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Zentauren-Fahrt

Zentauren-Fahrt

Titel: Zentauren-Fahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Die Buchstabiene
    Dor versuchte einen Aufsatz zu schreiben, denn der König hatte entschieden, daß jeder zukünftige Monarch von Xanth lesen und schreiben können mußte. Es war eine schreckliche Plackerei. Er konnte zwar lesen, aber wenn er einen Aufsatz schreiben mußte, fiel ihm nie etwas ein, und mit der Rechtschreibung stand er s o wieso auf Kriegsfuß.
    »Das Land Xanth«, brummte er zutiefst angewidert.
    »Was?« fragte der Tisch.
    »Das ist der Titel meines blöden Aufsatzes«, erklärte Dor niede r geschlagen. »Meine Lehrerin Cherie – möge ein stummer anon y mer Fluch sie heimsuchen! – hat mir gesagt, ich solle einen Aufsatz von einhundert Wörtern über Xanth schreiben. Das ist völlig u n möglich. So viel kann man über Xanth gar nicht erzählen. Nach fünfundzwanzig Wörtern muß ich wahrscheinlich alles wiederh o len, immer wieder. Wie soll ich das nur auf hundert strecken? Ich bin mir nicht mal sicher, ob es in der Sprache überhaupt so viele Wörter gibt.«
    »Wer will schon was über Xanth wissen?« fragte der Tisch. »Der muß ein Brett vorm Kopf haben.«
    »Du hast auch ein Brett vorm Kopf. Ich schätze, Cherie – m ö gen sich hundert Fluchzecken in ihrem Schweif verfangen! – will was darüber wissen.«
    »Die muß aber ziemlich doof sein.«
    Dor überlegte. »Nein, die ist geradezu teuflisch schlau. Das sind alle Zentauren. Deshalb sind sie ja auch die Chronisten, Dichter und Lehrer Xanths. Mögen sie alle über ihre so furchtbar beschl a genen Hufe stolpern!«
    »Wieso regieren sie dann nicht in Xanth?«
    »Na ja, die meisten von ihnen praktizieren keine Magie, und Xanth kann nur von einem Magier regiert werden. Mit Köpfchen hat das nichts zu tun – und mit Aufsätzen auch nicht.« Dor blickte finster auf sein leeres Blatt Papier.
    »Nur ein Magier kann überhaupt regieren«, meinte der Tisch wichtigtuerisch. »Aber was ist denn dann mit dir? Du bist doch ein Magier, nicht? Warum bist du dann nicht König?«
    »Na ja, eines Tages werde ich ja König«, verteidigte sich Dor. Er war sich nur zu bewußt, daß er sich nur mit dem Tisch unterhielt, um den unvermeidbaren Kampf mit dem Aufsatz noch etwas hi n auszuzögern. »Wenn König Trent, äh… abtritt. Deshalb muß ich auch dafür erzogen werden, meint er.« Er wünschte alle nur e r denklichen Flüche auf Cherie herab, niemals jedoch auf König Trent.
    Wieder starrte er finster auf das Papier, auf dem in Blockschrift nun die Worte DAS LANNT KSAND standen. Irgendwie sah das nicht richtig aus, obwohl er sich sicher war, daß er die As richtig plaziert hatte.
    Da kicherte etwas. Dor hob den Blick und merkte, daß das an der Wand hängende Bild von Königin Iris grinste. Das war auch so ein Problem, wenn man auf Schloß Roogna arbeitete: Stets war er unter der Aufsicht des unheilvollen Blicks der Königin, deren Hauptbeschäftigung das Herumschnüffeln war. Dor mußte sich anstrengen, um dem Bild nicht die Zunge herauszustrecken.
    Als die Königin merkte, daß Dor auf sie aufmerksam geworden war, bewegte sie den Mund des Bildes. Ihr magisches Talent war die Illusion, und sie konnte auch Lautillusionen hervorbringen, wenn sie wollte. »Du magst zwar ein Magier sein, aber ein Geleh r ter bist du nicht gerade. Rechtschreibung ist offenbar nicht deine Stärke.«
    »Hab’ ich auch nie behauptet«, erwiderte Dor. Er mochte die Königin nicht besonders, und dieses Gefühl beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit; doch beide standen sie unter dem Befehl des K ö nigs, der ihnen aufgetragen hatte, höflich miteinander umzugehen. »Eine Frau von Euren außergewöhnlichen Talenten hat doch s i cherlich interessantere Dinge zu tun, als meinen dummen Aufsatz zu beäugen«, sagte er. Dann fügte er widerwillig hinzu: »Euer M a jestät.«
    »In der Tat«, stimmte das Gemälde ihm zu, wobei sich sein Hi n tergrund bewölkte. Natürlich hatte sie die Pause bemerkt, die er gemacht hatte, bevor er die ihr zustehende Anrede aussprach. Formal gesehen war das zwar keine Beleidigung gewesen, aber es war dennoch eindeutig, wie es gemeint war. Die Wolke auf dem Gemälde war zu einem stattlichen Gewitter geworden, das fu n kelnde Blitzbolzen hervorstießen ließ. Irgendwie würde sie es ihm noch heimzahlen. »Aber wenn man dich nicht beaufsichtigte, wü r dest du doch nie mit deinen Hausaufgaben fertig.«
    Dor schnitt der Tischoberfläche eine Grimasse. Das hatte aber wirklich gesessen!
    Da stellte er fest, daß über sein ganzes Papier Tinte geflossen war und

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