Blut Schatten
»Was?« erklang.
Darian nickte schließlich. »Ich habe ein paar alte Kontakte, und es dürfte kein Problem sein, eine adäquate Unterbringung in der Nähe des Central Park zu bekommen.«
»Verzeihung«, kam es aus der Leitung. »Aber das halte ich für keine gute Idee. Ihr mögt vielleicht eine Ahnung von dem haben, was hier abgeht, aber ...«
»Ich kann mir nur vor Ort ein Bild von den eigentlichen Geschehnissen machen und muss mich auf dieser Seite des Atlantiks auf das Wort deiner Schwester sowie deine Beteuerungen verlassen, junger Mann. Sieh es einem alten Mann nach, dass er sich selbst überzeugen und gleichzeitig seiner zukünftigen Frau einen Gefallen erweisen möchte«, meinte Darian gelassen. »Zudem habe ich hier deinen Vater im Nacken sitzen, der ohnehin in die Staaten reisen würde. Mit oder ohne deine Einwilligung.«
»Im Nacken sitzen?«, echote mein Vater unwillig.
»Okay«, hörte ich meinen Bruder sagen. »Also gut. Vermutlich kann ich euch nicht davon abhalten. Wann wollt ihr herkommen?«
Darian blickte zur Wanduhr. »Wenn alles klappt, sind wir heute Abend in New York.«
»Gut, ruft mich an, sobald ihr da seid. Dann treffen wir uns und können alles miteinander besprechen.«
Wir verabschiedeten uns voneinander und legten auf.
»Dann ist wohl erneut Packen angesagt«, meinte Dad. Darian nickte und griff wieder zum Hörer. »Ich mache derweil den Flug klar. Duncan, kannst du bitte Jason informieren, um alles vorzubereiten?«
»Was ist mit Steven?«, erinnerte ich Darian an unseren Dauergast im Keller. Bei unserer mörderischen Auseinandersetzung mit einem verfeindeten Vampirclan war dieser jugendliche Vertreter der beißenden Rasse zwischen die Fronten geraten und hatte uns nachhaltig geholfen, indem er mit einigen Kollegen kurzen Prozess machte. Seither war er bei manchen der Nachtschattengewächse nicht sehr beliebt und zog es aus Sicherheitsgründen vor, bei Clan-Bruder Darian zu logieren.
»Wenn Steven uns begleiten möchte, ist er gern gesehen«, antwortete Darian und warf meinem Vater einen scheelen Seitenblick zu, als dieser murmelte: »Na wenn's sein muss. Er bekommt den Fensterplatz im Flieger.«
Damit machte er sich auf den Weg, um Jason aus dem Bett zu werfen.
Amüsiert verließ ich ebenfalls das Büro und begab mich zurück ins Zimmer, um zu packen. Dad würde es wohl nie lassen können, Steven zu piesacken.
Ich hatte in meinem Leben noch nie viel benötigt und war schnell mit dem Packen einer großen Sporttasche fertig. Ich sah mich noch einmal um und kontrollierte, ob ich nichts vergessen hatte, da blieb mein Blick an dem kleinen Medaillon hängen, das auf dem Nachttisch lag. Es war ein Erbstück meiner Großmutter, die zu meiner Überraschung ebenfalls in diesem Haus gelebt hatte und von Darian ausgebildet worden war, bis sie es verlassen und eine Familie gegründet hatte. Niemals hätte ich gedacht, dass ich einmal in ihre Fußstapfen treten würde. Und niemals hätte ich es für möglich gehalten, mich hier verlieben zu können. Doch im Gegensatz zu meiner Großmutter hatte ich den Kampf aufgenommen, um die Liebe gekämpft und gewonnen. Das Resultat trug ich unter dem Herzen.
Versonnen lächelnd nahm ich das Medaillon in die Hand und betrachtete es. Ich hatte es öffnen wollen, wenn alles hinter mir lag; wenn ich sicher sein konnte, dass Darian und ich Ruhe haben würden und diese ganze Vampir-Meuchelei ein Ende hatte. Doch ahnte ich, dass bis zur Erfüllung dieses Wunsches noch einige Zeit verstreichen würde.
Einmal noch atmete ich tief durch, dann klappte ich das Medaillon auf. Ich hatte mit allem gerechnet, einem Zettel, einer Locke, sogar einem Bild, aber nie mit dem, was mir entgegenkam. Ein Geräusch, wie ein Flüstern, gelangte an meine Ohren und wirbelte spiralförmig mehrmals um meinen gesamten Oberkörper, bis es im Nichts verpuffte. Verblüfft starrte ich auf das geöffnete Medaillon. Unterlag ich einer Sinnestäuschung? Verunsichert schloss ich es und öffnete es erneut. Abermals dieses Flüstern, das mich umschloss und verhallte. Sie können sich meine Verwirrung sicherlich vorstellen. Noch dreimal musste ich den Vorgang wiederholen, bis ich endlich verstand, was geflüstert wurde. Und es überraschte mich mehr, als ich für möglich gehalten hätte.
Schnell zog ich mir eine Jeans über, die ich nur geschlossen bekam, indem ich mich aufs Bett legte. Auf die Suche nach Steven begab ich mich in den Keller. Erst die Pflicht, dann die Kür.
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