Bob und wie er die Welt sieht
angestellt, um zu bezahlen.
Und sie hielten alle unser Buch in der Hand.
Alan, der Geschäftsführer der Filiale, führte mich nach oben in den Aufenthaltsraum des Personals, wo ich auf den Beginn der Veranstaltung warten konnte. Er sah mir wohl an, wie nervös ich war. »Magst du ein Glas Wein? Und Bob vielleicht ein Schälchen Milch? Entspannt euch noch ein bisschen, bevor es losgeht.« Der Mann hatte leicht reden.
Sollte ich einen klaren Kopf bewahren oder mir etwas Mut antrinken? Ich entschied mich für Ersteres. Das Glas Wein reservierte ich mir für danach.
Belle, Mary, Garry und ein paar Leute vom Verlag waren da, um mir Glück zu wünschen. Auf einem Tisch lag ein Stapel Bücher, die ich für den allgemeinen Verkauf unterschreiben sollte. Jemand hatte die nette Idee gehabt, einen Stempel in Form eines Pfotenabdrucks zu besorgen. Ich machte mich an die Arbeit und unterschrieb die vorgelegten Bücher. Belle verzierte mein Gekrakel mit Bobs Pfotenabdruck. Es waren mindestens zwei Dutzend Bücher, die man uns hingelegt hatte. Glaubten die wirklich, dass sich so viele Exemplare verkaufen würden?
Die Mitarbeiter der Buchhandlung waren da sehr optimistisch. Irgendwann kam eine von ihnen herein und verkündete mit breitem Grinsen: »Sie reicht bis ans Ende der Straße.«
»Wer ›sie‹?«, fragte ich verständnislos.
»Die Schlange. Die Leute, die euch sehen wollen, stehen bis ans Ende der Straße und auch noch um die Ecke. Mindestens hundert, und ständig kommen neue dazu.«
Ich war sprachlos. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Neben mir war ein offenes Fenster. Einen Moment lang dachte ich daran, hinauszuklettern, die Regenrinne hinunterzurutschen und wegzurennen.
Kurz vor sechs Uhr setzte ich Bob auf meine Schulter, und wir machten uns auf den Weg zurück in den Verkaufsraum. Auf dem Treppenabsatz kniete ich mich hin und spähte hinunter ins Erdgeschoss. Mit blieb die Luft weg. Der Laden war gerammelt voll.
Sie hatten einen Tisch voller Bücher vorbereitet, hinter dem ich mit Bob Platz nehmen sollte. Eine unüberschaubar lange Schlange von Menschen wartete darauf, an diesen Tisch zu treten. Die Leute standen entlang der Bücherregale bis zum Eingang und hinaus in die Dunkelheit dieses kalten Märzabends. Es waren unglaublich viele. Auf der anderen Seite des Ladens hatte sich eine zweite Schlange an der Kasse gebildet. Sie alle hatten mein Buch in der Hand, um es zu kaufen. Auch mehrere Fotografen und ein Kamerateam waren da.
Es war alles vollkommen unwirklich, eine fast außerkörperliche Erfahrung. Noch konnte uns keiner sehen, aber als wir die letzten Stufen in den Verkaufsraum hinunterstiegen, ging ein Blitzlichtgewitter los und die Fotografen brüllten: »Bob, Bob, schau hierher, Bob!«
Die Leute in der Buchhandlung klatschten, und ein paar jubelten sogar.
Die vergangenen Jahre mit Bob auf der Straße hatten mich gelehrt, immer auf alles gefasst zu sein. Wir sind anpassungsfähig, flexibel und immer offen für Veränderungen. Aber in diesem Moment betraten wir absolutes Neuland.
Klar war nur eines: Wir hatten zu viel durchgemacht, um diese Chance nicht zu ergreifen. Mit ein bisschen Glück könnte … nur ganz vielleicht … unsere Zeit auf der Straße bald vorbei sein. Ein neuer Lebensabschnitt lag zum Greifen nah vor uns, wie auf einem Präsentierteller.
»Los geht’s, Bob«, flüsterte ich ihm zu und streichelte ihm über Kopf und Rücken. Dabei atmete ich tief durch: »Jetzt gibt es kein Zurück mehr.«
Epilog
Für immer
D ieser Abend im März 2012 war höchstwahrscheinlich der wichtigste Abend in meinem Leben. Danach gab es keinen Zweifel mehr: Das Buch war tatsächlich der lang ersehnte Neuanfang für mich und Bob. Diese Signierstunde in Islington war so erfolgreich, wie ich es in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet hätte. Paul McCartney war zwar nicht gekommen, aber über dreihundert andere Menschen. Der Andrang hatte alle überrascht, auch die Buchhandlung, deren Vorrat von zweihundert Büchern bereits nach einer halben Stunde ausverkauft war.
»So viel zu meiner Voraussage, dass ihr höchstens ein halbes Dutzend Bücher verkaufen werdet«, wandte ich mich glücklich an Alan, den Geschäftsführer, als ich drei Stunden später nach vielen Unterschriften und diversen Interviews endlich das Glas Wein in der Hand hielt, das er mir versprochen hatte.
An diesem Abend verstand niemand, warum wir so viele Menschen hinter dem Ofen hervorgelockt hatten. Die Pressearbeit und die
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