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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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kostenlos operieren würde, wenn er mich aus der Sache rausholt.«
    »Dieses Blutbad wegen einer Gesichtsoperation ?«
    »Nein, David«, entgegnete er, »als reiner Selbstschutz. Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wie wertvoll ich für die Polizei bin? Was ich alles gesehen habe? Also haben
die Russen eine Versicherung abgeschlossen. Und wie viele plastische Chirurgen gibt es deiner Ansicht nach in diesem Land, die bereit sind, für jemanden wie Gobulev zu arbeiten?« Kurz verstummte er. »Ich bin der Kronzeuge. Ich bin der Schlüssel. Ich bin Gott .«
    Als ihm ein blutiges Rinnsal zwischen den Lippen hervorquoll und die Wange hinunterlief, wischte er es mit den gefesselten Händen weg. An der Narbe an seinem Kinn blieb ein wenig Blut zurück.
    »Woher wussten sie Bescheid?«
    »Nun, als ich darum gebeten habe, telefonieren zu dürfen, habe ich nicht meinen Anwalt angerufen.«
    Während ich Crane entgeistert anstarrte, kam ein Wind, so kalt wie ein Eisblock, auf, streifte uns und peitschte Gras, Gebüsch und Laub. Ihm folgte ein zartes Raunen, ein nicht fassbares Geräusch wie eine Stimme, die immer dieselben Worte wiederholte.
    Crane lag auf dem Boden und betrachtete mich. »Du spürst es.«
    »Ich spüre gar nichts.«
    »Aber du wusstest, wovon ich rede.« Im Schein der Taschenlampe erkannte ich, dass sich seine Augen vor Begeisterung weiteten und über mein Gesicht wanderten. »Dieser Ort hat Macht. All die Geheimnisse, die Lügen, die Toten, die Zerstörung. Sie haben ihm ihren Stempel aufgedrückt.«
    »Du hast ausgespielt«, sagte ich leise.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe noch viel vor, David.«
    Ich musterte ihn gründlich. Seine Augen funkelten im gedämpften Licht der Taschenlampe. Ich hob die MP5 und hielt sie ihm an den Kopf. Als er den Lauf oberhalb seiner Augen betrachtete, schielte er kurz. Dann blickte er wieder mich an.
    »Wir sind gleich«, flüsterte er.
    Meine Finger berührten den Abzug. Meine linke Hand umfasste
den Lauf. Der Kolben presste sich gegen meine Schulter. Wenn ich jetzt abdrückte, würde ihm niemand eine Träne nachweinen. Niemand würde ihn vermissen. Man würde ihn auf irgendeinem Friedhof in einem anonymen Grab beisetzen. Wenn ich jetzt schoss, würde ihn niemand betrauern.
    »Wir sind gleich, David.«
    Doch wenn ich es tat, würde er recht behalten.
    Ich nahm die MP5 von seinem Gesicht und warf sie hinter mich ins Unterholz. Seine Züge entgleisten. Er hatte gedacht, dass er selbst mit einem Gewehr am Kopf noch immer die Fäden in der Hand hielt, und wirklich angenommen, dass wir einander glichen. Aber so weit würde es niemals kommen.
    »Du hast etwas Richtiges über mich gesagt«, sagte ich ruhig zu ihm. »Ich habe getötet. Allerdings, um zu überleben. Die Alternative wäre gewesen, selbst zu sterben. Seitdem ist kein Tag, kein einziger Tag, vergangen, an dem ich mir nicht gewünscht habe, dass es eine andere Lösung gegeben hätte. Und das, obwohl die Menschen, die ich getötet habe, Männer waren wie du: Männer, die nichts empfinden, wenn sie jemandem das Leben nehmen. Jeden Tag muss ich daran denken, was ich getan habe. Ihr könnt mich also jagen, ihr könnt mich foltern, und ihr könnt versuchen, mich umzubringen. Und wer weiß, vielleicht gelingt es euch eines Tages sogar.« Ich bückte mich, packte ihn am Kragen und zog ihn auf die Füße. »Aber behaupte niemals wieder, dass wir gleich sind. Denn du wirst mich nie verstehen. Du wirst nie begreifen, wer ich bin. Und wir werden niemals gleich sein.«
    Und dann führte ich Aron Crane durch den dunklen Todeswald zurück.

75
    Sechs Wochen später war die Polizei noch immer damit beschäftigt, das Lügengeflecht zu entwirren, aus dem Aron Cranes Leben bestand: seine Frau, sein Kind, seine Opfer, seine Motive. Die sechs in Formalin schwimmenden Frauen hatte er als Anschauungsobjekte aufbewahrt. Er hätte sie wie Milton Sykes vergraben können. Doch je näher er seinem Ziel kam, Megan zu operieren, desto nötiger wurde es, sich die während der Eingriffe aufgetretenen Schwierigkeiten und die eigenen Fehler zu vergegenwärtigen.
    Anfangs schwieg er genauso eisern wie kurz nach seiner Festnahme. Doch nach einer Weile öffnete er sich ein wenig. Die Polizei zog den besten Psychologen hinzu, den man auftreiben konnte, und ihm gelang es, Crane einige Informationen zu entlocken. Kleinigkeiten, wie zum Beispiel, dass er Phedra Crane vom Dachgarten seines Hauses gestoßen hatte. Ganz gleich, welche Motive ihn dazu

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