Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
welche besaßen, auch die barbarischen Hörnerhelme aufgesetzt und die Schilde am Arm befestigt. Er ahnte
plötzlich, welche Art von Geschäft die Besatzung der Fenrir betrieb. Und da er das sichere Gefühl hatte, dass es wenig Sinn
haben würde, mit seinem Wissen hinter dem Berg zu halten, fragte
er: »Und wenn ich nun wüsste, welchem Geschäft ihr nachgeht?«
Er hielt den Nordmann bei diesen Worten aufmerksam im
Auge, und auch Abu Duns Hand war fast unmerklich vom
Ruder geglitten und blieb zwar nicht auf dem Schwertgriff
liegen, aber war immerhin nahe genug, sodass er die Waffe
binnen eines einzigen Lidschlages ziehen konnte. Ansen lächelte
jedoch unerschütterlich weiter.
»Und wenn ich nun wüsste, wer ihr wirklich seid?«, fragte er.
Andrej setzte sich erschrocken kerzengerade auf, aber Ansen
hob nur beruhigend die Hand. Er lachte, ein knurrender Laut,
der tief aus seiner Kehle kam und Andrej an etwas erinnerte,
was ihm nicht gefiel.
»Nur die Ruhe«, sagte er. »Ihr habt keinen Grund, uns zu
fürchten. Wenn wir vorgehabt hätten, euch etwas anzutun,
hätten wir das längst getan.« Heftig schüttelte er den Kopf, als
Andrej etwas sagen wollte.
»Was soll das heißen – du weißt, wer wir sind?«, fragte Abu
Dun.
Ansen runzelte die Stirn, als ärgere er sich über diese Frage.
»Wir leben vielleicht auf einer einsamen Insel weit oben im
Norden, und wir sind sicher nicht so weit gereist und
welterfahren wie ihr«, sagte er scharf, »doch wir sind deshalb
nicht dumm. Selbst uns ist die Geschichte der beiden fremden
Krieger zu Ohren gekommen, die mit einem Schiff voller Toter
in See gestochen sind, um sie nach Hause zu bringen. Männer,
die sie zuvor selbst erschlagen hatten.«
Abu Dun starrte ihn an, und auch Andrej sagte nichts, sondern
sah nur mit klopfendem Herzen zu dem blonden Riesen hoch.
»Und?«, fragte Abu Dun schließlich.
»Ihr habt euch in einen Kampf eingemischt, der euch nichts
angeht, schwarzer Mann«, sagte Ansen, plötzlich sehr ernst und
drohend.
»Ja«, grollte Abu Dun. »So etwas kann tödlich enden, weißt du?«
Seine Hand kroch näher an den Schwertgriff heran. Die Bewegung
entging dem Nordmann nicht, doch er zeigte keine Reaktion.
»Das ist wahr«, sagte er nur. »Ich war erstaunt, euch zu sehen.
Niemand hätte damit gerechnet, euch noch einmal lebend
wiederzusehen, nachdem die Schwarze Gischt vor so langer Zeit
verschwunden ist. Ich gebe zu, dass ich euch beinahe gleich
getötet hätte, als ihr in unserem Dorf erschienen seid – aber nun
habt ihr euch meinen Respekt verdient. Vielleicht wusstet ihr
damals nicht, was ihr tatet.«
»Und vielleicht wissen wir es dafür jetzt umso besser«,
versetzte Abu Dun.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte Ansen ruhig. »Ich
weiß nicht, wie ihr überleben konntet, doch es beweist, dass ihr
außergewöhnliche Männer seid. Deshalb will ich euch eine
Chance geben. Wartet hier, bis wir zurück sind, und denkt über
meinen Vorschlag nach. Es gibt ohnehin nicht viel, wohin ihr
gehen könntet, mitten in der Nacht und ganz allein.«
»Zurück, woher?«, wollte Abu Dun wissen, aber Ansen
schüttelte nur noch einmal den Kopf.
»Wir haben etwas zu erledigen, auf der anderen Seite des
Berges«, antwortete er. »Mehr müsst ihr nicht wissen. Wir sind
zurück, bevor die Sonne aufgeht. So lange gebe ich euch Zeit,
über mein Angebot nachzudenken.« Er deutete mit dem
Bierkrug in seiner Rechten auf eine einzelne schattenhafte
Gestalt im Heck der Fenrir, die schweigend in ihre Richtung
blickte. »Fritjof wird hierbleiben und auf das Schiff aufpassen.«
    Noch lange nachdem Ansen und seine Leute in der Dunkelheit
verschwunden waren, saßen Abu Dun und Andrej schweigend
nebeneinander, jeder seinen eigenen düsteren Gedanken
nachhängend. Andrej nahm an, dass Abu Dun vor allem seiner
Empörung über Ansens ungeheuerliches Angebot Herr zu
werden versuchte, das den Nubier ungleich härter getroffen
haben musste als ihn.
    In einem früheren Leben, das eine ganze Welt und eine halbe
Ewigkeit hinter ihm lag, war Abu Dun tatsächlich Pirat und
Sklavenhändler gewesen, doch der Mann, der er heute war,
verabscheute dieses Leben zutiefst. Ansens Angebot, sich seiner
seefahrenden Räuberbande anzuschließen, musste ihn wie eine
persönliche Beleidigung getroffen haben.
    Andrej hingegen saß noch immer der Schrecken in den
Knochen, als der Nordmann behauptet hatte, er wüsste, wer sie
seien. Von seinem Standpunkt

Weitere Kostenlose Bücher