Quinn - Mitten ins Herz
Schweratmend stützte Christopher Branson sich auf den Rand des Waschbeckens. Was hatte er da nur angerichtet? Mitten in einer Besprechung war er damit herausgeplatzt, dass er Quinn Marshall nicht kontrollieren konnte. Und danach war er in den Waschraum gerannt. Sehr erwachsen, dachte er. Seine Kollegen und er hatten gerade besprochen, was sie mit der selbsternannten Vampirjägerin machen wollten. Ob sie einfach ihr Gedächtnis modifizierten… Da hatte er beschlossen, dass er es nicht für sich behalten wollte, behalten konnte. Obwohl - für sich? Darren hatte ihn die ganze Zeit so fragend angesehen. Und eigentlich musste es ihm klar gewesen sein. Schließlich war es Darren gewesen, der ihm die zappelnde und sich wehrende Quinn abgenommen und mit einer hochgezogenen Augenbraue in den Schlaf geschickt hatte. Etwas, was er hatte tun sollen. Etwas, was er, wie er feststellen musste, nicht konnte. Branson spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Er fühlte sich immer noch, als hätte ihm jemand in den Magen getreten. Und zwar genau in dem Moment, als er in Quinns Kopf eindringen und sie beruhigen wollte und dabei auf eine Mauer gestoßen war. Zunächst hatte er sich einreden wollen, dass sie verrückt sei, ihr Gehirn durcheinander und er sie deswegen nicht beeinflussen konnte. Und so abwegig war das gar nicht gewesen; schließlich hielt sie sich für eine Vampirjägerin. Aber als Darren sie mit einem kurzen Blick in den Schlaf schickte, konnte er diese Selbsttäuschung nicht aufrechterhalten. Außerdem hatte es noch ein anderes Anzeichen gegeben, dass sie die vom Schicksal für ihn bestimmte Frau ist, musste Branson sich eingestehen. Als sie sich zappelnd wie ein Fisch in seinen Armen wandte, um zu fliehen, war bei jeder ihrer Bewegungen Leidenschaft durch seinen Körper pulsiert, wie er sie nie zuvor erfahren hatte. Er griff mit einer Hand in seinen Nacken, um die Anspannung zu lösen, die ihn dort packte. Branson hatte das bereits bei ein paar seiner Kollegen erlebt und die Männer geneckt, weil sie nur noch ihre Frauen im Kopf hatten und sich wie brunftige Idioten aufführten. Dafür würde er jetzt leiden müssen. Er war sich nur noch nicht sicher, auf welche Art er würde leiden müssen. Bekam er seine Neckereien heimgezahlt oder würde er seine Frau nie wieder sehen, weil sie Unsterbliche, die sie für Vampire hielt, töten wollte? Bei dem Gedanken schauderte Branson und versuchte ihn so weit wie möglich von sich zu schieben. Immer hatte er versucht, das Positive in einer Situation zu sehen und das Leben zu genießen. Genau in diesem Moment fiel ihm dies sehr schwer. Dabei sollte das einer der schönsten Momente seines Lebens sein. Er hatte seine Frau gefunden. Seine Seelenverwandte. Das Schicksal hatte mitunter einen seltsamen Sinn für Humor.
„War das dein Ernst?“ Branson sah sich um und entdeckte Darren, der ihm offenbar gefolgt war und nun im Türrahmen des Waschraums lehnte. Seufzend nickte er. „Dann komm. Ich werde nicht wie Mädchen in einem Waschraum mit dir über so etwas reden.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehte Darren sich um und ging. Branson seufzte und folgte dem anderen Jäger zurück zum Büro. Als sie den Raum betraten, sah ihr Boss Julian sie grimmig an. Da er kaum einen anderen Blick als grimmig kannte, war das kein Wunder. Sein Stellvertreter Malcolm, der dieses Quartier leitete, sah hingegen besorgt aus. Julians Stimme war überraschend sanft, als er sprach. „Branson, sie will dich töten.“
„Sie ist verzweifelt. Ein Gefallener hat ihre Schwester umgebracht.“
„Und du willst, dass sie das nie vergisst?“
„Sie ist vielleicht meine einzige Chance auf eine Seelenverwandte. Ich will, dass sie mich kennenlernen kann. Wenn sie dann sagt, dass sie es nicht verkraftet, lasse ich sie ziehen. Natürlich will ich nicht, dass sie für immer leidet.“
„Und was willst du tun? Sie irgendwo fesseln und tagelang auf sie einreden? Meinst du, dass ihr das gefallen würde?“ Julian zog eine Augenbraue empor.
„Sperrt uns irgendwo ein. Gebt uns Essen und Blut, aber keine Waffen und guckt nach ein paar Wochen, wie es gelaufen ist“, schlug Branson vor.
„Du kannst sie nicht kontrollieren. Sie wird dich im Schlaf töten“, erwiderte Julian.
„Ich sagte doch – keine Waffen.“
„Und ihr esst mit den Fingern?“
Branson seufzte und rieb sich die Stirn, um den aufkommenden Kopfschmerz zu vertreiben.
„Ich mache dir einen Vorschlag. Entweder so oder es ist sofort
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