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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber
Autoren: Sabine Ebert
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sein, Herr«, sagte Sibylla mit brüchiger Stimme.
    Dann zögerte sie, und ihr Blick schweifte ab. »Ich kann Euch keine genaue Zahl sagen. Aber es sind viele, wohl etliche Tausend, mehr, als ich je auf einmal gesehen habe.«
    »Hast du etwas darüber gehört, was sie vorhaben?«
    »Ja, Herr.« Wieder stockte Sibylla und senkte den Blick. »Sie prahlten mit den Schandtaten, die sie vorhaben, wenn sie Freiberg erst eingenommen haben, und wie sie sich das Silber aus den Truhen der Kaufleute holen. Einer wollte wetten, es würde keine drei Tage dauern, bis das Ultimatum des Königs angenommen sei. Dafür« – sie wirkte auf einmal verunsichert und wankte leicht – »würden Krebs und Katze schon sorgen. Hab’s nicht verstanden. Aber niemand wollte dagegensetzen.«
    Ulrich runzelte die Stirn. Natürlich wurde vor der Schlacht immer viel geprahlt unter Männern. Es war wichtig, sie glauben zu lassen, dass sie siegreich aus dem Kampf hervorgehen würden. Aber Freiberg in nur drei Tagen bezwingen? Das konnte bloß zweierlei bedeuten.
    Entweder war Adolfs Streitmacht noch größer als befürchtet und hatte neuartige Belagerungsmaschinen, wie gemunkelt wurde. Das könnten »Krebs« und »Katze« sein.
    Oder der König wollte den Ratsherren anbieten, ihre Stadt für reichsfrei zu erklären. Dann wäre Freiberg direkt dem König unterstellt. Das passte damit zusammen, dass Adolf die Markgrafschaft sowieso als erledigtes Lehen einziehen wollte.
    Wie treu standen die Freiberger Ratsherren zu ihrem Fürsten?
    Nicht ohne Mitgefühl musterte Ulrich Sibylla, die nun die Hände über dem zusammengekrümmten Leib verkrampft hielt und deren Augen fiebrig zu glänzen schienen.
    Dann wandte er sich an Markus, von dem er wusste, dass er auch ein hervorragender Reiter war. »Reite nach Osten, jetzt gleich, Niklas von Haubitz entgegen. Seine Streitmacht kann nicht mehr weit sein. Sie müssen die Nacht durchmarschieren, damit sie noch vor dem König die Stadt erreichen. Nimm dir zwei deiner besten Männer und Pferde zum Wechseln mit.«
    Markus nickte knapp und wollte gehen, um sofort aufzubrechen, doch Ulrich hielt ihn zurück.
    »Sag den Wachen Bescheid, damit sie ihre Aufmerksamkeit verdoppeln! Aber niemandem sonst«, befahl er noch. »Ich will, dass die anderen morgen ausgeruht sind. Und jemand soll jetzt gleich den Bürgermeister, den Bergmeister und den Anführer der Leute vom Judenberg zu mir bringen.«
    Markus nickte erneut und ging zur Tür, nachdem er Herrmann ein Zeichen gegeben hatte, ihn zu begleiten.
    Als Jan ihm folgen wollte, hielt Ulrich ihn zurück.
    »Wie ist dein Name?«
    »Jan, Herr.«
    »Ein Böhme?«, fragte Ulrich mit leicht zusammengekniffenen Augen. Bei den Böhmen war es üblich, aus dem Namen »Johannes« einen »Jan« zu machen.
    »Meine Mutter stammt aus Böhmen«, gab Jan Auskunft und strich sich verlegen durch den Lockenschopf. »Aber mein Vater war ein Freiberger Bürger, ein Zimmerer. Sie leben beide nicht mehr.«
    »Und da hast du beschlossen, statt der Axt lieber das Schwert zu schwingen?«, meinte Ulrich nicht ohne Sympathie für den jungen Mann.
    »Es lag nahe«, antwortete der junge Mann mit verlegenem Grinsen. »Mein Bruder ist der Hauptmann der Wache.«
    Erst bei diesen Worten wurde Ulrich die Ähnlichkeit zwischen den beiden bewusst. Sie war ihm nur im schwachen Kerzenlicht nicht aufgefallen. Vielleicht hatte er sich auch davon ablenken lassen, dass dieser Bursche hier wohl erst Mannesalter erreicht hatte und blondes Haar trug, sein wohl fünf Jahre älterer Bruder hingegen braunes.
    »Sprichst du die Sprache der Böhmen?«
    »Ja, Herr. Mutter hat sie uns beigebracht.«
    Dann sollte ich ihn mit zum Markgrafen nehmen, falls er die Belagerung überlebt, dachte Ulrich. Wir müssen bald mit dem böhmischen König verhandeln, der ebenfalls ein Auge auf die Mark Meißen geworfen hat, und da kann es nicht schaden, jemanden dabeizuhaben, der sich unbemerkt ein bisschen unter dessen Leuten umhört.
    Vorausgesetzt, dass ich selbst die Belagerung überlebe, fügte er in Gedanken an.
    »Gut gemacht, Jan Böhme, sich in der Dunkelheit noch einmal vor das Tor zu wagen«, lobte er den jungen Mann.
    »Bevor du zurück zum Peterstor gehst, begleite die Frau zum Apotheker. Wir wollen doch nicht, dass sie zum Dank für die Warnung am Fieber eingeht. Dann bring sie zurück auf die Burg. Eine Schlafstatt wird sich für sie finden.«
    Jan zögerte. »Wenn Ihr erlaubt, Herr … ein Vorschlag.«
    Ungeduldig forderte
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