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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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getragen worden, und Valdimar hoffte, dass er inzwischen schon im Krankenhaus von Egilsstaðir war oder besser noch auf dem Weg nach Reykjavík. Aber damit war wohl kaum zu rechnen. Die Straßen waren bestimmt alle unpassierbar, und daran würde sich erst etwas ändern, wenn der Schneesturm nachließ. Bei solchem Wetter wurde gar nicht erst versucht, die Straßen zu räumen. Drei
Tote, dachte Valdimar, und mindestens zwei weitere Männer wurden vermisst, wenn er es richtig verstanden hatte. Mindestens. Er griff ein weiteres Mal nach seinem Handy und drückte auf Wahlwiederholung, starrte vor sich hin und wartete, aber auch dieses Mal meldete sich niemand. Mit zittriger Hand steckte er den Apparat wieder ein.
    »Es wird schon alles in Ordnung sein mit ihm«, murmelte Valdimar vor sich hin, »alles in bester Ordnung.« Als er ein Auto kommen hörte, wandte er den Blick von den Geröllmassen ab, die von Scheinwerfern erleuchtet wurden. Seine Miene verhärtete sich, als er sah, wer da ausstieg.
    »Das ist ja wirklich eine furchtbare Katastrophe, mein lieber Valdi«, sagte der Mann mit unsicherer Stimme und trat in der Schneewehe vor dem Schuppen von einem Bein aufs andere. Er hatte zwar keine Mütze auf dem Kopf, war aber ansonsten wetterfest angezogen. Trotzdem zitterte er.
    »Was du nicht sagst, eine furchtbare Katastrophe«, entgegnete Valdimar langsam und rotzte aus dem anderen Nasenloch. Das Geschoss war nicht so kräftig wie erhofft, landete aber an der richtigen Stelle. Der Mann starrte wie hypnotisiert auf den Schleim, der an der dreckigen Stahlkappe seines Schuhs herunterrann, sagte aber nichts. Valdimar trat in das Schneetreiben hinaus und ging vorbei an dem Mann, der ihm zögernd folgte.
    »Ich hatte euch vor diesem Grat gewarnt, Ásmundur. Ich hatte dich vor ihm gewarnt.«
    »Ich weiß, Valdi, ich weiß. Aber …«
    »Ich hatte dich darum gebeten, ihn absprengen zu lassen«, fuhr Valdimar fort, als hätte er das Gemurmel von Ásmundur nicht gehört. »Zweimal mündlich und einmal schriftlich, und das ist alles registriert und dokumentiert. Was glaubst du, was die Verantwortlichen in Reykjavík davon halten werden?« Seine Stimme war hart und schroff, und die Anschuldigung
drang Ásmundur nicht weniger scharf durch Mark und Bein als die Kälte.
    »Mein lieber Valdi«, sagte er unterwürfig, »dies ist wohl kaum der richtige Augenblick, um nach Sündenböcken zu suchen.«
    »Sündenböcke, was du nicht sagst. Mag sein. Die da in Reykjavík finden es immer richtig gut, wenn sie jemandem die Schuld an irgendeinem Schlamassel in die Schuhe schieben können. Dann haben sie selber den Hals nicht mehr in den Schlinge, verstehst du. Ich habe nichts für solche Typen übrig, Ásmundur, nicht das Allergeringste.«
    »Valdi …«
    »Aber diesmal haben sie zufälligerweise das Recht auf ihrer Seite, diese verdammten Arschlöcher. Was wissen die denn schon über irgendeinen Grat hier in der Einöde, diese feinen Pinkel, die in blankgewienerten Schuhen über Parkettböden wieseln.« Valdimar verstummte und sah zu Ásmundur hinüber, der es im Augenblick aufgegeben zu haben schien, zu protestieren. Stattdessen schwieg er beharrlich, und sein Gesichtsausdruck war ebenso resigniert wie mitgenommen. »Die wissen gar nichts über diesen Grat«, fuhr Valdimar erbarmungslos fort. »Genau das wissen sie über ihn, gar nichts. Aber du, der du angeblich hier als leitender Sicherheitsbeauftragter fungierst, du hast sehr wohl davon gewusst. Und das werden sie zugesteckt bekommen, das kann ich dir versprechen.« Er zog den Kopf ein und stapfte gegen den Wind in das Schneetreiben hinein.
    Ásmundur stand noch eine Weile da und sah ihm nach, bevor er sich wieder ins Auto setzte und lange durch die Windschutzscheibe starrte, ohne zu blinzeln. Aber er sah nichts.
    »Das geht alles zum Teufel«, murmelte er, »alles ist geradewegs auf dem Weg zum Teufel.« Ásmundur Arason, der
Hauptsicherheitsbeauftragte der National Power Company in Kárahnjúkar, ließ den Motor an und fuhr vorsichtig denselben Weg zurück, den er gekommen war.
     
    »Wie ist das eigentlich, wann bekomme ich endlich den Whisky?«, fragte Ásta in der Tür zum Wohnzimmer, und Árni wurde bewusst, dass er ziemlich lange am Fenster gestanden und in das wilde Schneetreiben im Garten hineingestarrt hatte.
    »Entschuldige«, sagte er und versuchte zu lächeln, »ich war mit meinen Gedanken woanders.«
    »Was ist los? Weshalb bist du so klüterig?« Ihr kaffeebraunes Gesicht sah

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