Blut und Kupfer
gefährden konnten, und er hatte sich Zeit verschafft, die er nutzen würde, um sich mit Ferdinand in Prag zu verständigen. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit war noch lange nicht gesprochen, und es gab nicht wenige, die um ihren Kopf fürchten durften. Mit einem höflichen Lächeln trat Marie in die Stube von Herzogin Elisabeth und schrak zurück, als sie Baronin von Taunstein in ihrer Gesellschaft fand. Mit einem schwarzen Fächer kämpfte die füllige Aristokratin, deren engste Freundin auf so dramatische Weise dem Leben entrissen worden war, gegen die heiße Luft.
Elisabeth winkte Marie, sich auf einem Sessel in ihrer Nähe niederzulassen, und musterte sie neugierig. »Es ist eine große Freude für uns, Euch wohlbehalten wieder bei uns zu sehen.«
»Untertänigsten Dank, Durchlaucht«, sagte Marie leise.
Der Herzogin schien das hochsommerliche Klima weniger anzuhaben als ihren Hofdamen, von denen zwei mit roten Gesichtern im Hintergrund am offenen Fenster standen. Elisabeth war ähnlich überlegt und klug wie ihr Gatte, dachte Marie und verstand, warum der Herzog seine Frau so schätzte. »Ihr habt vieles erlebt. Umso erleichterter sind wir, dass ein geschätzter und verdienter Mann wie Herr von Tulechow Euch nun heimführen wird.«
Marie rang sich ein Lächeln ab.
»Ihr habt das Monster gesehen, das meine liebe Freundin umgebracht hat!«, schluchzte die Baronin. »Sagt doch, was hat er getan? Warum hat er Euch festgehalten?«
Unsicher suchte Marie bei Elisabeth um Hilfe, die sofort einsprang: »Es ist zu früh, Baronin, die arme Frau von Langenau um solcherlei Auskünfte zu bitten. Seht doch, wie mitgenommen sie noch aussieht. Man könnte fast meinen, Ihr hättet gehungert.« Es lag großes Mitgefühl in Elisabeths Stimme.
»Ja, Durchlaucht. Es war nicht leicht für mich.«
Verärgert, dass Marie keine Details preisgeben wollte, verzog die Baronin den Mund, und die anderen Hofdamen tuschelten leise hinter vorgehaltenen Fächern.
Zwischen Elisabeth und Marie stand ein Tischchen mit einer Schatulle, in der die Herzogin Heiligenbilder und Rosenkränze aufbewahrte. Sie öffnete den Deckel und nahm einen Rosenkranz heraus, der ganz aus rosafarbenen Perlen bestand. Ein goldgefasstes Kreuz aus Perlen und Opal vollendete das kostbare Stück, das die Herzogin ihr in die Hände legte. »Die Gebetsperlen sind aus Rosenquarz. Dieser Rosenkranz hat mich viele Jahre beschützt, möge er nun Euch auf Eurem Weg begleiten. Gott schütze Euch!«
Elisabeth legte für einen Moment ihre Hand auf Maries und sah ihr in die Augen.
»Ich danke Euch von Herzen, Durchlaucht, und werde mich an Eure Güte stets erinnern, bei allem, was vor mir liegt.« Sie mochte sich täuschen, doch Marie meinte, dass ein Verstehen über Elisabeths Gesicht huschte, das Verständnis einer Frau, die wusste, was es bedeutete zu lieben.
Noch am selben Tag begab sich Marie in Begleitung von Els in das Kapuzinerkloster am Neuhauser Tor. Innerhalb der dicken Klostermauern war es kühler und die Luft erträglich. Unter den Mönchen, die im Kreuzgang saßen oder sich leise unterhielten, erkannte sie Bruder Thomas und wollte sich abwenden, doch er hatte sie bereits gesehen und kam auf sie zu.
»Der Herr sei mit Euch. Was führt Euch zu uns?«, begrüßte er sie.
Sich seiner Kooperation mit Zeiner im Fall von Ambrosius’ Ableben bewusst, sagte sie kühl: »Ich habe ein Anliegen, das ich mit Abt Jacobus besprechen möchte.«
»Gewiss doch, bitte folgt mir. Der Abt ist in seinem Büro.« Thomas klopfte an die Tür, vor der sie vor nicht langer Zeit schon einmal gestanden hatte. Els blieb im Kreuzgang zurück.
Abt Jacobus empfing sie an seinem Schreibtisch. »Oh, Ihr seid das? Bitte, kommt doch herein! Danke, Bruder Thomas.«
Marie konnte nicht verhindern, dass sie in der Gegenwart des gütigen Mannes, der Ambrosius’ Vermächtnis bewahrt hatte, in Tränen ausbrach.
»Meine liebe Tochter, setzt Euch. Hier, trinkt einen Schluck Bier. Es ist kühl und das einzig Annehmbare bei dieser unmenschlichen Hitze.«
Dankbar setzte sie sich auf den dreibeinigen Stuhl und leerte den dargereichten Becher. Das Bier war tatsächlich kalt und half ihr, sich zu fassen. »Mein Oheim ist gestorben, Vater Abt, und es war sein Wunsch, neben Ambrosius bestattet zu werden, wenn es möglich ist.«
Sie erklärte die Umstände von Remigius’ Ableben in groben Zügen, wobei sie die Tafeln ausließ und Larding als wahnsinnigen Gattinnenmörder darstellte. Der Abt
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