Blutige Nacht: Roman (German Edition)
spöttisch. »Hör sich einer an, wie herablassend du klingst. Ich wette, wärst du an meiner Stelle gewesen, hättest du dasselbe getan. Genau dasselbe beschissene Ding.«
»Glaubst du?«
»Ja, tue ich, verdammt noch mal. Vielleicht ist sie ein bisschen jung, aber sie war alt genug zu wissen, was sie tut. Wenn man mit dem Feuer spielt, kann man sich die Finger verbrennen. Ich meine, wir sind verdammt noch mal alle nur Menschen, oder?«
Ich schüttle den Kopf. »Nein, Vin, da liegst du falsch.«
»Was zum Teufel faselst du da?«
»Ich rede davon, dass ich kein Mensch bin und, um ehrlich zu sein, ich glaube auch nicht, dass diese Bezeichnung auf dich zutrifft.«
Ich bücke mich, löse den Riemen meiner Tasche. Vin sieht sie an, als würde er sie jetzt erst bemerken. »Was ist da drin?«
»Die Phiolen, in denen ich dein Blut aufbewahren werde«, sage ich ihm.
Vins Blick zuckt unruhig hin und her, wie bei jemandem, der realisiert, dass er allein im Zimmer mit einer durchgeknallten Person ist. Ich spüre, wie sich ein Problem zusammenbraut. Ich trete näher zu ihm, bin aber zu weit entfernt, um ihn davon abzuhalten, die Hand zwischen die Couchpolster zu stecken und eine schnellfeuernde Neun-Millimeter hervorzuziehen.
»Was machst du da, Vin?«
»Was ich bereits das letzte Mal, als du hier warst, hätte tun sollen. Du hast es verbockt, weil du zurückgekommen bist, weißt du das?«
»Okay, dann gehe ich eben.«
»Das glaube ich nicht, mein Freund. Keiner spaziert einfach so in mein Haus und droht mir. Du hast es mit Leroy vergeigt. So richtig vergeigt. So kann ich es wieder hinbiegen.« Vin spannt die Waffe.
»Das willst du nicht wirklich tun«, sage ich.
»Doch, will ich.« Sein Lachen ist vom Meth etwas überdreht.
»Was ist mit den Bullen?«
Er zuckt mit den Schultern. »Du bist bei mir eingebrochen. Ich habe das Recht, dich zu erschießen.«
»Einfach so?«
»Nein. Einfach so.« Er drückt ab. Die Pistole knallt los. Zweimal. Ich bin viel zu nah dran, als dass er mich verfehlen könnte. Die Kugeln dringen in meine Brust ein, schleudern mich herum und lassen mich über einer Chaiselongue zusammenbrechen. Ich knalle zu Boden.
Ganz egal, wer man ist, Kugeln tun höllisch weh. Das lässt sich nicht verhindern. Der Schmerz ist nicht so schlimm wie bei der ersten Kugel, die ich jemals abbekommen habe – die war sehr viel schlimmer –, dennoch ist es nicht angenehm. Wie eine Art Wurzelbehandlung, bevor das Schmerzmittel seine volle Wirkung entfaltet hat.
Vins italienische 800-Dollar-Schuhe machen leise Geräusche, als er über den Teppich geht, dann steht er über mir. »Hast gedacht, du wärst so ein richtig tougher Typ, was? Kommst hier einfach reinmarschiert und willst mir drohen. Tja, aber weißt du was? Vin Prince droht man nicht einfach mal so.«
Ich stelle mich tot, hoffe, dass Vin nicht noch einmal auf mich schießt, wenn er glaubt, dass ich tot bin. Na ja, toter als ohnehin bereits. Er schießt nicht. Was er aber tut, ist, sich nach hinten zu lehnen und mir einen heftigen Tritt gegen den Kopf zu verpassen, wie ein Stürmer, der bei einem Elfmeter treffen will. Ich zucke nicht zusammen. Bewege mich nicht. Liege da und lasse es über mich ergehen. Wenn es etwas gibt, das Vampire gut können, dann, sich tot stellen. Vin tritt noch weitere fünf-, sechsmal auf mich ein.
»Na, wie gefällt dir das, du Arsch? Wie gefällt dir das?«
Ich warte. Er nimmt es mir ab, glaube ich. Oder vielleicht langweilt es ihn auch einfach nur. Meth-Typen brauchen viele Anreize. Wie auch immer, nach zwei weiteren halbherzigen Tritten stolziert er zurück zur Couch und lässt die Pistole für seine Pfeife liegen.
Ich erlaube ihm etwas Medizin, ehe ich aufstehe, zu ihm hinübertorkele und ihm von hinten auf die Schulter tippe. Mit einem Schrei fährt er herum. Ich nehme die Pfeife und helfe ihm, seine Sonnenbrille abzusetzen.
»Da du gefragt hast, Vin, es hat mir nicht gefallen. Nichts davon«, sage ich und spüre, wie ein Gefühl, das einem Nahtod-Adrenalinstoß ähnelt, mich durchströmt, als die Verwandlung einsetzt.
Völlig zugedröhnt dreht er sich um und will zur Pistole greifen, aber genauso gut könnte es ein Staubwedel sein, mehr würde ihm das nicht nützen. Mit einem fiesen Schraubgriff an der Kehle bringe ich ihn zum Innehalten. Ich drücke so fest zu, bis er ganz benebelt und fügsam ist, dann setze ich ihn zurück auf die Couch.
Nach meiner Erfahrung gibt es zwei Typen von Menschen – Hasen und
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