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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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    Die Sonne wurde von den Aluminiumbänken reflektiert und ihre Wärme schien sich von den Füßen aufwärts in meinem ganzen Körper auszubreiten, während ich neben Nakita auf der Tribüne stand und Josh anfeuerte. Er machte bei einem Crosslauf mit und das letzte Stück führte über die Laufbahn um den Sportplatz. Die vordersten drei Läufer legten bereits an Geschwindigkeit für die letzten hundert Meter zu. Josh war ganz vorne, aber der Typ hinter ihm hatte sich auch noch ein bisschen Kraft für den Endspurt aufgespart.
    »Los, Josh! Lauf! Lauf!«, schrie Nakita und ich ließ überrascht die Kamera sinken und sah sie an. Nakita war ein schwarzer Todesengel und mochte Josh eigentlich nicht besonders - einmal hatte sie ihn sogar beinahe umgebracht. Und ein solcher Begeisterungssturm war sowieso ziemlich untypisch für sie. Ihr sonst so bleiches Gesicht war gerötet und ihre normalerweise blassblauen Augen leuchteten, als sie sich vorbeugte und die Finger in den Maschendrahtzaun krallte, der uns vom Sportplatz trennte. Sie trug ein rosafarbenes Top und passenden Nagellack, um ihre von Natur aus schwarzen Fingernägel zu überdecken. Offene Sandalen und eine Caprihose vervollständigten ihr Outfit und sie sah kein bisschen so aus, wie man sich einen schwarzen Todesengel vorgestellt hätte, dessen Job es war, verlorene Seelen niederzustrecken.
    Meine Klamotten waren - zumindest für meine Verhältnisse - heute eher unauffällig: Jeans und ein schwarzes Spitzentop. Meine Haare, die mir knapp bis über die Ohren reichten, hatten noch immer ihre lila Spitzen und ich trug nach wie vor meine coolen gelben Sneakers mit neuen schwarzen Totenkopf-Schnürsenkeln. Sie passten wunderbar zu meinen Ohrringen.
    »Er ist direkt hinter dir!«, schrie Nakita und der Kern ihres mattschwarzen Amuletts funkelte violett. Ein weiteres Anzeichen dafür, wie aufgeregt sie war. Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder dem Rennen zu, hob meine Kamera und visierte die Ziellinie an. Ich schoss ein paar Fotos für die Schülerzeitung, als Josh als Erster ins Ziel stürmte. Ein stolzes Lächeln über seinen Sieg breitete sich auf meinem Gesicht aus.
    »Er hat gewonnen! Er hat gewonnen!«, jubelte Nakita und ich keuchte auf, als sie mir um den Hals fiel und mit mir auf und ab hüpfte. Ich konnte nicht anders, als mitzumachen, und war völlig außer Puste, als ich schließlich mein Gleichgewicht wiederfand. Keiner wäre auf die Idee gekommen, dass sie ein Mitglied des himmlischen Killerkommandos war, so wie sie hier ausflippte - fast, als wäre sie Joshs Freundin. Was sie nicht war. Das war nämlich ich. Vielleicht.
    »Barnabas.« Nakita rüttelte den Todesengel am Fuß, der zwei Reihen über uns ausgestreckt auf einer Bank lag. »Josh hat gewonnen. Sag doch auch mal was!«
    Barnabas schob sich seine Baseballkappe aus dem Gesicht und blickte Nakita gelangweilt an. »Jippie«, sagte er spöttisch, dann zog er seine langen Beine zu sich heran und setzte sich auf. Barnabas gehörte ebenfalls meinem mir unterstellten Team von schwarzen Todesengeln an. Allerdings war er zuvor jahrtausendelang ein weißer Todesengel gewesen und hatte es noch nicht ganz verwunden, jetzt für die dunkle Seite arbeiten zu müssen. Er blinzelte in die Sonne. »Madison, du wolltest doch, dass ich heute mit dir übe, die Resonanz deines Amuletts zu verbergen.«
    Ich verzog das Gesicht und sah auf den pechschwarzen Stein hinunter, der in seiner Fassung aus Silberdraht um meinen Hals hing. Mein Amulett verlieh mir die handfeste Illusion eines Körpers und schirmte mich vor Schwarzflügeln ab; es hielt meine Verbindung mit dem Göttlichen aufrecht. Und obendrein konnte es auch noch singen. Oder so was Ähnliches zumindest. Während es meine Aura simulierte, läutete der schwarze Stein nämlich in hellen Glockentönen, die nur für himmlische Ohren wahrnehmbar waren, jeder - ob Freund oder Feind der wusste, worauf er lauschen musste, konnte mich auf diese Weise in weniger als einer Sekunde ausfindig machen. Was zu einem Problem werden konnte, wenn ich mal wieder unterwegs war, um meine Leute davon abzuhalten, jemanden umzubringen. Und fast noch schlimmer als das Morden meiner schwarzen Todesengel war, wenn uns ein weißer Todesengel bei der Arbeit dazwischenfunkte. Darum musste ich lernen, die Resonanz meines Amuletts zu verbergen. Aber natürlich erst, nachdem ich mit Josh gebührend seinen Sieg gefeiert hatte.
    »Das kann doch wohl bis später warten«, widersprach Nakita

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