Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker
brüllte ihm seine Verachtung entgegen und überzog den Zwerg mit einem Sprühregen aus blutigem Speichel. Er drehte Baldrokk die Innenseiten seiner riesigen, mit messerscharfen Klauen bewehrten Pranken entgegen und ging sprungbereit in die Knie.
Baldrokk umschloss den Griff seiner Axt so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten, und wollte gerade losstürmen, als der Troll neugierig den Kopf hob und über die Mauer hinweg nach Osten blickte. Von einem Moment auf den anderen war die Kampfeslust aus dem Monster gewichen. Der Troll stützte sich mit einer Hand auf einer Zinne ab und schwang sich über die Mauerkrone hinweg. Unten angekommen trottete er zügig von dannen. Baldrokk blickte sich verwirrt um und erblickte überall das gleiche Schauspiel. Trolle lösten sich von ihren Gegnern, teilweise schulterten sie sogar ihre verletzten oder tot geglaubten Kameraden und flohen vom Schlachtfeld. Geradewegs in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Was hat das zu bedeuten?«, kam ihm Furran fragend entgegen. Die sonst strahlende Rüstung des Schildwächters war blutbefleckt und wies an mehreren Stellen tiefe Dellen auf, doch Furran schien unverletzt.
»Ich hab keinen Schimmer«, gestand Baldrokk. »Sie hatten uns doch bei den Eiern, oder nicht?«
Furran nickte grimmig. »Wir haben gut ausgeteilt, aber die Ersten von denen wuchsen schon wieder zusammen.«
Baldrokk schüttelte sich vor Ekel. »Wie viele Verluste?«
»Mehr als zwei Dutzend«, sagte Furran leise und blickte traurig zu Boden. Das Echo seines Drachenhelms klang seltsam dumpf, als würde der Helm die Trauer seines Trägers spüren.
»Übergebt sie Magra«, ordnete Baldrokk an, »wie es sich gehört – aber macht schnell. Und dann müssen wir uns vorbereiten.«
»Was glaubst du, wann sie wiederkommen?«, fragte Furran.
»Hoffentlich nicht zu bald, mein Freund. Hoffentlich nicht zu bald.«
Sardasil
Das gleichmäßig wiederkehrende metallische Schlagen riss ihn aus seiner Dunkelheit. Wie ein müder Herzschlag, doch unerbittlich schallte es in seinen Ohren. Ein dumpfer Rhythmus, der seine Eingeweide vibrieren ließ und ihn ins Leben zurückholte.
Ein Leben, das leerer sein würde als die Dunkelheit seiner Ohnmacht.
Throndimar wusste nicht, welche Verdammnis wünschenswerter war: das ewige Nichts des Todes, die ewige Erinnerung an Nemena, die seine Ohnmacht ihm brachte, oder die Qual des wachen Bewusstseins.
Er fand keine Antwort, doch die Götter hatten ihm die Entscheidung abgenommen. Er war bei Sinnen, wusste, was er verloren hatte und dass er es niemals wiederfinden könnte.
Seine Lider wollten sich öffnen, doch er sträubte sich dagegen, wollte weiter in der relativen Sicherheit seines geistigen Gefängnisses bleiben. Aber da war noch etwas anderes in ihm. Ein Funke glomm in seinem Herzen auf und entzündete ein Feuer.
Ein Feuer, das bald heller brannte als die Sonne, drohte ihn zu verzehren. Ein Feuer, das seinen innigsten und einzigen verbliebenen Wunsch widerspiegelte.
Rache!
»Du bist wach.« Unlar unterbrach das Hämmern für einen kurzen Moment und blickte zu Throndimar herüber.
»Schon eine Weile«, erwiderte er langsam. »Ich …«
»Du wolltest die Augen nicht öffnen«, ergänzte der Schmied leise.
»Ich konnte einfach nicht«, gestand Throndimar und Tränen sammelten sich in seinen Augen. »So konnte ich sie … noch für einen kurzen Augenblick länger … festhalten. Nemena …« Seine Stimme brach in einem Schluchzen.
Unlar stellte sein Hämmern nun vollends ein und schwere Schritte näherten sich Throndimars Lager. »Sie ist tot. Du lebst. Es ist eine einfache und harte Wahrheit, Junge. Ein Dazwischen gibt es nicht.«
»Schwarz und Weiß«, flüsterte Throndimar.
Unlar nickte. »So kann man es sehen. Nemena wird dir fehlen, jeden Tag, glaub mir.«
»Wie kann man das ertragen?«
»Du machst weiter«, sagte Unlar leise, aber bestimmt. »Jeden Tag von Neuem.«
»Wie dein Hammerschlag?«, fragte Throndimar.
»Es vertreibt die Bilder aus meinem Kopf«, gestand der Schmied. »Auch wenn ich sie nun schon so viele Jahre in mir trage, sie quälen mich noch wie am ersten Tag. Aber das hier«, er präsentierte sein jüngstes Arbeitsstück, »lenkt mich ab. Lässt mich all meine Trauer und meine Wut zu etwas Sinnvollem formen.«
»Meinen Zorn in etwas Sinnvolles verwandeln …«, wiederholte Throndimar tonlos. »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte er schließlich.
»Acht Tage.«
»Wir sind in deiner Schmiede«,
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