Blut und Sünde
wollen, um seinen Aufschlag zu mindern, aber auch das war mir nicht mehr gelungen. So prallte er in voller Härte zu Boden, und ich hörte seinen schmerzerfüllten Aufschrei.
Mallmann hatte es geschafft, mich durch seine Aktion abzulenken. Er befand sich in einer besseren Lage, und er sah auch, dass ich mein Kreuz noch nicht in der Hand hielt.
Die Sekunden der Ablenkung nutzte er auch. Da ich mich zur Seite gedreht hatte, sah ich ihn nicht, aber ich hörte ihn. Seine Tritte hinterließen hart klingende Echos auf dem Boden, und dann war er plötzlich dicht bei mir.
Ich riss den Kopf hoch. Zusätzlich auch das Kreuz aus der Tasche, aber Mallmann trat zu. Mit dem Fuß oder mit dem Knie, das wusste ich nicht. Es ging alles rasend schnell. Ich versuchte noch, mich zur Seite zu drehen, um den Treffer etwas abzumildern. Das gelang mir auch. Dennoch taumelte ich aus seinem Bereich weg, und Mallmann hätte die Chance gehabt, nachzusetzen, was er aber nicht tat.
Er hatte andere Pläne. Er wollte meine Vernichtung, aber er wollte mich auch demütigen und mir zeigen, wie klein ich letztendlich war. Dazu benötigte er einen Trumpf oder ein Pfand.
Als ich mich wieder gefunden hatte, sah ich, welchen Plan er durchziehen wollte. Er hatte sich gebückt und Katharina in die Höhe gerissen. Es war ihr nicht gelungen, aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu entkommen, so dass Mallmann nur hatte zugreifen brauchen.
Wie ein überreifes Stück Obst hatte er die nicht eben leichte Frau vom Boden hochgepflückt. In ihrem dunkelroten Latexkleid sah sie aus wie mit Blut angestrichen. Blut beschmierte auch ihr Gesicht. Die Haube auf ihrem Kopf war verrutscht. Sie störte den Vampir, deshalb zerrte er sie ab und schleuderte sie weg.
Sie schrie nicht einmal. Wahrscheinlich begriff Katharina nicht, in welcher Gefahr sie sich befand.
Aber ich merkte es, nur konnte ich im Moment nichts tun. Ich stand breitbeinig auf der Stelle und hielt mit der rechten Hand mein Kreuz fest, dessen Wärme schon zu spüren war und mir wie ein Pochen vorkam.
Er hatte sie. Mallmann hatte die Frau als Geisel. Er hielt sie mit beiden Armen fest und hatte sie zudem so gedreht, dass seine Zähne schon den Hals an der linken Seite berührten, aber noch nicht zubissen. Mallmann brauchte seinen Mund, um sprechen zu können.
Im Moment stand die Situation unentschieden. Mit leichten Vorteilen auf meiner Seite, denn ich brauchte nur die Formel zu sprechen, dann war das Kreuz aktiviert und schickte seine uralte Kraft dem Blutsauger entgegen. Das wusste Dracula II, und er hatte sich darauf auch eingerichtet. »Okay, Sinclair, okay. Ich kenne diene Waffe, aber ich an deiner Stelle würde sie nicht einsetzen.«
»Was sollte mich daran hindern?«
»Sie - denn sie ist meine Geisel. Solltest du die Formel sprechen, beiße ich zu. In dem Augenblick wird sie in meine Welt eingehen, darauf kannst du dich verlassen.«
Es gibt immer Situationen, in denen man sehr ruhig bleiben muss. Dies war so eine. Ich schüttelte leicht den Kopf. »Du irrst dich, Mallmann, du irrst dich gewaltig. Die Kraft meines Kreuzes wird immer schneller und stärker sein. Ich weiß, dass du über geweihte Silberkugeln lachst, und das zu Recht, aber das Kreuz ist etwas anderes. Es ist das Symbol des Sieges. Das Gute hat über das Böse gesiegt. Das Licht hat die Dunkelheit vertrieben, und so etwas wird sich immer wiederholen, solange das Kreuz existiert.«
»Dann versuch es!«
»Ja!« sagte ich.
Ob er davon beeindruckt war oder nicht, fand ich nicht heraus. Ich wollte mich auch nicht länger hinhalten lassen und sprach genau die Worte aus, die so immens wichtig waren.
»Terra pestem tene…«
Ein irrer Schrei unterbrach mich. Mall hatte ihn ausgestoßen. Es war leider nicht der Schrei des Verlierers. Er hatte bei diesem verfluchten Vampir für einen mächtigen Push gesorgt, und Mallmann hatte zu einem Mittel gegriffen, gegen das auch ich machtlos war.
Er beherrschte die Kunst der Verwandlung, und genau das schaffte er innerhalb kürzester Zeit. Mir blieben tatsächlich die restlichen Worte im Hals stecken, als sich Dracula II in Sekundenschnelle in einen fast amorphen Schatten verwandelte, in einen flattrigen Gegenstand, der auch nicht mehr den Kontakt mit dem Boden hielt, sondern mit einer schnellen Bewegung in die Höhe stieg.
Es sah vor dem dunklen Hintergrund beinahe aus wie ein in die Höhe geschleudertes Bettuch, aber das war es leider nicht. Mallmann hatte seine zweite oder eigentliche
Weitere Kostenlose Bücher