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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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Gnade.
    Aber selbst wenn er in Sprache und Ton des Franzosen zurückgeschrien hätte, es wäre nutzlos gewesen. Dem Betrunkenen kam es gar nicht auf eine Antwort an. Er wandte sich ab und wankte zum Feuer zurück, wo er eine halbvolle Flasche Wein entdeckt hatte. Doch den anderen genügte dies nicht, sie wollten ein neues Schauspiel.
    »Kamerad«, hetzte einer, »dein’m Pfaff steht’s auch nach Wein. Bringst ihm nichts?«
    Wie eine Marionette machte der Söldner kehrt. So gut er es vermochte, baute er sich vor dem Priester auf. Dann hielt er ihm die Flasche direkt vors Gesicht. Im selben Augenblick ertönte aus der Runde am Feuer eine andere Stimme: »Den Becher, du Ochse, du hast den Becher vergessen. Glaubst du, ein Pfaff trinkt aus der Flasche?«
    Wütend fuhr der so Verhöhnte herum – zu heftig, als dass ihn seine Beine noch hätten halten können. Unter dem Gelächter der anderen stürzte er mit reflexartig hochgehaltener Flasche so auf die Erde, dass nichts vom Wein verschüttet wurde. Mühsam richtete er sich wieder auf. »Ich zeig’s euch, wie ein Pfaff aus der Flasche trinkt!« brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Dass er’s nicht vergisst, zeig’ ich’s ihm. Dass der Pfaff es auf ewig lernt, was?« Unbarmherzig zog er den Kopf seines Opfers an den Haaren nach hinten und schrie in dessen angstgeweitete Augen: »Dass du’s lernst, Pfaff, jetzt. Wie man richtig trinkt. Ohne Becher trinkt, was?«
    Dann schüttete er dem um Gnade winselnden Priester die Hälfte des Weins über den Kopf, bis er es angebracht fand, ihm den Flaschenhals in den Mund zu rammen. Die erstickten Schreie und gurgelnden Laute schienen die Söldner am Feuer zu amüsieren. Einige klatschten Beifall, der im Gegröle aber rasch unterging. Nur der Betrunkenheit des Franzosen verdankte es der Priester indes, dass er nicht erstickte, obwohl er entsetzliche Qualen litt, weil die grobe Hand seinen Kopf wie in einem Schraubstock festhielt.
    Doch es war immer noch nicht genug. Ein anderer Einfall machte plötzlich die Runde. Einer der Thüringer krächzte auf Französisch: »Er braucht den Schwedentrunk!«, was einen hysterischen Jubel auslöste. Von allen Seiten riefen es sich die Betrunkenen zu, bis ein vielstimmiges Chorgeschrei über das Feldlager brandete.
    »Hör zu, du Pfaff«, lallte sein Peiniger, »du darfst noch Fein`res kosten, was?« Demonstrativ trat er zur Seite, verbeugte sich eckig und schrie: »Verehrte Wohlgeborene, ich biete ihm den Schwedentrunk, was?«
    Ein Begeisterungsausbruch war die Folge, dann wurde es schlagartig still. Die Köpfe reckten sich, niemand wollte verpassen, wie ihr Kumpan sein Theaterstückchen zelebrierte.
    Scheinbar gequält, unter heulenden Lauten krümmte sich der Franzose mehrfach nach vorne, wiegte vor und zurück, um endlich mit verräterisch zusammengekniffenen Knien von einem Bein aufs andere zu springen. Dann drehte er sich mit dem Rücken zu seinem Publikum und erging sich in grotesken Verrenkungen, wobei er sich immer wieder in den Schritt fasste.
    »Er findet nichts!« platzte eine Stimme hervor, der sogleich prustend entgegen geschrien wurde: »Weil er ihn im Gefecht versteckt hat!«
    »Hol ihn raus, den Fisch«, kreischte einer heiser. »Oder ist er dir entwischt, he?«
    »Ich werd’ euch zeugen, wie munter mein Fisch ist!« rief der Söldner heiser und trat seitlich vor den Priester. »Vielleicht tut er’s ja in Wein verwandeln, was?«
    Brutal zerrte er dessen Kopf in den Nacken, doch dann entblödete er sich nicht, den Kopf noch einmal loszulassen, um theatralisch anzukündigen: »Wohlgeborene, ich spende ihm jetzt den köstlichsten Trunk der Welt, was?!« Und auf das heisere Geschrei derjenigen, die »Er bittet darum!« riefen, urinierte er dem Priester ins Gesicht.
    Hass und Verzweiflung brachen sich bei dem Priester Bahn. Furchtlos schleuderte er der Meute alle Schimpfworte und Flüche entgegen, die er wusste. Aber niemand bekümmerte sich darum. Man hatte seinen Spaß gehabt und wartete auf neue Spiele, für die man sich mit immer mehr Wein in Stimmung brachte. Fast verloren stand ihr Akteur vor seinem Opfer, als ihn dessen Geifer traf, todesmutig gespuckter Rotz und Blut.
    »Hängen sollst du dafür, Pfaff!«, brüllte der Franzose außer sich und schlug dem Priester die Faust ins Gesicht. Und damit war das Wort gefallen, das neuen Kitzel verhieß.
    »Wir hängen ihn auf, den Pfaffenkopf!« war die Losung und schon erhoben sich die ersten mit brennenden Scheiten,

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