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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
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Nassau alles, was ein König
nicht
sein sollte: Er war ehrlos, gierig und gnadenlos gegenüber seinen Vasallen, seinem eigenen Volk.
    Und da er im Meißner Markgrafen unter allen Wettinern denjenigen sah, der ihm am ehesten gefährlich werden konnte, war er entschlossen, ihn völlig zu entmachten. Der Schlüssel dazu war Freiberg – die Silberstadt, deren Reichtum legendär war; so unermesslich, dass die Freiberger sogar das Portal ihrer größten Kirche vergolden ließen.
    Doch so stark befestigt Freiberg auch sein mochte – die eisige Jahreszeit machte es verwundbar. Die zugeschneiten Gräben um die Mauer konnten nicht geflutet werden, die neun Teiche, die wie eine Kette vor dem Teil der Stadtmauer angelegt worden waren, hinter dem sich die Burg befand, waren zugefroren, so dass die Angreifer jetzt nur noch den Graben und die Mauer zu überwinden hatten.
    Gerüchten zufolge sollte der König zehntausend Männer hierherführen, die von allen gefürchteten Söldner vom Rhein. Das waren doppelt so viele, wie Freiberg Bewohner zählte, selbst wenn man die Bergleute und die Juden hinzurechnete, die vor den Stadtmauern lebten.
    Sollten es wirklich zehntausend sein, war er nicht sicher, wie lange er Freiberg gegen diese Übermacht verteidigen konnte. Schon die Überzahl der Gegner könnte die Standhaftigkeit der Stadtbürger ins Wanken bringen.
    Sie würden jeden Mann zur Verteidigung brauchen, sonst waren sie verloren, selbst wenn Niklas von Haubitz noch
vor
dem feindlichen Heer auftauchte.
    Ulrich hörte Schritte die Treppe heraufpoltern, dann klopfte jemand heftig an seine Tür. Noch bevor er wusste, wer Einlass begehrte, war dem Ritter klar, dass er eine wichtige Nachricht bringen würde.
    Statt der bisherigen Ruhelosigkeit verspürte er auf einmal Gelassenheit. Sie hatten getan, was sie konnten, um sich vorzubereiten: die Vorräte aufgestockt, die Wachen verstärkt, die Waffen geschärft und Steine zurechtgelegt, um die Stadttore zumauern zu können.
    Er war bereit für den Kampf. Das Warten konnte er nicht länger ertragen. Er wollte Rache für den schändlichen Überfall in Altenburg, Rache für seinen Kampfgefährten Rudolf von Falkenstein und jenen jungen Freiberger, der sich zwischen den Markgrafen und das todbringende Schwert geworfen hatte, Rache dafür, dass der König den Meißner Markgrafen zum Gesetzlosen machen wollte, obwohl das Haus Wettin seit Generationen treu zur Krone stand.
    Markus, der junge Hauptmann der Wache, trat auf seinen Ruf hin ein. Auch er schien noch nicht geschlafen zu haben. Sein hellbraunes Haar war mit einem Lederstreifen zusammengebunden wie am Tag, Kleidung und Ausrüstung waren vollständig und wirkten nicht so, als seien sie gerade in aller Eile wieder angelegt worden.
    »Zwei Wachen vom Peterstor haben jemanden aufgelesen, der behauptet, geradewegs den Königlichen entkommen zu sein«, erklärte er ohne Umschweife.
    Herrmann und Jan wollten vor Ulrich niederknien, doch er wies sie mit einer Handbewegung an, gleich zur Sache zu kommen. Wenn er ihre Gesichter richtig deutete, hatten sie keine Zeit zu verlieren.
    Mit unbewegter Miene hörte er zu, was die Männer berichteten.
    Dann befahl er Sibylla herein, die auf Anweisung von Markus draußen gewartet hatte. Krampfhaft den geliehenen Umhang zusammenklammernd, versuchte sie eine Verbeugung. Doch dabei wäre sie vor Schwäche beinahe umgefallen, hätte Markus sie nicht aufgefangen und am Arm gestützt.
    »Weißt du, wie weit das Heer des Königs entfernt ist und wie viele Männer der König hierherführt?«, fragte Ulrich, während er Sibylla aufmerksam musterte.
    Der Anblick der zu Tode erschöpften jungen Frau, die vor ihm kniete, mit Würgespuren am Hals, von Schlägen geschwollenem Gesicht, zerrissenem Kleid und zerkratzten Händen, zeigte überdeutlich, was die Freiberger von den gefürchteten Truppen des Nassauers zu erwarten hatten.
    Wären die Spuren des Leides nicht gewesen, hätte sie als Frau sein Interesse wecken können. Sie war unverkennbar eine Schönheit gewesen, bevor die Königlichen ihr das angetan hatten, feingliedrig, mit fast durchscheinender Haut, üppigen schwarzen Locken und dunklen Augen. Doch nun würde sie wohl auf lange Zeit die Nähe eines Mannes nicht ertragen können, dachte er bedauernd. Dabei musste sie einen bemerkenswerten Überlebenswillen besitzen, wenn sie es geschafft hatte, sich in diesem Zustand und durch das Schneetreiben allein nach Freiberg durchzuschlagen.
    »Sie werden morgen hier
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