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Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Zwischen Olivenhainen (German Edition)

Titel: Zwischen Olivenhainen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Wirthl
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    Es war einer dieser Schultage, die scheinbar endlos andauern und nie vorübergehen wollen. Draußen regnete es, der Himmel war bedeckt von dichten, grauen Wolken. Ich hasse Freitage, dachte Leslie und blies sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht, während sie den Regentropfen zuschaute, die träge die kalte Fensterscheibe hinunterliefen. Danach kaute sie weiter an ihrem Füller herum und ließ den Blick gelangweilt über die sechs Sitzreihen vor ihr schweifen. Mrs. Jenkins leierte da vorne an der Tafel seit mindestens einer halben Stunde irgendeinen Kram auf Französisch herunter, den Leslie ohnehin nicht verstand. Eigentlich fand sie Französisch gar nicht mal so schwer, und ja, sie hatte dieses Fach am Anfang des Schuljahres nur allzu freiwillig gewählt, aber diese Lehrerin war die Hölle. Nichts, was sie versuchte, den Schülerinnen und Schülern der 11. Klasse beizubringen, blieb auch nur ansatzweise irgendjemandem von ihnen im Gedächtnis, aber mysteriöserweise schaffte es jeder, bis zur nächsten Klassenarbeit wieder auf den neuesten Stand zu kommen. Da dies aber die letzte Stunde an diesem Schultag war, langweilten sich alle noch mehr, als sie es sowieso getan hätten. Grässlich, wenn man mit irgendetwas die Zeit totschlagen musste.
    Leslie schielte zu ihrer besten Freundin Anne hinüber. Die hörte Musik. Ihren iPod hatte sie unter dem Tisch versteckt und die Ohrstöpsel geschickt hinter ihren wirren, hellblonden Haaren verborgen. Leslie grinste und Anne zwinkerte ihr zu, bevor sie ihr ihren linken Ohrstöpsel unter dem Tisch entgegenhielt. Dann kritzelte sie auf ihren Collegeblock: „ Damit du nicht einschläfst! Dein Lieblingssong. “ Schnell krakelte Leslie einen grinsenden Smiley darunter und schob das Kabel vorsichtig unter ihre lange, schokoladenbraune Mähne. Sie zwinkerte Anne zu. Dann richteten sie beide den Blick wieder nach vorne zur Tafel, wo Mrs. Jenkins gerade dabei war, die unregelmäßigen Verben herunterzuleiern, ohne sie an die Tafel zu schreiben, was doch wirklich zu erwarten gewesen wäre.
    Anne und Leslie taten so, als hörten sie ihr interessiert zu und ernteten dabei sogar ein erleichtertes Lächeln von Mrs. Jenkins, die scheinbar froh darüber war, dass ihr endlich mal jemand zuhörte. ‚ Release me, release my body ‘, jaulte Agnes Leslie ins Ohr, und während sie Mrs. Jenkins’ Lächeln erwiderte, kam sie sich ein ganz kleines bisschen schuldig vor. Aber nur ganz kurz.
    Als sie kurze Zeit später, aber nach gefühlten zehn Stunden, hinaus auf den Schulhof des Gymnasiums in Oban traten, stöhnte Anne neben Leslie genervt auf und begann damit, ihren karierten Regenmantel zuzuknöpfen. Es goss noch immer wie aus Eimern, obwohl es mitten im Sommer war. Leslie mochte Regen. Die Luft roch so frisch, als hätte irgendjemand den Geruch der Schornsteine weggepustet – wenn es nur nicht so verdammt kalt gewesen wäre, aber daran gewöhnte man sich, wenn man in Schottland lebte. Leslie mochte Hitze nicht, das Wetter hier kam ihr gerade Recht – im Gegensatz zu Anne, die schon immer von langen, weißen, von Palmen gesäumten Stränden geträumt hatte. In Oban in Schottland zu wohnen, fand Anne grässlich. Leslie liebte Schottland.
    „Mensch, diese elende Kälte bringt mich noch um!“, knurrte Anne vor sich hin und zog sich ihre Kapuze tiefer ins Gesicht. An Leslies dunkelgrünem Parka befand sich keine Kapuze, was sie auch nicht weiter störte.
    „Und der verfluchte Regen! Im Ernst jetzt, Leslie, irgendwann gehen wir hier unter!“ Na toll. Anne war heute scheinbar nicht ganz so gut gelaunt, wie sonst. Leslie antwortete nicht. Sie stapfte nur weiter durch die riesigen Pfützen, die sich auf dem Schulhof gebildet hatten, und zählte die Tropfen, die auf ihrer Nase landeten. Anne überholte sie mit großen Schritten.
    „Auf, Leslie, beeil dich“, rief sie über die Schulter, „sonst verpassen wir den Bus!“
    Aber Leslie hatte es nicht eilig, nach Hause zu kommen. Ihr kleiner Bruder wartete dort auf sie, den sie ja eigentlich ganz gerne mochte, wenn er nur nicht immer so nerven würde. Neuerdings fand er großen Gefallen daran, seine Spielzeugautos und seine heißgeliebte Spidermanfigur, die irgendwie sehr lächerlich aussah in den blauen Strumpfhosen, beim Essen durch seinen Kartoffelbrei fahren zu lassen, den er so gerne mochte. Ben, genannt Benny, war fünf und manchmal kam sich Leslie so vor, als wäre sie seine Mutter, denn ihre eigene Mom arbeitete die ganze

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