cim schnaubte geräuschvoll, um die Sandkörner aus seinen breiten Nüstern zu entfernen. Aber Kincar vermochte sich in diesem Augenblick weder zu rühren, noch zu sprechen.
Es schien, als ob die Geschichten über die Zauberkunst der Sternenlords, die kühnsten Erzählungen von allen – über die vernünftige Männer nachsichtig gelacht hatten – Wahrheit waren! Kincar hatte mit eigenen Augen gesehen, wie ein Sternenlord ins Nichts ging – was ein Sternenlord vielleicht unbeschadet tun mochte – aber was war mit den übrigen von ihnen?
»Das ist das Tor, Jüngling«, sagte Vulth neben ihm. »Das Tor, das uns Zutritt zu einer neuen Welt verschafft.«
Diese Erklärung erklärte Kincar rein gar nichts. Ein Schiff, das zu den Sternen flog – ja, das konnte er verstehen. Er war kein unwissender Feldarbeiter, der glaubte, der Himmel über ihren Köpfen wäre lediglich der große Schild von Lor, der die Menschen vor der schrecklichen äußeren Dunkelheit ohne Ende schützte. Und er wußte auch sehr wohl, daß die Sternenlords von einer anderen Welt gekommen waren, die ähnlich ausgesehen hatte wie Gorth. Aber sie waren in Schiffen gekommen, in denen man leben und deren Material, so sonderbar es auch sein mochte, man mit beiden Händen berühren konnte. Wie war es möglich, eine andere Welt zu finden, indem man durch einen schimmernden Schleier ging?
Seine Hand legte sich über den Tei auf seiner Brust, und seine Lippen bewegten sich und formten lautlos die drei Namen der Macht. Dies war ein Zauber, den die Sternenlords nicht besaßen – dies war ein einheimischer Zauber von Gorth. Und in einem solchen Augenblick war es weitaus besser, sich an diesen Talisman zu klammern, als einem Schleier zu vertrauen, der in
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