Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
Selbstbewusstsein förmlich fühlen, so deutlich strahlte sie es aus. Sie war ein lebender Vampir, aber offensichtlich stand sie auf der Favoritenliste ihres Meisters nicht besonders weit oben. Ich fand es seltsam, dass lebende Vampire umso tiefer emotional geschädigt wurden, je beliebter sie bei ihrem Meistervampir waren. Diese Frau gehörte offensichtlich zu den Vergessenen. Die Glückliche. Vergessen zu werden bedeutete, länger zu leben, und als Vergessene fehlten ihr wahrscheinlich einige der beunruhigenden Fähigkeiten, die Ivy, meine Mitbewohnerin, hatte entwickeln müssen, um zu überleben.
»Nina«, sagte die Vorgesetzte, und die junge Frau stand auf. Allem Anschein nach war sie nicht an mir interessiert, denn sie schob erst einmal in dem vergeblichen Versuch, ein wenig Ordnung zu machen, ein paar Papierstapel zusammen. »Das ist Ms. Morgan, und, ähm …«
Wayde füllte die Pause, indem er die Hand ausstreckte und einen Schritt vortrat. Jetzt standen wir beide in dem kleinen, unordentlichen Büro. »Mr. Benson«, sagte der Werwolf. »Ich bin Ms. Morgans Bodyguard. Schön Sie kennenzulernen, Ms. Ninotchka Romana Ledesma.«
Der komplizierte Name rollte über seine Lippen als wäre er im Süden Spaniens aufgewachsen. Ich starrte überrascht auf das Namensschild auf dem Schreibtisch und beschloss, dass ich es bei Nina belassen würde.
Nina blinzelte und ihr Blick glitt von Wayde zu mir, als nähme sie mich jetzt erst wahr. »Ähm, schön, Sie kennenzulernen«, sagte sie und schüttelte gelassen Waydes Hand. Dann drehte sie sich zu mir um und zögerte, als sie bemerkte, dass ich meine Hände immer noch in den Jackentaschen vergraben hatte. »Setzen Sie sich doch, wenn Sie möchten.«
Ich warf einen Blick zu Wayde. Nina war ziemlich aufgeregt, aber nicht unseretwegen. Kommt noch jemand? , dachte ich und musterte den einzigen freien Stuhl in dem engen Raum. »Ähm«, setzte ich an und blinzelte nur, als Nina ihren BH zurechtrückte und dann nach unten spähte, um zu schauen, ob auch wirklich alles an der richtigen Stelle saß. »Brauchen wir nicht noch einen Stuhl?«
»Nein«, sagte sie kurz angebunden, während die Frau, die uns hierhergeführt hatte, uns verließ und die Tür hinter sich schloss. »Es sei denn, Ihr Bodyguard möchte einen. Aber stehen die nicht gewöhnlich?«
»Ist in Ordnung«, meinte Wayde und stellte sich neben die geschlossene Tür. »Ma’am, was genau wollen Sie von Ms. Morgan?«
Angespannt ließ die junge Frau eine Hand über ihre Hüfte gleiten, bevor sie sich hinter ihren Schreibtisch setzte. Als sie bemerkte, dass ihre Finger zitterten, versteckte sie sie unter der Tischplatte. »Ich will gar nichts. Also, nicht ich, sondern er «, sagte sie. Der Duft von aufgeregtem Vampir traf mich unvorbereitet. Gott, sie roch gut. Ich fühlte das Kribbeln der Vampirnarben unter meiner perfekten Haut. »Ich habe so etwas noch nie getan. Ich wusste nicht mal, dass er weiß, dass ich lebe. Und jetzt das!«
»Ähm, ich will nur meinen Führerschein verlängern und mein Auto auf meinen eigenen Namen zulassen«, sagte ich, von den Pheromonen in der Luft aus der Bahn geworfen. Ich hatte recht gehabt. Ihr fehlte die Kontrolle, aber wenn sie zu den Vergessenen gehörte, spielte das keine Rolle. »Wenn Sie mir nicht helfen können, gehe ich wieder.«
Die Vampirin erschrak, und fast wäre sie aufgestanden. »Jemand in der I. S. möchte sich mit Ihnen unterhalten«, erklärte sie mit weit aufgerissenen Augen. »Ich bin die Einzige hier, mit der er arbeiten will. Meine Cousine arbeitet für die I. S., und, na ja …« Sie schenkte uns ein nervöses Lächeln, dann wirkte sie plötzlich verängstigt. »Es ist eine Ehre, einen Meister zu kanalisieren.«
Ich tastete nach dem Stuhl hinter mir und setzte mich. »Ein toter Vamp will mit mir reden?« Behutsam setzte ich mich auf die Stuhlkante. Sicher, es war Tag, aber die Toten waren tief unter der Erde trotzdem wach. Anscheinend wollte einer von ihnen sich mit mir unterhalten. Jemand, der so alt war, dass er in einen fremden, lebenden Vampir gleiten konnte. Nicht gut . Aber vielleicht konnte er dafür sorgen, dass mein Auto auf mich zugelasen wurde …
Unsicher sah ich zu Wayde. Er zuckte nur mit den Achseln und stellte sich bequemer hin. »Schön«, meinte ich schließlich. »Aber machen Sie schnell. Ich muss Jenks fragen, ob er mein Auto anmeldet, nachdem ich hier nicht weitergekommen bin.«
Sie ignorierte meinen Sarkasmus. Stattdessen zitterte sie
Weitere Kostenlose Bücher