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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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überzeugt zurück. »Wenn hier eine Untersuchung nötig wäre, wäre das Bergamt zuständig und nicht Sie.«
    »Da muss ich Sie enttäuschen. Das Bergamt hat die Staatsanwaltschaft gebeten, diesen Fall genau zu prüfen.«
    Arthur Hollinger stutzte. Er starrte Andrea mit großen Augen an.
    »Also noch mal: Warum halten Sie so verbissen an der Unfalltheorie fest?«
    Eine Weile wand sich der Bergmann, bis er endlich zugab: »Was glauben Sie, was passiert, wenn das Gerücht aufkommt, dass in Velsen unter Tage Bergleute getötet werden?«
    »Bergleute? Ich weiß nur von einem!«
    Arthur rollte die Augen und meinte: »Sie sprachen doch selbst davon, dass wir alle in Gefahr sind.«
    Andrea nickte und hakte nach: »Was würde passieren?«
    »Die Zeche wird sofort geschlossen«, zischte er. »Und zwar vor der vereinbarten Zeit.«
    Andrea konnte den Mann nur fragend anschauen.
    »Dann bin ich meinen Job los. Oder ich muss an die Ruhr, weil dort noch einige Gruben in Betrieb sind. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, umzuschulen. Das traue ich mir in meinem Alter nicht mehr zu.«

    Alle Blicke waren auf Jürgen Schnur gerichtet. Sorgfältig hatte er sein Gesicht eingeseift und geschrubbt. Trotzdem schimmerte es immer noch schwarz.
    »So wurde aus Barbarossa der Sarotti-Mohr«, stellte Erik nach einer Weile des Schweigens fest.
    Andrea lachte, doch Schnur blickte grimmig zu Erik und fragte: »Habt ihr auch was gemacht, während ich in den Hades hinabgestiegen bin?«
    »Haben wir. Recherche über Tage«, kam es von Andrea.
    »Und was habt ihr herausgefunden?«
    »Mein Eindruck ist, dass alle Bergmänner an der UnfallTheorie festhalten. So, als hätten sie sich abgesprochen und wollten gar nicht wissen, was wirklich passiert ist – Hauptsache, es wird als Unfall deklariert und wir verschwinden schnell wieder.«
    »Warum?«, fragte Schnur.
    »Sie haben Angst, die Grube würde geschlossen, wenn sich herausstellt, dass es Mord war und jemand der Bergleute im Verdacht steht, dort unten seine Kollegen umzubringen. Hinzu kommt die Angst vor Umschulung oder Versetzung ins Ruhrgebiet. Die Männer sind alle nicht mehr die Jüngsten.«
    »Das bringt uns nicht weiter«, stöhnte Schnur.
    »Nun erzähl mal, was du in tausend Metern Tiefe herausgefunden hast«, drängte Erik.
    Schnur verzog freudlos sein Gesicht bei der Erinnerung an seine Exkursion und berichtete: »Der Steiger Remmark hat uns nach langem Zögern eine Stelle gezeigt, an der das Opfer tatsächlich an das Stahlseil gelangen konnte.«
    Erstaunt horchten alle auf.
    »Es ist der Zugang zum Personenförderkorb auf der fünften Sohle.«
    »Mehr nicht?«
    »Doch. Diese Tür ist gesichert. Immer wenn sie geöffnet wird – geplant oder ungeplant, ob mit Korb oder ohne – bekommt der Maschinist oben ein Signal. Wir haben ihn nach der genauen Zeit gefragt, als der Mann verunglückte, und zu dieser Zeit kam kein Signal oben an.«
    »Was heißt das für uns?«
    »Dass wir herausfinden müssen, wie man diese Tür öffnen kann, ohne dass es der Maschinist mitbekommt.«
    »Also doch Mord?«
    »Stark anzunehmen.« Schnur rieb sich über sein Kinn. »Es ist fast unmöglich, sich an diesem Seil aus Versehen festzuhaken und bis nach oben gezogen zu werden.«
    »Und wie hat Remmark den Sachverhalt erklärt?«
    »Er behauptet, Dempler sei schon am frühen Morgen mit Kreislaufbeschwerden zur Arbeit angetreten. Gegen Remmarks Rat sei er mit eingefahren, um zu arbeiten. Er hält es für möglich, dass Peter Dempler aus irgendeinem Grund über die Schachtleiter nach oben wollte. Dann wurde ihm schlecht oder er verlor das Bewusstsein und stürzte von der Leiter. In seiner Not wollte er sich am Seil festhalten. Dabei könnten sich die vielen Werkzeuge an seinem Gürtel an dem Seil verhakt haben.«
    »Klingt weit hergeholt«, brummte Erik.
    »Wenn wir nichts Besseres finden, wird die Staatsanwältin den Todesfall als Unfall erklären«, sagte Schnur genervt. »Also erzählt mir nichts, was ich schon weiß.«
    »Was sagt sie denn dazu?«, fragte Andrea, um Schnur zu bremsen.
    »Sie will die Ergebnisse sämtlicher Befragungen abwarten, bevor sie sich entscheidet.«
    »Das kann ja lustig werden. Die Jungs sagen nicht die Wahrheit«, sagte Erik.
    Schnur seufzte und meinte: »Genau da liegt der Hund begraben. Es wird so oder so nicht lustig.«
    »Was meinst du damit?«
    »Stellt euch mal vor, dieser Fall wird von der Staatsanwaltschaft als Mord eingestuft. Wie sollen wir dort unten ermitteln? Zum einen

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