Blutige Nacht: Roman (German Edition)
haben. Nicht beim ersten Rendezvous. Dafür ist es noch zu früh. Sie hätte am Morgen danach keine Achtung vor mir, wenn ich es täte.
Ich steige aus und mache mich zu Reesa in die 13. Etage auf.
»Es ist spät …«, sagt sie, als sie die Tür öffnet. Sie trägt heute Abend einen schwarzen Seidenkimono, der zu ihrer Stimmung passt.
»Ich weiß. Entschuldige. Der Fall hat mich etwas aufgehalten.«
»Du hättest wenigstens anrufen können.«
»Du hast recht. Soll ich wieder gehen?«
»Das habe ich nicht gesagt, aber wenn ich dich hereinlasse, dann musst du mich dafür entschädigen.«
»Aha?«
»Mhmm … Und das wird nicht einfach. Es könnte die ganze Nacht dauern.«
»Ich bin ein hart arbeitender Mann.«
»Das ist auch besser so.« Sie grinst jetzt, hört mit dem Theater auf und schlingt ihre Arme um mich. Wir küssen uns direkt im Eingang. Es ist wie beim ersten Mal, nur vertrauter. Hungriger. Besser.
Ich lasse mich von ihr an der Hand nehmen und nach innen ziehen. Sie schließt die Tür. Ich sehe mich um. Die Wohnung ist schummrig und sauber. Minimalistisch. Sehr L.A.-Feng-Shui-mäßig. Ein niedriger Tisch mit einem Bonsai in der Mitte steht vor einem teuren Kirschholzfuton. Hochhackige Schuhe und verschiedene Turnschuhe stehen auf einer Schilfmatte direkt hinter der Tür. An den Wänden orientalische Drachenzeichnungen. Ein dicker Buddha grinst mich von seinem Platz neben dem Kamin wissend an. Papierlampen mit Kerzen werfen flackerndes Licht in den Raum. Das erinnert mich an einen Opiumtraum. Reesa kniet sich wie eine japanische Ehefrau vor mir nieder und zieht mir erst den einen, dann den anderen Schuh aus. Sie sieht zu mir hoch und stellt sie auf eine zweite Schilfmatte.
»Ein Drink?«
»Später vielleicht«, sage ich.
Lächelnd steht sie auf und führt mich über einen orientalischen Teppich mit den Farben Schwarz, Rot und Weiß zu einem Schlafzimmer, das sich hinter schwarzgerahmten Reispapiertüren verbirgt.
Der Raum ist dunkel, nur von Kerzen beleuchtet. Wir küssen uns auf dem Bettrand. Auf meine Wunden achtend, schüttle ich mein Jackett von den Schultern und fange an, mein Hemd aufzuknöpfen, aber sie schiebt meine Hand weg und übernimmt das für mich. Sie hält inne, als sie die Zwangsjacke aus Verbandsmull um meinen Oberkörper sieht.
»Was ist passiert?«
»Hab mich übel an Papier geschnitten«, sage ich.
Das bringt mir ein Lächeln ein. »Oh, harter Kerl, was?«
Ich zucke mit den Schultern.
»Tja, du solltest wohl etwas vorsichtiger sein, wenn du Briefumschläge öffnest.«
»Guter Tipp.«
»Du bist also okay?«
»Ich werde überleben«, lüge ich.
»Kannst du … also, ich meine, willst du immer noch …?«
»Klar. Solange du behutsam vorgehst.«
»Das kann ich nicht versprechen«, sagt sie und drückt mich mit verschmitztem Lächeln auf die bestickte Daunendecke zurück.
Ich sehe ihr zu, wie sie den Kimono in der Dunkelheit verschwinden lässt, und weiß, dass es irgendwo einen Gott geben muss. Sie kommt zu mir, macht es sich zwischen meinen Beinen gemütlich. Sie blickt an mir nach unten, rote Locken fallen in ihr Gesicht. Der ungelesene Vertrag steht noch zwischen uns. Dieses Mal greife ich zum Stift und unterschreibe mit meinem Namen.
In Blut.
Später liegen wir in einem Wirrwarr aus Bettlaken und Gliedern da. Der Geruch verbrauchter Leidenschaft hängt wie Kordit in der Luft. So ist es schon lange Zeit nicht mehr gewesen.
Verdammt, vielleicht ist es noch nie so gewesen.
»Du bist unglaublich«, sagt sie atemlos, als ich zum fünften Mal von ihrem glatten, hungrigen Fleisch herunterrolle. »Ich habe nie zuvor einen Mann getroffen, der mit mir mithalten konnte. Sogar wenn sie auf Koks oder Meth waren, mussten alle Typen, mit denen ich zusammen war, zwischendurch ausruhen. Wie machst du das? Benutzt du irgendein Tantra?«
»Etwas in der Art«, sage ich. Ich könnte ihr sagen, dass ich als Vampir die Kontrolle darüber habe, wohin das Blut in meinem Körper fließt, tue es aber nicht. Ich spüre, wie sie neben mir zittert, und greife nach unten, um die zerwühlte Daunendecke über uns zu ziehen. »Kalt?«
»Nur ein Frösteln. Schon komisch. Selbst nach dem Ganzen jetzt fühlt sich deine Haut so kühl an. Fast schon kalt.«
Ihre Worte bringen mich mit einem Schlag zurück in die Realität, erinnern mich an die unzähligen Gründe, warum das zwischen uns niemals möglich sein wird. Sie erinnern mich auch an einen anderen Durst, der schon bald danach verlangen
Weitere Kostenlose Bücher