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Blutseele

Blutseele

Titel: Blutseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Warum hast du nicht angerufen? Ich hätte dich doch abgeholt.«
    Robbie drückte dem Taxifahrer ein paar Scheine in die Hand. Dann breitete er noch in der offenen Tür die Arme aus, und ich landete an seiner Brust. Ich drückte mein Gesicht jetzt nicht mehr an seinen Bauch, wie ich es getan hatte, als wir uns verabschiedet hatten. Er umarmte mich, und ich atmete den Geruch nach Brimstone ein, der in seiner Kleidung hing, weil er in Kneipen arbeitete. Tränen traten mir in die Augen, und ich hielt die Luft an, um nicht zu weinen. Es war über viereinhalb Jahre her. Der rücksichtslose Trottel war die ganze Zeit an der Westküste gewesen und hatte mich allein zurückgelassen, um mit Mom klarzukommen. Aber dieses Jahr war er zur Sonnenwende zu Hause. Ich schluckte einmal, dann lächelte ich zu ihm hoch.
    »Hey, Glühwürmchen«, sagte er. So hatte mich mein Dad immer genannt. Dann grinste er, als er sich ansah, wie lang meine Haare inzwischen geworden waren.
    »Du bist groß geworden. Und hey, Haare bis zu den Hüften? Was hast du vor? Den Weltrekord brechen?«
    Er wirkte zufrieden und glücklich. Ich zog mich einen Schritt zurück und fühlte mich plötzlich unwohl. »Na ja, es ist fast fünf Jahre her«, beschuldigte ich ihn. Hinter ihm fuhr das Taxi langsam an und verschwand im Schneetreiben.
    Robbie seufzte. »Fang nicht damit an«, flehte er. »Mom nervt mich schon ständig damit. Lässt du mich rein?« Er warf einen Blick hinter sich in den Schnee. »Hier draußen ist es kalt.«
    »Waschlappen«, sagte ich, dann nahm ich einen seiner Koffer. »Hast du jemals von einem magischen Gegenstand namens Mantel gehört?«
    Er schnaubte nur, packte das verbliebene Gepäckstück und folgte mir ins Haus. Die Tür fiel ins Schloss, und ich bog in den zweiten, längeren Flur ab, der zu seinem Zimmer führte. Ich wollte, dass er ankam und damit wieder zu einem Teil unserer kleinen Familie wurde. »Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte ich. Ich fühlte, wie sich mein Puls beschleunigte, weil ich den Koffer trug. Ich war schon seit Jahren nicht mehr im Krankenhaus gewesen, aber trotzdem wurde ich immer noch schnell müde. »Mom wird dir die Haut abziehen, wenn sie zurückkommt.«
    »Wahrscheinlich, aber ich wollte zuerst mit dir allein sprechen.«
    Ich drückte mit dem Ellbogen auf den Lichtschalter und schleppte seinen Koffer in sein altes Zimmer. Jetzt war ich froh, dass ich schon gestaubsaugt hatte. Dann drehte ich mich um und verschränkte die Arme, damit er nicht sah, wie angestrengt ich nach Luft schnappte. »Worüber?«
    Robbie hörte mir gar nicht zu. Er hatte seine Jacke ausge zogen und stand jetzt in einem schicken Nadelstreifenhemd mit Krawatte vor mir. Lächelnd drehte er sich langsam einmal im Kreis. »Es ist genauso wie früher.«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Du kennst doch Mom.«
    Er sah mich an. »Wie geht es ihr?«
    Ich starrte auf den Boden. »Wie immer. Willst du einen Kaffee?«
    Scheinbar ohne Anstrengung warf er den Koffer, den ich getragen hatte, auf das Bett. »Erzähl mir nicht, du trinkst schon Kaffee.«
    Einer meiner Mundwinkel wanderte nach oben. »Schweiß der Götter«, scherzte ich und trat näher, als er eine Seitentasche öffnete und eine offensichtlich teure Packung Kaffee hervorzog. Selbst wenn ich es nicht an der einfachen, um weltverträglichen Verpackung erkannt hätte, der himmlische Duft gemahlener Kaffeebohnen sagte alles. »Wie hast du das durch den Zoll bekommen?«, fragte ich, und er lächelte.
    »Ich habe es angegeben.«
    Er schlang einen Arm um meine Schultern, und zusammen schoben wir uns durch den schmalen Flur Richtung Küche. Robbie war acht Jahre älter als ich. Der einst unwillige Babysitter hatte sich zu einem überfürsorglichen Bruder entwickelt, der dann vor über vier Jahren verschwunden war, um vor dem Schmerz zu fliehen, den der Tod unseres Dads hinterlassen hatte. Lange Zeit hatte ich ihn dafür gehasst und war neidisch darauf gewesen, dass er fliehen konnte, während ich zurückblieb und mich um Mom kümmern musste. Aber dann hatte ich rausgefunden, dass er Moms Psychiater bezahlt hatte. Plus einige meiner Krankenhausrechnungen. Jeder von uns half auf seine eigene Weise. Und es war ja nicht so, als hätte er hier in Cincinnati dasselbe Geld verdienen können.
    Robbie wurde langsamer, als wir die Küche betraten, und betrachtete schweigend die Veränderungen im Raum. Das Hängeregal mit den Kräutern war verschwunden, ebenso wie das Regalbrett voller eselsohriger

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