Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Halbschlaf kann ich keinen klaren Gedanken fassen: „Was fragt man denn so eine Maid? Worauf muss ich denn achten? Ich habe doch noch nie eine Hausangestellte gehabt! Und Du musst unbedingt beim Gespräch dabei sein!“ Dies natürlich an die Adresse meines Göttergatten. Soll er nur wagen, mich in dieser schweren Minute allein zu lassen!
Clara entpuppt sich als erfahrene Maid, welche die Sache in die Hand nimmt und uns unerfahrene potentielle Arbeitgeber durch das
Gespräch lotst. Wir einigen uns rasch und haben am Ende das
Gefühl, eine wahre Perle gefunden zu haben. Ich kann es kaum erwarten, mein neues Leben anzutreten – ich meine, hey, eine Haushälterin!
Bald darauf verlassen wir alle zusammen das Anwesen durch ein elektrisch angetriebenes rollendes Tor. Nun sind die Nachbarsvillen nicht mehr erkennbar, denn es ist stockfinster. Keine einzige Strassenlaterne, kein Licht brennt! Wir bewundern dafür die Milchstrasse, die man in der Finsternis problemlos ohne Teleskop erkennen kann.
Das Restaurant, das Carmen und Urs für das gemeinsame Nachtessen ausgesucht haben, soll uns auf Johannesburg einstimmen: Im Innenhof der shopping mall Melrose Arch gelegen, pflegt das „Moyo“ einen edel-afrikanischen Stil. Die Angestellten tragen exotisches Tuch und Malereien im Gesicht, und die Speisekarte führt Gerichte des ganzen Kontinentes auf. Ich entscheide mich für Bobotije , einen warm gewürzten Hackfleisch-Auflauf aus der kap-malayischen Küche.
Dann machen wir die Bekanntschaft von zwei wunderschönen afrikanischen Prinzessinnen, soweit sich das aus ihren Kleidern und ihrem Schmuck schliessen lässt. Sie nähern sich wie die Könige aus dem Morgenland, allerdings entpuppen sich die vermeintlichen Geschenke als Wasserkrug und Schüssel, mittels denen wir uns die Hände waschen können.
Ohne Lukas’ oder mein Zutun wendet sich das Gespräch an unserem Tisch unserem geplanten Wohnort zu.
„Hört mal, Ihr wollt doch nicht im Ernst in Dainfern wohnen? Dort residiert die chinesische Mafia!“
„Und die haben ein Fliegenproblem!“
“Und dort wohnen Spinner, die den Estate überhaupt nie verlassen!“
Höflich, aber überzeugend müssen wir nun glaubhaft machen, dass wir weniger Angst davor haben, von chinesischen Fliegen verspeist zu werden, als in stockdunkler Nacht von einem schwarz gekleideten Räuber am Haustor überfallen zu werden.
Wir scheinen nicht sehr überzeugend zu sein, doch vielleicht sind die Meinungen auch einfach bereits gefestigt. Carmen war schon einmal in Dainfern an einem Kindergeburtstag, Urs noch nie. Zum Glück erlöst uns das Essen. Wir nutzen die Gelegenheit, um enthusiastisch Fragen über die afrikanische Küche zu stellen.
Annette, die Maklerin, führt uns am nächsten Nachmittag zu einer Kinderkrippe, die im Estate liegt und offenbar vor nur zwei Wochen ihre Pforten geöffnet hat. Auf unser mehrmaliges besorgtes Nachfragen wird uns versichert, dass sie Plätze für unsere beiden Jungs hat. Glücklich leisten wir unsere Anzahlung – Wir haben bereits eine Maid, und jetzt sogar noch Krippenplätze für die Jungs, Mission schon fast erfüllt!
Unsere letzte Aufgabe, ein Haus zu mieten, erledigt sich am nächsten Morgen. Nach langen Diskussionen und nervtötendem Abwägen haben wir uns für ein Haus im toskanischen Stil entschieden. Der Mietvertrag wird gleich unterschrieben, und so haben wir vor unserem Rückflug noch ein paar Stunden, um dem shopping zu frönen.
Natürlich ist Einkaufen mit Lukas nicht das, was es sonst für mich ist. An diesem Tag zum Beispiel verbringen wir endlose Stunden vor Weingestellen und mit der Nase in einem Weinführer, weil wir für unsere Abschiedsparty südafrikanischen Wein heimbringen wollen und sich Lukas einfach nicht entscheiden kann. Ich mache mir nicht viel aus Alkohol, nur ab und zu geniesse ich ein Glas Weisswein. Den suche ich der Einfachheit halber nach der Attraktivität des Etiketts aus. Mein Favorit ist eine Flasche mit einer Art modern gestalteter Giraffe drauf. Für Lukas ist das aber leider kein Kriterium; seine Auswahl dauert ewig. In jeder Damenabteilung im Kaufhaus gibt es bequeme Sessel für müde Ehemänner, aber natürlich denkt beim Weinkauf keiner an die gelangweilte Ehefrau und deren geplagte
Füsse!
Zum Glück weiss ich da noch nicht, was ein paar Stunden später kommen wird, dass ich nämlich besagte Weinflaschen durch den ganzen Flughafen werde schleppen müssen! Nach dieser Plackerei fühlt sich der nächtliche
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