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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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K APITEL EINS
    Es war ein elendes Vorwärtskommen. In der Heckducht eines Beibootes, umgeben von einer Ehrenwache aus Seesoldaten, hockte ein beleibter Zahlmeister und hatte eine eisenbeschlagene Kiste auf seinem Schoß. Im Kielwasser der Barkasse folgte eine wahre Flotte von schäbigen Händlerbooten. Mit gierigen Mienen beäugten die Kaufleute den Zahlmeister, als wäre er ein saftiger Bissen. Hinter dem letzten Händlerboot dümpelte ein bunt zusammengewürfeltes Geschwader aus Fischerkähnen und Prahmen aller Couleur, deren weibliche, mit Rouge geschminkte Passagiere sich ängstlich an die Bordwände klammerten – Nichtschwimmer allesamt.
    »Kleopatras Vergnügungsboot hatte niemanden an Bord, der so anmutig war wie du, Schätzchen!«, rief ein grinsender, pockennarbiger Seemann einem der Mädchen von der Reling eines Schiffes zu und bekam gleich den Rohrstock des Bootsmanns zu spüren.
    Hayden betrachtete die armen Frauen im Gefolge des Zahlmeisters, die darauf hofften, unter den kurzfristig zahlungsfähigen Matrosen ihrem Gewerbe nachzugehen. Vor einer Stunde noch war Hayden in Begleitung von Henrietta Carthew gewesen. Diese gefallenen Geschöpfe jedoch, die zu den Schiffen gerudert wurden, um den Durst der Seeleute zu stillen, erschienen ihm wie eine ganz andere Spezies. Ihm kam der Gedanke, dass seine Henrietta, wenn sie in armen Verhältnissen aufgewachsen wäre – nein, das war undenkbar. Seine Stimmung verschlechterte sich, und Hayden wandte den Blick von den Booten und schaute sich im Hafen von Plymouth um. Ein trister, kalter Novembertag ohne Wind. Die See war bleifarben und hob und senkte sich in einem trägen, schweren Rhythmus. Sein Boot glitt nun in die Mündung des Hamoaze, und der wachhabende Midshipman, der bislang wie gebannt auf die Hurenflotte gestarrt hatte, grinste jetzt verlegen, da er Haydens Blick spürte.
    »Eine traurige Metapher unserer englischen Lebensart, fürchte ich«, bemerkte Hayden und nickte in Richtung des Zahlmeisters und der Boote, die in diesem Augenblick hinter der Landzunge verschwanden. Doch der junge Gentleman hatte die scherzhafte Anspielung offenbar nicht verstanden.
    Im selben Moment lief die Pulverbarkasse vorbei. Der Midshipman kehrte ihr den Rücken zu und zog den Kopf ein, als rechnete er jeden Augenblick mit einer Explosion. Hayden sah, dass der Bootsführer, ein alter Seebär, ein Lächeln unterdrückte, und musste ebenfalls lächeln. Wäre die Pulverbarkasse so dicht am Boot explodiert, hätte man sich auch nicht schützen können, indem man sich einfach wegdrehte.
    Hayden ließ den Blick über den Verlauf des Flusses schweifen, wo alle erdenklichen Bootstypen entweder vertäut lagen oder im ruhigen Wasser liefen. Der Krieg hatte die Marinewerften wach gerüttelt, die angrenzenden Gewässer aus ihrem Schlummer gerissen und dadurch allerorts für fieberhafte Geschäftigkeit gesorgt. Städte wie Plymouth und Dock wimmelten nur so von Seeleuten. Nicht nur die schweren Fuhrwerke der emsigen Händler bestimmten das Stadtbild, sondern auch die Seesoldaten in ihren roten Uniformen, viele mit geröteten Wangen. Herden von brüllenden Ochsen verstopften die Straßen und hielten die Wagen des Waffenamts auf. Und inmitten all des Trubels sprangen Jungen aufgeregt in den Gassen umher, fuchtelten mit ihren Holzschwertern herum oder feuerten imaginäre Musketen ab, während die eifrigen Kriegsvorbereitungen aus den Büroräumen des Navy Boards in die lauten Straßen schwappten.
    »Dort ist es, Sir. Das Flaggschiff des Admirals«, sagte der Midshipman ohne einen Anflug von Ironie.
    Hayden drehte sich um und erblickte im Hamoaze das mit achtzig Geschützen bestückte Wachtschiff, die Cambridge , von wo aus der Hafenadmiral seinen Pflichten nachkam. Auf Hayden wirkte es ein wenig befremdlich, dass ein Hafenadmiral kein Büro in einem Gebäude an Land hatte und sich mit einem Schiff begnügen musste – doch gewiss hatte die Admiralität dem Mann eine elegante Residenz zugewiesen.
    Schon des Öfteren hatte Hayden über Sinn und Zweck dieser Treffen nachgedacht, versuchte aber, seine Bedenken beiseitezuschieben. Es führte zu nichts, sich fortwährend Sorgen zu machen, denn beizeiten würde sich alles klären.
    Das Beiboot kam längsseits, und Hayden erklomm behände die Jakobsleiter. Er ignorierte seine schlechte Stimmung und die Angst, die ihm einflüsterte, seine unglückliche Karriere werde nun einen weiteren Rückschlag erleiden. Das Offizierspatent hatte er vom Ersten

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