Blutklingen
so gut handeln, Scheu, das weißt du doch.«
»Sag noch mal schnell, was kannst du überhaupt gut?«, warf sie ihm über die Schulter hinweg zu und schlug bereits den Weg zu Clays Börse ein, ließ schnell noch ein paar gescheckte Ziegen blökend passieren und huschte dann seitlich durch das Gedränge. »Außer Säcke schleppen?«
»Das ist doch auch schon was, oder nicht?«, brummte er.
Der Laden war sogar noch voller als die Straße. Es roch nach frisch gesägtem Holz und Gewürzen und eng aneinandergedrängten, hart arbeitenden Körpern. Sie musste sich an einem Schreiber und einem tiefschwarzen Südländer vorbeidrängeln, der sich in einer Sprache verständlich machen wollte, die sie noch nie zuvor gehört hatte; dann an einem finster dreinblickenden Geist, der das rote Haar mit Zweigen hochgebunden hatte, an denen noch die Blätter hingen. All diese Leute, die sich nach Westen durchschlagen wollten, verhießen gutes Geld. Ein Kaufmann, der versuchen wollte, Scheu um ihren Anteil daran zu betrügen, würde nichts zu lachen haben.
»Clay?«, bellte sie, da mit Flüstern nichts zu erreichen war. »Clay!«
Der Händler sah mit gerunzelter Stirn auf; er war gerade dabei, Mehl auf seiner mannshohen Waage abzuwiegen. »Scheu Süd in Handelsguth. Wenn das heute nicht mein Glückstag ist.«
»Sieht ganz so aus. Du hast eine ganze Stadt voller Windbeutel – die kannst du gerne bescheißen !« Sie betonte das letzte Wort ein wenig, woraufhin ein paar Köpfe herumgingen und Clay seine großen Hände in die Hüften stemmte.
»Hier bescheißt niemand irgendwen«, sagte er.
»Jedenfalls nicht, solange ich ein Auge auf die Geschäfte habe.«
»Ich und dein Vater, wir haben uns auf siebenundzwanzig geeinigt, Scheu.«
»Du weißt, dass er nicht mein Vater ist. Und du weißt auch, dass ihr euch auf einen Scheiß geeinigt habt, bevor ich nicht dazu Ja gesagt habe.«
Clay warf Lamm unter hochgezogenen Augenbrauen einen Blick zu, und der Nordmann sah zu Boden, schob sich ein wenig zur Seite und vermittelte den Eindruck, als ob er erfolglos versuchte, sich in Luft aufzulösen. Lamm war zwar ein großer Kerl, hielt aber keinem Blick stand, sobald ihm jemand direkt ins Gesicht sah. Er hatte durchaus Liebe in sich und konnte hart arbeiten, und er war ein ordentlicher Ersatzvater für Ro und Pit und auch für Scheu gewesen, soweit sie das zugelassen hatte. Eigentlich ein recht guter Mann, aber bei den Toten, er war eben einfach ein ziemlicher Feigling!
Scheu schämte sich für ihn und wegen ihm, und das ärgerte sie. Sie fuchtelte mit ihrem Zeigefinger vor Clays Gesicht herum wie mit einem blanken Dolch, den sie ohne Hemmungen benutzen würde. »Handelsguth ist ein komischer Name für eine Stadt, in der du dir ein Geschäft zurechtgezimmert hast! Bei der letzten Ernte hast du achtundzwanzig gezahlt, und da hattest du nicht halb so viele Kunden. Ich nehme achtunddreißig.«
»Was?« Clay quiekte noch höher, als sie erwartet hatte. »Das Korn ist wohl aus Gold, was?«
»Haargenau. Allererste Güte. Mit meinen eigenen blasenübersäten, blutigen Händen gedroschen.«
»Und mit meinen«, brummte Lamm.
»Pscht«, machte Scheu. »Ich nehme achtunddreißig, und davon weiche ich kein Stück ab.«
»Du willst es mir wohl schwer machen.« Clays Gesicht legte sich in wütende Falten. »Weil ich deine Mutter so gern hatte, biete ich dir neunundzwanzig.«
»Du hast nie etwas anderes gern gehabt als deine eigene Tasche. Weniger als achtunddreißig kommt nicht infrage, sonst setze ich mich neben deinen Laden und biete die ganze Ladung den Durchreisenden an. Und zwar zu einem Preis, der knapp unter deinem liegt.«
Er wusste, dass sie das tun würde, selbst wenn sie dabei Verlust machte. Mach nie eine Drohung, von der du dir nicht zumindest halbwegs sicher bist, dass du sie auch einlösen kannst. »Einunddreißig«, presste er hervor.
»Fünfunddreißig.«
»Du hältst diese ganzen guten Leute hier auf, du selbstsüchtige Kuh!« Nun, das mochte durchaus so sein, vor allem aber gab sie den guten Leuten eine Ahnung davon, welche Profite er einstrich, und das würde sich über kurz oder lang herumsprechen.
»Die sind bis auf den letzten Mann nichts als Abschaum, und ich werde sie aufhalten, bis Juvens aus dem Totenreich wiederkehrt, wenn ich dann meine fünfunddreißig kriege.«
»Zweiunddreißig.«
»Fünfunddreißig.«
»Dreiunddreißig, und dann kannst du meinen Laden beim Rausgehen auch noch gleich niederbrennen!«
»Führe
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