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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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faltiger Mann mit grausamen Zügen und mitleidlosen
Augen, aber auch Flügeln und Krallen und einem schrecklichen
Schnabel, ein grauenerregender Zwitter aus Mann und Rabe.
Aber da war auch noch etwas Drittes, unbeschreiblich Fremdes
und Böses, das er nicht genau erkennen konnte – und auch nicht
erkennen wollte.
Die Umrisse der unheimlichen Kreatur flackerten, schienen zu
verschwimmen und sich auf sinnverwirrende Weise neu zu
ordnen, als hätte sie Mühe, ihre Form zu behalten. Es sah aus,
als brauche sie all ihre Kraft, um sich in einer Welt festzuhalten,
in die sie nicht gehörte. Doch sie wurde stärker. Andrej spürte
es.
Doch er sah auch noch etwas: Das Wesen blutete leicht aus
Mund und Nase. Es war nicht unverwundbar.
Blitzartig überschlug Andrej seine Chancen, die Kreatur zu
erreichen und zu töten, bevor sie sich weit genug erholt hatte,
um zu fliehen, und kam zu einem Schluss.
Er hob zwar sein Schwert, machte aber nur einen einzelnen,
zögernden Schritt in Richtung des Achterdecks, während dessen
er einen raschen Blick mit Abu Dun tauschte. Mehr war nicht
nötig, nach so vielen Menschenaltern, die sie nun Gefährten
waren.
»Was willst du von uns?«, fragte er, an den Rabenmann
gewandt. Seine Stimme zitterte und war schrill, und sie hatte
einen überreizten Unterton. »Wir haben dir nichts getan! Warum
willst du unseren Tod?«
Ihr habt euer Wort gebrochen. Ihr werdet sterben. Dann
gehört ihr mir.
»Das haben wir nicht!«, begehrte Andrej auf. Er riss sein
Schwert in die Höhe und deutete anklagend auf den Nubier. »Es
war seine Schuld! Er hat es gewusst und nichts gesagt! Du
weißt, dass ich versucht habe, sie zu bergen. Ich wusste es nicht
besser!«
»Du erbärmlicher Feigling«, stieß Abu Dun hervor.
Andrej starrte ihn eisig an. »Glaubst du, ich will sterben, nur
weil du zu feige warst oder Angst hattest, deinen Mantel nass zu
machen?«
Er fuhr erneut zu dem Rabenmann herum. Seine Gestalt hatte
sich wieder gefestigt, und auch die Bewegungen seiner untoten
Diener wirkten jetzt wieder zielgerichtet und sicher, aber sie
machten keine Anstalten, ihren unterbrochenen Angriff
fortzusetzen. Und auch in den Augen des Rabenmannes war ein
neuer Ausdruck erschienen, etwas Lauerndes und Böses, bei
dessen bloßem Anblick sich etwas in Andrej krümmte.
»Nimm ihn«, fuhr er fort und deutete abermals mit dem
Schwert auf den Nubier. »Wenn du jemanden bestrafen willst,
dann den Richtigen. Es war seine Schuld, nicht meine!«
»Du bist ein so jämmerlicher Feigling, Hexen -«, begann Abu
Dun, und Andrej sprang ohne Warnung vor und stieß ihm die
Klinge bis ans Heft in die Brust.
Abu Dun öffnete den Mund zu einem Schrei, der zu einem
gequälten Seufzen wurde. Das Schwert entglitt seinen plötzlich
kraftlosen Fingern und polterte mit einem hellen Klirren auf das
Deck, und Abu Dun brach in die Knie und fiel schließlich nach
hinten. Das Leben wich aus seinen Augen, noch bevor er schwer
auf dem nassen Holz aufschlug.
Andrej riss sein Schwert heraus und fuhr wieder zu dem
Rabenmann herum. »Er gehört dir«, sagte er. »Nimm ihn. Aber
lass mich gehen.«
In den schwarzen Augen des Ungeheuers erschien ein
Ausdruck vager Überraschung, aber auch noch größerer Bosheit
und Vorfreude. Er rührte sich nicht.
»Ich verstehe«, sagte Andrej. Er senkte sein Schwert, trat
einige Schritte zurück und deutete erneut auf den toten Nubier.
»Er gehört dir. Keine Sorge, ich werde dich nicht angreifen. Ich
stehe zu meinem Wort.«
Der Unheimliche starrte ihn noch einen Herzschlag lang an,
dann verwandelte er sich wieder in einen Raben, schwang sich
in die Luft und ließ sich mit kraftvollen Flügelschlägen auf der
Brust des Nubiers nieder. Sein schrecklicher Schnabel hob und
senkte sich und riss ein daumennagelgroßes Stück Fleisch aus
Abu Duns Wange. Ihr habt euer Wort gebrochen. Ihr werdet
sterben. Jetzt gehörst du mir.
»Oder du mir«, sagte Abu Dun, während er die Augen weit
öffnete und mit beiden Händen zugleich nach dem Raben griff.
Das Tier kreischte erschrocken und breitete die Schwingen aus,
doch nicht einmal die geisterhaft schnellen Reaktionen dieser
Kreatur reichten aus, um den blitzartig zupackenden Pranken
des Nubiers zu entkommen. Abu Dun fasste den Raben, brach
ihm mit einer einzigen, mühelosen Bewegung das Genick und
zermalmte mit der anderen Hand seinen Leib.
Und im selben Moment, in dem das Krächzen des sterbenden
Tieres verklang, sanken die toten

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