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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Sekunden später der Donner kam, heftig und schwer, flossen sie wieder ineinander.
    Die Hütte lag eingezwängt zwischen Bäumen auf einem Hügel; hätten sie nicht gewußt, daß sie dort lag, hätten sie sie wahrscheinlich übersehen. Sie war klein, braun und unbeleuchtet. Nicht das geringste Lebenszeichen ging von ihr aus.                                                                                  
    Sie tasteten sich zur Tür vor, die Waffen erhoben, entsichert.
    Die Tür hatte eine Glasscheibe. In der Scheibe war ein kreisrundes Loch. Hjelm drückte lautlos den Türgriff herunter. Die Tür war verschlossen. Er streckte die Hand durch das Loch in der Glasscheibe und drehte den Schlüssel um. Dann trat er die Tür auf und stürmte hinein.
    Schon bevor Chavez den Lichtschalter gefunden hatte und das Licht sie blendete, schlug ihnen der Gestank entgegen. Sie wechselten einen Blick. Beide wußten sofort, was es war.
    Sie blickten sich kurz in der kleinen Hütte um. Ein Wohnraum mit Küchenzeile und ein winziger Schlafraum. Alles war leer, unbenutzt. Wären das Loch in der Scheibe und der Gestank nicht gewesen, hätten sie ihre Pistolen wieder weggesteckt.
    Es gab noch eine weitere Tür, genau neben dem Spülbecken. Hjelm schob sie vorsichtig auf. Eine dunkle Zementtreppe führte in den Keller. Es gab keinen Lichtschalter. Sie hielten sich dicht hintereinander und schoben sich Schritt für Schritt die Treppe hinunter.
    Sie konnten absolut nichts sehen. Jetzt waren sie unten. Der Gestank nahm zu.
    Sie tasteten sich an den eiskalten Steinwänden entlang. Schließlich fand Chavez einen Lichtschalter.
    Eine nackte, schwache Birne an der Decke leuchtete auf.
    Auf einem Stuhl saß Andreas Gallano.
    Er starrte sie an. Der wortlose Schmerz hatte sich in seinem Blick verfestigt.                                                          
    In seinem nackten Hals waren zwei kleine Löcher.
    Sie waren oben im Wohnraum. Hjelm saß auf dem Boden. Seine Hand zitterte, als er auf dem Handy Hultins Nummer tippte. Chavez beugte sich über das Spülbecken und ließ Wasser über sein Gesicht laufen. Beide hielten noch immer die Dienstwaffen in der Hand.
    Chavez starrte hinaus in die tosende Dunkelheit. Ein Blitz erhellte den Wald, der schrecklich gleichgültig aussah.
    Er setzte sich neben Hjelm. Der Donner krachte. Er rutschte etwas näher. Hjelm bewegte sich nicht. Ihre Schultern rieben aneinander. Das war notwendig.
    Ungefähr gleichzeitig zogen sie ihre Zettel aus den Taschen und falteten sie mit einer gewissen Mühe auseinander.
    Auf Chavez' Zettel stand: »Leiche mit Löchern im Hals.«
    Auf Hjelms Zettel stand: »Toter mit Halsperforierung.«
    Das Zusammenspiel funktionierte.

16
     
    Rentner. Er sprach das Wort probehalber ein paarmal aus, als er den Weg zum Bootshaus hinunterging. Er hatte sich noch nicht richtig daran gewöhnt.
    Ein Leben voller Aktivität. Ständig unter Dampf. Die Sitzungssäle. Die Konferenzen. Die Reisen. Der unterdrückte Jubel, wenn die Verträge unterzeichnet wurden.
    Er vermißte das alles. Es war eine Tatsache, vor der er nicht fliehen konnte.
    Jetzt gab es nur noch das Boot. Seine Frau war seit vielen Jahren tot, er erinnerte sich kaum noch an sie. Ein vages Flattern irgendwo am Rande der Landschaft des Vergangenen.
    Jetzt konzentrierte sich alles auf das Boot. Sein Stolz. Ein schöner alter Holzzweimaster der klassischen und traurigerweise vergessenen Marke Hummelbo. Baujahr 1947 und in Topform.
    Aber nur, weil er so gut gepflegt wurde.
    Zweimal am Tag ging er zum Segelhafen hinunter. Er war zum unbezahlten Wachmann des Segelklubs geworden.
    Nicht einmal das schlimmste Herbstunwetter konnte ihn abhalten. So wie jetzt sah es doch sonst normalerweise nicht aus im September? War das der berüchtigte Treibhauseffekt, der jetzt langsam sein häßliches Gesicht zeigte? Er verwarf den Gedanken – er glaubte nicht daran. Der infantile Einfall der Umweltschutzbewegung. Immer die Schuld von sich schieben. Begriffen sie denn nicht, was die Industrie und die Automobilisierung für die westliche Welt getan hatten? Wo wären sie denn selbst ohne Industrie und Autos? Und wieviel Dreck hinterließen schließlich die alten Kutter von Greenpeace?
    Aber der Herbststurm war ein Faktum. Er kämpfte sich zur Lidingöküste hinunter und verschaffte sich mit Hilfe eines robusten

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