Bombe an Bord (Haie an Bord)
gefüllt war der Klau-Blouson. Bei
jeder Bewegung schepperte es metallisch und gläsern. Den Dieb störte das nicht.
Ein Grinsen klebte auf seinem Hohlwangen-Gesicht. Er starrte vor sich hin.
Einmal rückte er an der linken, inneren Hüfttasche, wo ihn etwas zu zwicken
schien. Vielleicht versteckte er dort einen großen Kaktus mit dolchspitzen
Stacheln.
Noch eine Kundin war vor ihm, eine
junge Frau. Sie hatte einen Schnellkochtopf gekauft, und jetzt bezahlte sie mit
einem Scheck.
Nun kam der Dieb an die Reihe. Er legte
die Klarsichttüte auf den Kassentisch. Den Mini-Kaktus hielt er zwischen den
Fingern wie ein Softeis, an dem er gleich lecken wollte.
„Zehn Mark dreißig“, sagte Mausgesicht.
Mit der freien Hand fischte er das Geld
aus der Hosentasche.
Er erhielt eine Tüte, schob den Einkaufswagen
in die parkende Ansammlung der anderen und bewegte sich — rundum schwerbepackt
— zur Treppe.
„Heh, Sie!“ Tims Hand schloß sich um
einen ziemlich dünnen Oberarm. „Sie sind wohl ein Vergeßlichkeits-Künstler,
was?“
„Häh?“ Blaue Unschuldsaugen sahen ihn
an.
„Soll ich ihn vors Schienbein treten?“
erbot sich Klößchen. „Dann wird er geständig, der Schwerverbrecher.“
„Noch keine Gewalt!“ stoppte Tim seinen
Freund. „Und Sie! Was heißt häh? Sie haben was vergessen! Eine Menge haben Sie
vergessen! Eine Menge, die Sie noch bezahlen müssen. Unter Ihrer Jacke
schleppen Sie das halbe Kaufhaus raus, Sie Ladendieb.“
Einige Kunden in der Nähe waren
stehengeblieben und gafften. Mausgesicht hatte sich umgewandt, weitete die
Augen und wirkte jetzt wie eine erschreckte Waldmaus.
„Naja“, sagte der Dieb. „Ich nehme an,
du läßt mich nicht los. Hat also nicht geklappt. Sch... ade!“
„Ich... ich... rufe den Abteilungsleiter“,
schrillte Mausgesicht. „Den Herrn Blohm. Herr Blohm! O Gott, wo ist er?“
Sie sprang auf. Aber es erübrigte sich,
daß sie zum Telefon flitzte.
Blohm hatte wohl den sechsten Sinn,
oder der Zufall lenkte gerade jetzt seine Schritte hierher. Jedenfalls tauchte
er in der Gruppe auf wie der Teufel aus der Kiste und brauchte nur einen Blick,
um die Lage zu erfassen.
„Diebstahl?“ rief er. „Aha! Oder? Der
helle Wahnsinn! Millionen kostet uns das pro Jahr. Und die Gesetze sind noch
immer viel zu sanft mit den Tätern. Haben Sie ihn erwischt, Fräulein Frey?“
Fräulein Frey, das Mausgesicht, lief
rot an.
„Wir haben ihn erwischt“, sagte
Klößchen. „Uns entgeht keiner.“
Blohm kerbte Dackelfalten auf seine
Stirn. Er war ein rosiger Typ mit ziemlich viel Glatze. Er war zuständig für
TOPFPFLANZEN, HAUSHALTS- und SÜSSWAREN. Und seine Schultern fühlten sich wohl
unter der Last der Verantwortung.
„Aha!“ meinte er. „Oder? So, dann
schließen Sie jetzt Ihre Kasse, Fräulein Frey. Und kommen Sie mit! Sie!“
blaffte er den Dieb an. „Sie kommen auch mit. Keinen Widerstand. Klar? Euch“,
grinste er die TKKG-Bande an, „lade ich herzlich ein, mich zu begleiten.
Ausgezeichnet, daß ihr aufgepaßt habt. Wenn nur mein Personal so wäre! Falls
ihr eine kaufmännische Lehre an treten wollt — hier ist allemal ein Platz für
euch frei.“
„Darüber werden wir nachdenken“,
erwiderte Karl mit todernster Miene.
Blohm wandte sich um und stampfte
voraus.
Tim schob den Dieb hinterher. Seine
Freunde folgten. Fräulein Frey kam zuletzt. Sie ließ Kopf und Schultern hängen,
als wäre dies ihr letzter Gang — nämlich der zur Hinrichtung.
2. Gutscheine für Aufmerksamkeit
Blohms Büro war schmuck- und
fensterlos. An der Wand hing ein Wuhlwörs-Kalender. Auf dem Schreibtisch lagen
eine Tüte mit Fruchtbonbons und ein Stapel grüner Lieferscheine. Einziger
Vorzug dieser Bude war, daß die Sommerhitze nicht voll hereindrang.
Tim dachte sich: Bestimmt kommt Blohm
nur hierher, wenn er Frühstückspause macht — so acht bis neunmal pro Tag. Die
übrige Zeit wandelt er umher zwischen Bonbonnieren und Topfpflanzen.
Jetzt ließ Blohm sich hinter dem
Schreibtisch nieder wie weiland Napoleon, als er beschloß, Rußland zu erobern.
„So“, redete er den Dieb in
überraschend sanftem Ton an, „nun entleeren Sie mal Ihre Taschen, mein Bester!“
Der Dieb grinste und zog den
Reißverschluß auf. Dann begann er auf den Schreibtisch zu stapeln. Das wollte
und wollte nicht aufhören. Neben dem Diebesgut, das Tim gesehen hatte, kamen
zutage: fünf Tafeln Schokolade, eine Tüte Gummibärchen, zwei Pralinen-Packungen,
ein Topf Alpenveilchen, ein
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