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Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21

Titel: Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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    Sie hätte beinahe einen Unschuldigen umgebracht.
     
    Creighton »Charley« Bondurant fuhr vorsichtig, weil sein Leben davon abhing. Der Latigo Cañon war eine nicht enden wollende Abfolge von Haarnadelkurven, bei denen man sich den Hals verdrehen musste. Charley hatte nichts dafür übrig, wenn die Regierung sich in seine Belange einmischte, aber die Geschwindigkeitsbeschränkung von 15 Meilen war völlig in Ordnung.
    Er lebte zehn Meilen oberhalb der Kanan Dume Road auf einem anderthalb Hektar großen Stück Land, einem Überbleibsel der Ranch, die zu Coolidges Zeiten seinem Großvater gehört hatte. Die ganzen Araber und Quarter Horses aus Tennessee und die Maulesel hatte Grandpa sich gehalten, weil ihm das Feuer der Tiere gefiel. Charley war mit Familien wie seiner aufgewachsen. Einfache Rancher, ein paar reiche Leute, die auch noch okay waren, wenn sie am Wochenende zum Reiten hochkamen. Jetzt gab es nur noch Reiche, die so taten als ob.
    Charley, der an Diabetes und Rheuma und Depressionen litt, wohnte in einer Hütte mit zwei Zimmern und einem Blick auf eichenbedeckte Hügelkämme und den Ozean dahinter. Achtundsechzig, Junggeselle. In Nächten, wenn die Medikamente sich mit dem Bier vermischten und seine Stimmung sank, beschimpfte er sich als jämmerliche Figur.
    An glücklicheren Tagen gab er vor, ein alter Cowboy zu sein.
    Heute Morgen befand er sich irgendwo zwischen diesen Extremen. Seine Fußballen taten furchtbar weh. Im letzten Winter waren zwei Pferde gestorben, und er hatte nur noch drei magere weiße Stuten und einen halb blinden Schäferhund. Die Rechnungen für Futter und Heu verschlangen den größten Teil seiner Sozialhilfe. Aber die Nächte waren für Oktober warm gewesen, er hatte keine schlimmen Träume gehabt, und seine Knochen fühlten sich ganz gut an.
    Das Heu war der Grund dafür gewesen, dass er heute Morgen um sieben aufgestanden war, sich aus dem Bett gerollt, ein paar Schlucke Kaffee getrunken und auf einem süßen Brötchen rumgekaut hatte, sein Blutzucker konnte ihn mal. Eine kleine Auszeit, um das innere Leitungssystem zum Laufen zu bringen, und um acht war er angezogen und ließ den Pick-up an.
    Im Leerlauf rollte er den unbefestigten Weg bis zum Latigo hinunter, sah zweimal in beide Richtungen, rieb sich den Schlaf aus den Augen, legte den ersten Gang ein und fuhr bergab. Bis zur Topanga Feed Bin war es eine Fahrt von zwanzig Minuten nach Süden, und er überlegte sich, auf dem Weg am Malibu Stop & Shop anzuhalten und sich ein paar Sechserpacks, eine Dose Skoal und Pringles zu kaufen.
    Ein schöner Morgen, ein toller blauer Himmel mit ganz wenigen Wolken aus dem Osten, und vom Pazifik kam ein frischer Wind. Er schaltete seinen Kassettenrekorder ein, hörte Ray Price zu und fuhr so langsam, dass er jederzeit anhalten könnte, falls ein Stück Rotwild auftauchte. Vor Einbruch der Dunkelheit ließen sich nicht allzu viele der lästigen Biester blicken, aber in den Bergen konnte man nie wissen, was plötzlich vor einem auftauchte.
    Das nackte Mädchen sprang viel schneller vor ihm aus den Büschen als jedes Stück Rotwild.
    In ihren Augen stand nichts als Schrecken, und ihr Mund war so weit aufgerissen, dass Charley geschworen hätte, er könnte ihre Mandeln sehen.
    Sie rannte mit wehenden Haaren über die Straße direkt auf seinen Pick-up zu und schwenkte die Arme.
    Charley trat hart aufs Bremspedal und spürte, wie der Pick-up einen Satz machte, schwankte und ins Schwimmen geriet. Dann unvermittelt das Ausbrechen nach links, direkt auf das ramponierte Schutzgeländer zu, das ihn von einem dreihundert Meter tiefen Nichts trennte.
    Der Wagen sauste auf den blauen Himmel zu.
    Charley trat weiter auf die Bremse. Flog weiter in dieselbe Richtung. Sprach seine Gebete und öffnete die Fahrertür und bereitete sich darauf vor hinauszuspringen.
    Sein verdammtes Hemd verhedderte sich am Türgriff. Er sah die Ewigkeit direkt vor sich. Was für eine blöde Art, sich zu verabschieden!
    Während seine Hände am Stoff des Hemds rissen und seine Lippen gleichzeitig Flüche und Dankgebete formulierten, wurde Charleys verkrümmter Körper steif, seine Beine verwandelten sich in Eisenstangen, und sein schmerzender Fuß presste das blöde Bremspedal gegen das verdammte Bodenblech.
    Der Pick-up behielt seine Richtung bei, schleuderte mit den Hinterrädern von links nach rechts, rutschte, verspritzte Schotter.
    Erzitterte. Rollte. Stieß gegen das Geländer.
    Charley konnte das Metall knirschen

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