Blutstern
Mörder noch voller Schrecken angesehen hatte.
»Warum sie die Frau auf das Holzkreuz gebunden haben?«, murmelte Rotfux. »Und der blutrote Stern auf dem MosaikfuÃboden, die sechs schwarzen Katzen ⦠Was soll das alles?«
»Mhhm«, brummte Oberwiesner. »Sieht irgendwie nach Ritualmord aus oder ein Verrückter hat hier seinen sexuellen Fantasien freien Lauf gelassen. Einfach Wahnsinn.«
»Weià man, wer sie ist?«, fragte er.
»Laut Ausweis heiÃt die Tote Ilona Drucker«, antwortete Kommissar Rotfux. »Wir haben Handtasche und Kleider säuberlich aufgeräumt in einem Nebenraum des Atriums gefunden. Ihr Ausweis und sogar Geld steckten noch in der Handtasche. Gerda versucht gerade herauszufinden, ob sie Angehörige hatte.«
Gerda Geiger war die Kollegin aus dem Bereich der Spurensicherung. Rotfux hatte ihr den Auftrag erteilt, Angehörige zu ermitteln.
»Also weder Raubmord, noch Interesse daran, die Identität der Toten zu verheimlichen. Seltsam, seltsam«, wunderte sich Oberwiesner.
»Kann man wohl sagen«, murmelte Rotfux.
AnschlieÃend wurde der Kommissar geschäftig. Es schien, als ob ein Knoten in ihm geplatzt war. Er gab Kommandos und wies seine Beamten an, alles genauestens zu untersuchen.
»Fingerabdrücke, Haare, Hautschuppen ⦠Nichts übersehen! Alles kann von Bedeutung sein. Die Leiche wird nachher in die Gerichtsmedizin gebracht. Bin gespannt, ob sie noch lebte, als sie das mit ihr veranstaltet haben.«
»Wahrscheinlich«, sagte Oberwiesner leise. »Wenn du siehst wie hoch das Blut an die Wand und an die Säulen gespritzt ist. Die muss noch gelebt haben, während man auf sie eingestochen hat.«
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Als Kommissar Rotfux das Pompejanum verlieÃ, kam ihm Gerda Geiger mit einem jungen Mann entgegen. Ihre blonden Haare quollen unter ihrer Mütze hervor, ihre Lippen waren wie üblich dunkelrot geschminkt. Sie sah blass aus, leichenblass sogar. Hatte wahrscheinlich lange ins neue Jahr hineingefeiert und war von Rotfux aus dem Bett geholt worden.
»Hallo, Frau Geiger«, begrüÃte er sie, »haben Sie jemanden ausfindig machen können?«
Gerda Geiger deutete auf den Mann, der neben ihr ging und etwa 30 Jahre alt sein mochte.
»Vermutlich ja. Das ist Thomas Drucker, wahrscheinlich der Sohn der Toten.«
Rotfux sah ihn an. »Das wird schwer für Sie, Herr Drucker. Aber wir brauchen Ihre Hilfe. Ich muss Sie leider bitten, uns zu sagen, ob die Tote Ihre Mutter ist.«
Während der Kommissar sprach, fiel ihm wenige Schritte entfernt, hinter dem rot-weiÃen Absperrband, der âºMaulaffâ¹ auf. Nicht der schon wieder, dachte er. Rotfux hatte den vorwitzigen Gaffer in einem Wutanfall einmal Maulaff genannt, seitdem kannte ihn jeder unter diesem Namen. Er konnte den alten Mann in seinem tannengrünen Lodenmantel mit den glänzenden Metallknöpfen nicht leiden. Gierig hing dieser hinter dem Absperrband, wie üblich einen schwarzen Filzhut tragend, und starrte sich die Augen aus dem Kopf. Wie immer war sein viel zu groÃer Mund in Bewegung und verbreitete seine Vermutungen unter den Schaulustigen. Die Streifenpolizisten wussten, dass der Alte dem Kommissar mit seiner Gafferei auf die Nerven ging, und versuchten ihn auf Abstand zu halten.
»Ich hoffe nicht, dass es meine Mutter ist, mein Gott, ich hoffe nicht«, stammelte Thomas Drucker. »Gestern habe ich sie noch besucht. Alles war normal, nichts Besonderes, ich hoffe nicht, mein Gott, ich hoffe nicht ⦠«
Der junge Mann war völlig auÃer sich. Rotfux sah, dass er zitterte. Zu dünn angezogen war er für die Kälte am Neujahrstag, welche auch von den ersten Sonnenstrahlen, die auf die Terrasse vor der römischen Villa fielen, nicht vertrieben werden konnte.
Rotfux lieà sich den Ausweis der Toten bringen.
»Hier, sehen Sie, sie heiÃt Ilona Drucker. Ist das der Ausweis Ihrer Mutter?«
Thomas Drucker starrte den Ausweis entsetzt an. Im nächsten Augenblick begann er zu schwanken und wäre fast auf den Boden geknallt, hätte ihm Kommissar Rotfux nicht beherzt unter die Arme gegriffen und ihn gestützt.
»Mist«, entfuhr es Rotfux, »das war wohl zu viel für ihn.«
Gerda Geiger und zwei Polizisten packten sofort mit an. Sie trugen Thomas Drucker in die Säulenhalle im hinteren Teil des Pompejanums und legten ihn auf den Boden.
»Beine hoch«, sagte Rotfux,
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