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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
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Geschlecht stammst.«
    Das Mädchen zitterte am ganzen Leib aus Furcht vor den Schlägen und aus Scham angesichts der Vorstellung, sich vor dem Vormund entblößen zu müssen.
    »Wird’s bald!«
    Mit winzigen, schleppenden Schritten ging Änne zur Bank, auf der Jenzin auch seinen Gesellen und die jungen Knechte verprügelte. Sie kniete nieder und beugte sich vor. Aber sie unternahm keine Anstalten, den Rock hochzuschlagen, so sehr schämte sie sich.
    Wofür nur strafte sie Gott so? Sie versuchte doch von früh bis in die Nacht, es ihrem Vormund und seiner Familie recht zu tun; ohne sie wären die Kästchen, Dosen und Flaschen mit heilenden Kräutern und Tinkturen leer, und der Meister müsste die Zutaten für teures Geld von einem Kräutersammler kaufen. Und wenn diese Arbeit getan war, schuftete sie wie eine Magd, um die Tische zu scheuern oder Wasser zu schleppen. Doch was sie auch tat, sie erntete nur Schläge. Es musste wohl stimmen, sie war verflucht wie ihre Vorfahren.
    »Es ist nicht r… recht, w…as er von mir verlangt hat. Es ist S… Sünde«, wagte sie, vor Angst stotternd, einen letzten verzweifelten Versuch, die Strafe abzuwenden.
    »Das entscheidest nicht du«, fauchte Jenzin und stieß sie grob über die Bank. »Wenn der Zunftmeister der Kramer von dir erwartet, dass du ihm ein bisschen entgegenkommst, dann hast du das zu tun! Oder willst du, dass er dem Rat eine Visitation meiner Apotheke vorschlägt, die mich teures Geld kosten würde?«
    Mehr noch als die Kosten einer Visitation fürchtete Jenzin allerdings, jemand könnte feststellen, dass seine Alraunen, die er angeblich unter Lebensgefahr ausgegraben hatte und granweise für teures Geld verkaufte, nicht echt, sondern aus Rüben geschnitzt waren. Und von Berlewin, dem Zunftmeister der Kramer, dem er als Zunftmitglied unterstellt war, auch wenn sie beide Ratsherren waren, fühlte er sich belauert wie eine Maus von der Katze. Mit ihm durfte er es sich nicht verderben.
    »Soll ich vielleicht mein Apothekenprivileg verlieren, so dass bald jeder hier Arzneien verkaufen kann?«, fuhr er drohend fort. »Dann müsste ich dich hinauswerfen, und du kannst ins Hurenhaus ziehen und allen feilbieten, wovor du dich bei Meister Berlewin drücken wolltest.«
    Mit einem Ruck schlug er ihr das fadenscheinige Kleid über den Kopf. Doch als er die bloßen Beine und die Rundungen ihrer Hüften sah, musste er schlucken.
    Der Kramer hatte es wohl vor ihm bemerkt – das dürre Ding kam in ein Alter, wo etwas mit ihr anzufangen war. Wie hatte ihm das nur entgehen können? Sie war wirklich zu unscheinbar in ihren Lumpen.
    Er musste überlegen, wie er es einrichten konnte, sie als Erster zu besteigen, ohne dass seine Frau Wind davon bekam. Die würde jetzt bestimmt schon wieder lauschen. Allein der Gedanke daran ließ seine jäh aufsteigende Erregung in sich zusammenfallen.
    Also musste er sich für den Moment damit begnügen, dem Wechselbalg den zarten Hintern blutig zu schlagen, so dass sie eine Woche lang nicht sitzen konnte.
    Änne schrie vor Schmerz, als der Apotheker auf sie eindrosch, bis ihre Stimme brach und in ein klägliches Wimmern und Schluchzen überging.
    »Jetzt knie vor mir nieder«, forderte Jenzin schließlich, während er mit selbstgefälliger Miene die blutig gewordene Gerte an Ännes Rocksaum abwischte. Er würde sich doch damit nicht das gute Tuch seines Gewandes verderben.
    Wankend und mit tränenüberströmtem Gesicht befolgte das Mädchen seinen Befehl. Jede ihrer vorsichtigen Bewegungen ließ die aufgeplatzte Haut wie Feuer brennen.
    »Küss mir die Hand und danke mir für die Fürsorge, die ich einem nutzlosen Ding wie dir zuteilwerden lasse!«
    Änne starrte auf die dunkel behaarte Pranke, die ihr entgegengestreckt wurde und die sie so oft geschlagen hatte, und fühlte Entsetzen und Ekel in sich aufsteigen.
    Herr, hilf mir aus meiner Not!, betete sie stumm, sonst schlägt er mich tot.
    Das Auftauchen des Großknechtes rettete sie vor Jenzins nächstem gewalttätigen Ausbruch.
    »Meister, draußen ist jemand, der behauptet, der Burgkommandant habe ihn zu Euch geschickt. Er bringt eine Frau, die dringend Arznei benötigt.«
    Ungehalten drehte sich der Apotheker zu Wilhelm, seinem Knecht. »Um diese Zeit noch?«
    »Ja, und er sagt, es sei sehr wichtig.«
    Der Knecht – Ännes heimlicher Verbündeter, auch wenn er ihr nur selten wirklich helfen konnte – hatte natürlich wie alle im Haus mitbekommen, in welchen Schwierigkeiten das Mädchen
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