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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Schlüsselbundes Zutritt zum Gelände des Segelklubs. Mit ein paar weiteren Schlüsseln kam er hinaus auf den Anleger.
    Er konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Er stand schon nah bei seinem Hummelbosegler, bevor er ihn überhaupt erkannte. Jedesmal der gleiche kleine Schub von Freude und Stolz. Sein Leben in einer Nußschale.
    Er kontrollierte die Schlösser. Die Kette saß, wie sie sitzen sollte, die fuchseisenähnliche Falle lag an ihrem Platz. Er ging auf die Knie, beugte sich nach vorn und ließ seine Hand über den blankpolierten Bug gleiten. Was für ein Genuß.
    Er beugte sich noch etwas weiter vor und ließ seine Hand am Bug entlang bis zur Wasseroberfläche gleiten. Er bekam etwas in die Hand. Der ungeheuer dichte Regen verhinderte, daß er es genau erkennen konnte. Klebrig. Wie Tang. Er holte den Bootshaken.
    Tang? Er hatte ja gerade erst morgens den Bug von Tang befreit.
    Er hob das Tangbüschel mit dem Haken an und griff mit der freien Hand zu, weil das Gewicht erheblich war. Und starrte in ein Paar offene Augen.
    Auf der Stelle ließ er den Körper fallen und stieß einen Schrei aus.
    Während die Leiche zurück ins Wasser glitt, ertappte er sich dabei, daß er sich über die beiden kleinen roten Löcher in dem blaßweißen Hals wunderte.
    Vampire auf Lidingö?

17
     
    Viggo Norlander war wieder zum Deppendienst abkommandiert, aber erst jetzt begriff er, daß es absolut nichts mit Blödheit zu tun hatte. Ganz im Gegenteil, es war eine wichtige Tätigkeit, und man hatte ihn wegen seiner Tüchtigkeit dorthin beordert.
    Er war schon vor der Leiche in der Pathologie, was ihm sehr verdienstvoll erschien. Allerdings war er dort nicht allein.
    Er begriff nicht ganz, wie es dazu gekommen war, aber mehrere der Besucher dieses unangenehmen Vormittags waren schon da, und er tat sein Bestes, um die erhitzten Gemüter zu beschwichtigen.
    Da war das Ehepaar Johnsson, das es nicht lassen konnte, davon zu träumen, den Schwiegersohn in der Pathologie des Karolinenkrankenhauses zu finden, statt in seinem Harem in Bahrein. Da war eine neue Pflegerin mit dem alten Flößer Egil Högberg, der ununterbrochen »mein Sohn, mein Sohn« murmelte. Und da war Justine Lindberger, die junge Frau aus dem Außenministerium, die ihren abwesenden Gatten so heftig vermißte.
    Als der alte Kauz Sigvart Qvarfordt aus dem widerwärtigen Nest des Kühlraums herauslugte und Norlander kurz zunickte, hatte dieser schon beschlossen, Justine Lindberger als erste zu nehmen. Sie hatte sich nach dem morgendlichen Zusammenbruch offensichtlich erholt, aber Norlander hatte dennoch dafür gesorgt, daß medizinisches Personal in der Nähe war.
    Er führte sie behutsam in den Kühlraum. Im Unterschied zu dem Nichtidentifizierten vom Freihafen hatte man die neue Leiche noch nicht in einer Kühlbox untergebracht, sondern sie lag, mit einem kommuneeigenen Laken bedeckt, auf einer Bahre mitten im Raum. Qvarfordt war dageblieben, um darüber zu wachen, daß sein zukünftiges Arbeitsmaterial nicht zu Schaden kam, und er war es, der das Laken für Justine Lindberger lüftete.
    Der neu angekommene Tote war fast so jung wie der Nichtidentifizierte. Sein dunkles Haar stand in gespenstischem Kontrast zu dem weißblauen Gesicht, das vom Wasser leicht aufgedunsen war – und er hatte zwei kleine Löcher im Hals.
    Justine Lindberger stieß einen pfeifenden Laut aus, nickte und rannte hinaus in den Flur. Das Personal vor der Tür stand bereit und fing sie auf. Bevor die Spritze, die in ihren Arm eindrang, ihre Wirkung tat, gelang es Norlander, die überflüssige Frage zu stellen: »Haben Sie den Toten erkannt?«
    »Es ist mein Mann«, sagte Justine Lindberger schwach. »Eric Lindberger.«
    Dann machte ein stoßweise ankommender Nebel Justine Lindbergers langem, furchtbarem Tag ein barmherziges Ende.

18
     
    Die Kampfleitzentrale hatte endlich ihre Anführungszeichen verloren. Das entscheidende Merkmal war das Flipchart, das den Platz hinter Hultins Katheder eingenommen hatte. Visualisierung war angesagt. Die Filzschreiber lagen da und vibrierten in den Startlöchern.
    Der Kentuckymörder war wieder am Werk. Zwei eindeutige Opfer waren im Laufe weniger Stunden zu dem ersten, wahrscheinlichen hinzugekommen. Die Dinge waren in Bewegung geraten, möglicherweise in eskalierende Bewegung.
    Es war kurz vor 21 Uhr. Alle waren zur Stelle. Niemand kam auf die Idee, sich über unpassende Arbeitszeiten zu beklagen.
    Jan–Olov Hultin zerrte an seinen Papieren herum. Dann hatte

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