Blutige Nacht: Roman (German Edition)
Drink treffen wollen, um über ein Skript zu sprechen, das ich geschrieben hätte. Ich sage ihr, ich sei im Restaurant und könne es nicht leiden, versetzt zu werden, und wenn das die Art sei, mit der Prince mit seinen Schreibern umginge, dann könne ich mein Skript genauso gut ein paar Straßen weiter zur nächsten Produktionsfirma bringen, denn diese gottverdammte Stadt sei ja schließlich voll davon. Babs ist völlig aufgelöst und erklärt, Mr. Prince hätte dies wahrscheinlich einfach vergessen, weil er heute eine große Party bei sich in den Hills schmeißen würde. Ich frage nach der Adresse, und sie gibt sie mir durch, noch ehe sie es sich anders überlegen kann. Dann fragt sie mich erneut nach meinem Namen, und ich beende die Verbindung, weil ich nicht mehr weiß, welchen ich ihr genannt hatte. Ist auch egal. Ich habe herausgefunden, was ich wissen wollte. Heutzutage nennt man das angewandte Sozialwissenschaft. Zu meiner Zeit hat man dazu einfach nur jemanden verscheißern gesagt.
Ich kritzle die Adresse in meinen Block, hänge den Hörer ein, verlasse das Canter’s und lasse den Geruch von fettigem Essen und die Übelkeit hinter mir.
Schickimicki stimmt genau. Prince’ Haus ist ein unvergesslicher Anblick. Ich parke in der gewundenen Straße, dreißig Meter über dem Beachwood Canyon, und lasse die Pracht des historischen Gebäudes aus den Zwanzigern auf mich wirken. Unter den schützenden Baumkronen der Eichen ruht das teure spanische Ziegeldach auf den müden Schultern der zweistöckigen knochenweißen Wände mit Stuckverzierungen. Ich kann auf den ersten Blick sagen, dass es viel zu gut für ein Hollywood-Arschloch wie Prince ist. Wie ich wissen kann, dass er ein Arschloch ist? Ganz einfach – er arbeitet in Hollywood.
Von meinem Aussichtspunkt beobachte ich den Strom von gewachsten, glänzenden Lexus’, Limos, Benz’ und BMWs, die durch das schmiedeeiserne Tor fahren, das das Gelände umgibt. Die in Abendgarderobe gekleideten Gäste lehnen sich aus den Fenstern und halten dem Wächter goldglänzende Einladungen hin, der dann wiederum einen Knopf betätigt, wodurch sich das Automatiktor zu Frankensteins Haus abrupt öffnet. Die kreisförmig mit Steinplatten ausgelegte Zufahrt, beleuchtet wie im Film, bringt die luxuriösen Karossen der Gäste bestmöglich zur Geltung. Rot livrierte Diener öffnen die Türen, und die Gäste strömen heraus und geben sich wie Mitglieder des Königshauses auf dem lächerlichen roten Teppich, der wie eine Zunge aus dem Mund des Hauses heraushängt. Es sieht ganz danach aus, als ob ich auf diesem Weg nicht hineinkommen werde. Klar, ich könnte vorfahren und mich in den Salon hineinschummeln, doch ich ertrage die Vorstellung nicht, einer dieser Diener könnte mein Goldstück mit seinen dreckigen Pfoten anfassen. Es hat Besseres verdient. Ich werde wohl nach einem Hintereingang Ausschau halten müssen.
Ich verwandle meinen Zigarettenstummel in ein Glühwürmchen, steige aus dem Roadster und gehe die gewundene Straße zum Haus zurück. Beim Anwesen angekommen, verstecke ich mich im kalifornischen Gebüsch hinter der Umzäunung. Der lange steinige Abhang, der sich an der Flanke eines abschüssigen Hollywood-Hügels befindet, ist unter den Sohlen meiner Lackschuhe so rutschig wie ein Kugellager auf Blitzeis. Ich muss die rauhen Metallstäbe des drei Meter hohen Zauns zu Hilfe nehmen, um nicht auf meinem Hintern hinunterzusausen, als säße ich auf einem Bob.
Dichter Nebel schläft zusammengerollt in der Senke des Grundstücks. Durch die Zwischenräume der schmiedeeisernen Stäbe und des sorgfältig zurechtgeschnittenen Blattwerks sehe ich über die terrassenförmig angelegten Hügel. So kann ich die Partygäste auf den zwei großen Redwood-Terrassen an der Rückseite des Hauses und um den beleuchteten Pool mit dem darunterliegenden Wellnessbereich beobachten. Jazzmusik erklingt durch die wassergesättigte Nachtluft. Sie kommt aus dem Pavillon, der auf der einen Seite des Pools steht. Vielleicht habe ich den Gastgeber falsch eingeschätzt. Keiner, der Jazz so sehr schätzt, dass er eine Band engagiert, kann durch und durch schlecht sein. Ich beschließe, hineinzugehen und mir selbst einen Eindruck zu verschaffen.
In Momenten wie diesem wäre es schön, wenn die Geschichten stimmten, dass Vampire sich in Fledermäuse oder Dunst verwandeln können. Es würde das Erreichen und Verlassen von Orten ungemein erleichtern. Aber das ist alles nur Mist. Zumindest soweit ich
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