Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutige Rache

Titel: Blutige Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
unangenehmer Mensch?«
    »Na ja, ein bisschen gemein konnte er schon sein. Hatte wohl mit seiner Größe zu tun«, erwiderte Brandt. »Aber so ernst haben wir ihn alle nicht genommen. Handgreiflich ist er deswegen nie geworden, und für einen Plausch war er immer zu haben. Er gehörte eben zum Ort.«
    »Sie sagen, er war früher bei der Stadt. Und jetzt?«
    »In Rente. Er hat die alten viktorianischen Gebäude eins nach dem andern gekauft, um sie zu renovieren. So hat er auch seine Freundin Sally Owen kennengelernt, die ist Dekorateurin in einem der Geschäfte im Ort.«
    »Eine jüngere Frau?«
    »Nein, ungefähr so alt wie er. Ihr Mann war Bauunternehmer, ist vor drei oder vier Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Danach sind Sally und Bobby zusammengekommen.«
    »Leute im Baureferat stehen im Ruf, schon mal Schmiergeld zu nehmen«, bemerkte Virgil.

    Brandt schüttelte den Kopf. »Er meines Wissens nicht.«
    »Er war also ein Allerweltstyp.«
    »Ja.«
    »Und Veteran.«
    Brandt runzelte die Stirn. »Ja. Sally hat uns erzählt, dass er zwei Jahre in Korea war, während des Vietnamkriegs, als Rekrut. Er hat sich, so schnell es ging, wieder aus dem Militär verkrümelt. Wenn Sie wollen, überprüfen wir das.«
    »Ja, bitte«, erwiderte Virgil.
    »Der Ermordete in New Ulm - war der auch Veteran?«
    »Nein. Wäre zwar im richtigen Alter gewesen, musste aber aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Militär«, antwortete Virgil. Warum hatte man einen Nichtveteranen wohl an den Fuß eines Veteranendenkmals gelegt?
     
    »Konnten Sie jemanden finden, der die insgesamt drei Schüsse gehört hat?«, fragte Virgil.
    »Nein. Das ist ungewöhnlich. Bei jeder Fehlzündung von’nem Auto gehen sofort Beschwerden bei uns ein. Und eine.22er hört man sehr wohl, besonders in der Nacht«, erklärte Brandt.
    Virgil überlegte: Schalldämpfer? Kriminelle verwendeten sie nur sehr selten. Einige wenige fanden den Weg vom Militär auf die Straße, allerdings meist an der Ostküste, und die Leute, die sie sich besorgten, wollten damit ihre Waffenklubkumpels beeindrucken.
    Profikiller besaßen manchmal Schalldämpfer … aber Profikiller kannte Virgil praktisch nur vom Fernsehen.
     
    Sandersons feudales cremefarbenes Schindeldoppelhaus lag ein wenig von der Straße zurückgesetzt und wurde durch eine Fliederhecke vor Blicken geschützt. Auf der einen Seite befand sich ein Gerüst.

    In der Auffahrt stand ein Pick-up mit Fischerboot. Ein Polizist aus Stillwater öffnete ihnen die Tür zum Haus, aus dem ihnen eiskalte, klimaanlagengekühlte Luft entgegenschlug. Virgil bekam eine Gänsehaut.
    Sally Owen saß auf einem Barhocker in der offenbar frisch renovierten Küche mit dunkelroten Fronten und schwarzen Granitarbeitsflächen. Virgil stieg der Geruch von frischer Wandfarbe in die Nase, und der glänzende Ahornholzparkettboden schien ebenfalls noch nicht alt zu sein.
    »Ms. Owen«, begrüßte Brandt Sally. »Das ist Virgil Flowers vom SKA. Er wird sich mit dem Fall befassen. Und er würde sich gern mit Ihnen unterhalten …«
    »Sie sehen nicht wie ein Polizist aus«, bemerkte Sally Owen mit einem traurigen Lächeln. »Eher wie ein Hippie.«
    »Ich war gestern Abend beim Tanzen«, erklärte Virgil, »und bin ziemlich hastig aufgebrochen.«
    »Ich lasse Sie allein«, sagte Brandt. »Die anderen warten auf mich.«
    »Sie wollen mir also weismachen, dass Sie Rhythmusgefühl haben?«, sagte Sally, als Brandt weg war.
    »Schwer zu glauben, was?« Virgil zog einen Barhocker heran und setzte sich darauf.
    »Ja«, bestätigte sie und drehte sich halb weg, als redete sie gar nicht mehr mit ihm. Sally hatte kurzes braunes Haar mit grauen Strähnen, tiefbraune Augen, glatte, leicht gebräunte Haut, ein schmales Gesicht, muskulöse Arme und ein sympathisches Lächeln. Früher war sie wohl keine Schönheit gewesen, doch jetzt im Alter holte sie auf.
    Virgil riss sie aus ihren Überlegungen. »Wussten Sie, dass Bobby heute Abend eine Waffe dabeihatte?«
    Sally sah ihn erstaunt an. »Nein … Sind Sie sicher?«
    »Ja. Ihnen war klar, dass er eine Waffe besaß?«

    Sie nickte. »Er hat ein paar Jagdgewehre, aber nur eine Pistole … Es war doch eine Pistole?«
    »Ja.«
    Sie stand auf. »Sehen wir nach.« Sie führte ihn in das ordentlich aufgeräumte Schlafzimmer mit einem großen Doppelbett, auf dem sich lediglich ein Laken und eine zurückgeschlagene Quiltdecke befanden, mit zwei Kommoden und einem Falttürenschrank. Sally kniete neben einer der Kommoden

Weitere Kostenlose Bücher