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Kroenung der Liebe

Kroenung der Liebe

Titel: Kroenung der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Marinelli
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1. KAPITEL
    Ich bin besser dran ohne den Job, versuchte sich Allegra einzureden. Niemand sollte sich so etwas gefallen lassen!
    Allerdings war es auch kein Zuckerschlecken, bei strömendem Regen durch Londons Straßen zu wandern und mit der U-Bahn von einer Vermittlungsagentur zur nächsten zu fahren. Allegras Ärger über die dreiste Anmache ihres Bosses – und die prompte Kündigung, weil sie sich wenig kooperativ zeigte – verwandelte sich mit jeder Absage zunehmend in Panik.
    Sie brauchte eine neue Arbeit. Unbedingt!
    Ihre sämtlichen Ersparnisse waren der bodenlosen Verschwendungssucht ihrer exzentrischen Familie zum Opfer gefallen. Manchmal hatte Allegra den Eindruck, dass man ihr schmales Gehalt als Verlagslektorin wie eine Art Rettungsanker ansah. Einerseits wurde sie wegen ihrer Vernunft und Strebsamkeit aufgezogen und für sterbenslangweilig erklärt, doch sobald mal wieder Not am Mann oder der Frau war, musste sie in die Bresche springen.
    Wie zum Beispiel letzte Woche, als ihre Stiefmutter Chantelle sie angefleht hatte, ihr fünftausend Pfund zu leihen, um ein gesperrtes Konto auszugleichen, von dem ihr Mann gar nichts wusste. Was für ein absurder und lächerlicher Gedanke, jetzt womöglich auf die Unterstützung dieser Familie angewiesen zu sein!
    Es war ein trüber Tag, nass und kalt, ohne das leiseste Anzeichen des beginnenden Frühlings. Allegra zog den Kopf noch tiefer zwischen die Schultern, schob die Hände in die Taschen ihres durchweichten Trenchcoats und schloss die Finger um die Fünfzigpfundnote, die sie am Bankautomaten gezogen hatte. Falls ihr Boss sich weigerte, ihr morgen das letzte Gehalt zu überweisen, war sie pleite.
    Ich habe schon Schlimmeres überstanden, sagte sie sich energisch. Immerhin bin ich Bobby Jacksons Tochter! Was einerseits bedeutete, dass sie von klein auf mit allen Wechselfällen des Lebens zurechtkommen musste, andererseits hatte sie von ihrem liebenswert chaotischen Vater gelernt, wie wichtig es war, immer wieder aufzustehen, egal wie oft man strauchelte oder fiel.
    Kämpferisch schob Allegra das Kinn vor. Oh nein! Sie hatte nicht vor, klein beizugeben! Und sollte sie trotzdem untergehen, dann wenigstens mit Stil …
    Spontan stieß sie die Tür zu einer schummerigen Bar auf, an der sie gerade vorbeikam, und tauchte mit gesenktem Kopf in die anheimelnde Wärme des Foyers. Rasch streifte sie den nassen Mantel ab, hängte ihn an die Garderobe und ging weiter. Normalerweise gehörte es nicht zu ihren Gewohnheiten, allein fremde Lokalitäten zu betreten, doch hier war es warm und trocken, und sie konnte sich einen Moment hinsetzen und ihre Gedanken ordnen.
    Allegra lächelte bitter in Erinnerung daran, wie sie voller Zuversicht und gerechter Empörung aus dem Büro gerauscht war, nachdem sie ihrem Boss tüchtig die Meinung gegeigt hatte. Dabei hatte sie sich in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite gefühlt. Dank ihres beruflichen Werdegangs und ihrer Erfolgsbilanz war sie über die Jahre hinweg immer wieder von Headhuntern angesprochen worden. Darum sah sie kein Problem darin, schnell wieder einen adäquaten Job zu finden.
    Was für eine frustrierende und demütigende Erfahrung, jetzt herauszufinden, dass sich die Wirtschaftslage und der Markt durch die allgemeine Finanzkrise dramatisch verändert hatten, und sie damit quasi überflüssig geworden war. Kein einziges Jobangebot! Obwohl … so ganz stimmte das nicht. Allerdings war die Arbeitszeit auf drei Stunden pro Monat limitiert.
    Drei Stunden im Monat!
    Allegra wollte sich gerade an den Tresen setzen, da stellte sie fest, dass nur an den Tischen serviert wurde. Zielgerichtet steuerte sie auf einen kleinen, gemütlich wirkenden Alkoven zu und ließ sich zufrieden auf die mit Samt bezogene Sitzbank fallen. Dann schaute sie neugierig um sich und registrierte überrascht, wie elegant die Einrichtung war. Angesichts der eher schmuddeligen Fassade hatte sie etwas ganz anderes erwartet.
    An einem der Nachbartische erschallte weibliches Gelächter. Eine Runde gut gekleideter Frauen nippte an bunten Cocktails und plauderte angeregt miteinander. Allegra seufzte und beneidete sie glühend um ihre offensichtlich gute Laune.
    Gleich nebenan schien ein einzelner Gast völlig in seiner eigenen Welt gefangen zu sein. Ganz sicher war er der attraktivste Mann, den sie je in ihrem Leben gesehen hatte: dunkel gekleidet, mit dichtem braunen Haar, hohen Wangenknochen und markanter Nase. Die langen Beine hatte er lässig von sich

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