Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
Gleichzeitig wartet in meinem Büro eine junge Chinesin, die schwanger von ebendiesem Jungen ist. Und beide wissen, dass es Ihr Sohn war, der ihnen diesen geliebten Menschen weggenommen hat. Daran kommen Sie nicht vorbei.«
Mick warf die rote Aktenmappe vor Zaho Tian auf den Tisch und war vom Ergebnis selbst überrascht. Aus der Mappe quollen etliche Fotos hervor. Die meisten zeigten die Gesichter junger Chinesinnen, doch es waren auch wenig appetitliche Detailaufnahmen dabei, die Narben, Hämatome und andere stumme Zeugen von Misshandlungen zeigten. Die FKS hatte die von Tanja angeleierte Razzia wohl schon durchgeführt. Umso besser. Dokumentierten die Fotos des Erkennungsdienstes doch eindringlich, welche Schicksale sich hinter den nackten Zahlen verbargen.
»Und wenn Ihnen ein Mord noch nicht reicht, schauen Sie sich vielleicht einfach mal an, womit Ihr Prachtbursche sein Geld wirklich verdient.«
»Ist das gut oder schlecht, wenn es so lange dauert?«
Li-Zi wusste auf Micks Frage auch keine rechte Antwort. Fakt war nur, dass Zaho Tian nun schon bald eine Stunde allein im Beobachtungsraum verbracht hatte. Während die chinesische Delegation dies mit asiatischer Langmut aufnahm, machte sich unter Mick, Andreas, aber auch Tanja zusehends High-Noon -Stimmung breit. Immer wieder schauten sie den langen Gang hinunter und warteten darauf, dass sich die Tür des Beobachtungsraums endlich öffnete.
Mailin hatte sich auch in Micks Abwesenheit zu keiner Aussage durchringen können. Sie standen also allesamt mit heruntergelassenen Hosen da, denn ohne Zeugenaussage würde es beinahe unmöglich werden, Akuma den Mord nachzuweisen.
Was dessen Beteiligung am Menschenhandel anging, sah es dank der schnell erfolgten Razzia etwas besser aus. Aber wenn die dabei festgesetzten Mädchen ebenfalls lieber schwiegen, als gegen den Diplomatensohn auszusagen, dürfte es auch hier schwer werden, Akuma wirklich nachzuweisen, was er ihnen angetan hatte. Straftatbestände wie Zwangsarbeit, Freiheitsberaubung, Prostitution und mehrfache Körperverletzung ließen sich ohne Zeugenaussagen nun mal nicht so leicht beweisen.
Es war wirklich zum Verrücktwerden. Jeder wusste, was für ein dreckiger Reissack Akuma war, und doch stand auf Messers Schneide, ob sie ihn drankriegten oder er dank seines Vaters mit einem blauen Auge davonkam. Für einen Moment musste Mick wieder an Willi Albrecht denken, den man mittlerweile unter der Auflage, sich verfügbar zu halten, nach Hause geschickt hatte. Er hatte das Recht in die eigene Hand nehmen wollen, und Mick und Andreas hatten ihn daran gehindert. Aus gutem Grund. Aber wenn Akuma wirklich mit Hilfe seines einflussreichen Vaters davonkam, dürfte es schwer werden, das dem alten Mann zu erklären. Denn mit Gerechtigkeit hatte das alles dann wirklich nichts mehr …
Mick wurde in seinen Gedanken unterbrochen, als sich die Tür des Beobachtungsraums endlich öffnete und Zaho Tian herauskam. Mick wunderte sich. Auch wenn man Chinesen ja eine chronische Jugendlichkeit unterstellte, sah Zaho Tian aus, als wäre er in der letzten Stunde um Jahre gealtert.
Jetzt erhob sich auch die chinesische Delegation und bewegte sich auf den Diplomaten zu. Allen voran der junge gegelte Anwalt, der sich anschickte, auf seinen Dienstherrn einzureden. Er verstummte jedoch sofort, als der Alte ihn mit zwei wenig freundlich klingenden Worten zurechtwies. Mick hob die Augenbrauen. Er verstand nicht viel von chinesischen Umgangsformen, aber mit der so oft zitierten Freundlichkeit im Land des Lächelns hatte der Anpfiff grad herzlich wenig zu tun gehabt. Die Delegation hielt nun gebührend Abstand, und Zaho Tian kam auf Mick, Andreas, Li-Zi und Tanja zu.
»Ich danke Ihnen für Ihre Geduld«, richtete er schließlich das Wort an Tanja. »Ich muss Sie aber gleich um einen weiteren Gefallen bitten.« Zaho Tians Blick streifte Mick. »Ihr Mitarbeiter beschuldigt meinen Sohn des Mordes und behauptet, es gäbe für dieses Verbrechen eine Zeugin. Da es sich dabei anscheinend um eine chinesische Staatsbürgerin handelt, die mit Botschaftspapieren eingereist ist, möchte ich von meinem Recht Gebrauch machen, mit ihr zu sprechen.«
Tanjas Miene verfinsterte sich. »Herr Zaho, die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, und die Aussage der Zeugin ist noch nicht protokolliert. Ich bezweifle daher, dass ich Ihrem Wunsch jetzt schon entsprechen kann.«
Das musste man Tanja lassen. Eine Duckmäuserin war sie wirklich nicht, und Mick
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