Bob und wie er die Welt sieht
Flyer hatten bestimmt dazu beigetragen. Es gab einen Twitter-Account mit etwa hundert »Followern«, aber auch das erklärte nicht die Innigkeit, mit der Bob und ich von den Menschen umarmt und angenommen wurden.
Dieser Abend war der erste Hinweis darauf, dass hier etwas ganz Besonderes passierte.
Als die englische Ausgabe A Streetcat named Bob zwei Tage später auf den Markt kam, schien die Geschichte einen Nerv zu treffen und wurde, wie es die Times beschrieb, »eine sofortige Bestseller-Biografie«. Schon am ersten Wochenende nach der Veröffentlichung war unser Buch auf der Bestsellerliste – und blieb dort fast ein ganzes Jahr, die meiste Zeit auf Platz eins. Ich kaufte mir jeden Sonntag eine Zeitung und sah mir kopfschüttelnd die neue Liste an. Warum war das Buch so beliebt? Was an unserer Geschichte bewegte die Menschen so sehr?
Irgendwann gab ich es auf, das Geheimnis lüften zu wollen. Es war ein Wunder, das sich noch weiter ausbreitete. Denn unser Buch fand auch Anklang in anderen Ländern. Nach meinem letzten Stand ist das Buch in 29 andere Sprachen übersetzt worden. Aus A Streetcat Named Bob wurde in Italien A Spasso Con Bob (Ein Spaziergang mit Bob). In Portugal war es Minha Historia Con Bob (Meine Geschichte mit Bob) und in Deutschland heißt das Buch Bob, der Streuner . Offenbar hatte unsere Geschichte einen universellen Reiz. Sie fand in vielen Sprachen und Ländern Anklang. Die Menschen liebten das Buch, und vor allem waren sie alle gleichermaßen verrückt nach Bob.
Ob wir wollten oder nicht, wir wurden behandelt wie Prominente und mussten in vielen Radio- und Fernsehprogrammen auftreten, um über unser Buch und seine Beliebtheit zu sprechen. Das war schwierig, und der eine Nachmittag Medientraining hatte mich darauf nicht vorbereitet, wie sich gleich bei unserem ersten wichtigen TV -Auftritt im Frühstücksfernsehen der BBC zeigte. Schon als ich im Studio in West London ankam, war ich ein Nervenbündel. Ich hatte große Angst, dass Bob wegen der grellen Lichter oder der ungewohnten Umgebung ausflippen könnte. Aber er benahm sich wie ein Vollprofi, saß völlig entspannt auf der Couch und betrachtete uns auf dem Monitor, der vor ihm stand. Mit seiner coolen Natürlichkeit war er der Star der Show, und er wiederholte den »High five«-Trick etliche Male für die Moderatoren, die ihm schnell genauso verfallen waren wie alle seine Bewunderer. Dieses Phänomen wiederholte sich in sämtlichen anderen Sendungen und bei allen Dreharbeiten.
Wohin wir auch kamen, die Fragen waren immer dieselben. Vor allem wollte jeder wissen, wie der Erfolg des Buches unser Leben verändert hatte.
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Die gravierendste Veränderung war, dass Bob und ich uns nicht mehr den Gefahren der Arbeit auf der Straße aussetzen mussten. Es dauerte natürlich eine Weile, bis sich der finanzielle Erfolg auch für uns auszahlte. Deshalb habe ich noch ein paar Monate weiter als Straßenmusiker gearbeitet. Aber bald konnten wir unsere Arbeitstage reduzieren. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, morgens in dem Bewusstsein aufzuwachen, dass wir Kälte und Regen nicht mehr um jeden Preis trotzen mussten. Kein täglicher Existenzkampf mehr und keine stille Verzweiflung, die ich täglich auf dem Weg nach Angel oder Covent Garden unterdrückt hatte.
Ein kleiner Teil von uns würde die guten Zeiten dort trotzdem vermissen. Du kannst den Straßenmusiker von der Straße holen … Bob hat die Aufmerksamkeit von Touristen und Passanten immer sehr genossen. Deshalb sind wir bei schönem Wetter noch öfter nach Covent Garden gefahren. Mit dem Unterschied, dass wir nun Spenden sammelten, um anderen zu helfen.
Seit Anfang 2013 arbeiten wir als Spendensammler für die britische Tierschutzorganisation Blue Cross: online, durch öffentliche Auftritte und bei unseren gelegentlichen Ausflügen zum Gitarrespielen in Covent Garden. In der ersten Woche gingen mit unserer Hilfe fast 5000 Pfund Spenden ein. Es war ein gutes Gefühl, endlich etwas zurückgeben zu können. Die Tierambulanz des Blue Cross in Islington Green war immer für uns da. Sie haben uns so oft geholfen.
Dass Bob in mein Leben getreten war, konnte ich mir immer nur mit Karma erklären. Irgendwann in meinem Leben hatte ich wohl etwas Gutes getan, und er war meine Belohnung. Als Pate des Blue Cross konnte ich nun deren Hilfe zurückgeben und damit den Karma-Fluss aufrechterhalten. Demnächst möchte ich das Gleiche für Hilfsorganisationen tun, die sich um Obdachlose kümmern.
Fast
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