Bombe im Bikini
Augen
schienen Löcher in meine Mitternachtsblaue zu brennen. Er kultivierte einen
dünnen Schnurrbart und hatte blitzende, perlweiße Zähne.
Er trat auf mich zu, verbeugte
sich und ergriff meine Hand. Einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete ich
schon, er werde vielleicht hineinbeißen — aber zum Glück küßte er sie nur sehr
elegant. So feine europäische Manieren sind ja eine nette Sache... nur
verderben die Leute einem hinterher wieder die ganze Freude, indem sie einen
für das Essen selbst zahlen lassen.
Der Traum richtete sich wieder
auf, gab mir meine Hand zurück und sagte: »Señorita Seidlitz? Ich bin Luis
Salazar. «
»Reizend, Sie kennenzulernen,
Mr. Salazar«, sagte ich. »Aber wenn Sie mich weiter so ansehen, gerate ich
möglicherweise in Brand .«
»Sie sind die schönste Frau,
die mir je begegnet ist«, erklärte er leidenschaftlich. »Ich werde Rio ewig
dankbar sein, daß er mir zu dem Glück verholfen hat, Ihre Bekanntschaft zu
machen .«
»Well, vielen Dank«, sagte ich.
»Ich bin ausgesprochen hungrig .«
Ich warf das so schnell und
geschickt ein, weil ich es nach diesem Auftakt durchaus für möglich hielt, daß
er gar nicht erst Zeit mit dem Lunch vergeuden wollte — auf solche Weise war
ich nämlich schon öfter ums Essen gekommen.
Wir gingen also in den
Speisesaal, nahmen Platz, und der Oberkellner scharwenzelte in einem fort um
Luis herum, was mich allmählich zur Ansicht bewog, Luis müsse ein berühmter
Mann sein. Er bestellte etwas zu trinken — Tequila hieß das Zeug —, und als ich
an meinem Glas nippte, war ich überzeugt, daß ich im nächsten Augenblick in
hellen Flammen stehen mußte. Aber da kein Mensch ringsum etwas zu bemerken
schien, mußte ich mich wohl geirrt haben.
Wir hatten die Gläser noch
nicht geleert, da kreuzte der Oberkellner erneut auf.
»Haben Sie gute Stiere fürs
nächste Mal, Luis ?« erkundigte er sich.
»Die besten«, erwiderte Luis.
»In La Punta von mir selbst ausgesucht.«
»Wunderbar !« sagte der Ober. »Es ist mir eine Ehre, einen Matador wie Luis Salazar bedienen
zu dürfen .« Dann ging er weg, und ich blieb sitzen und
starrte Luis atemlos an.
Er lächelte entschuldigend.
»Sie müssen verzeihen, Señorita. Aber das geht mir immer so, wohin ich auch
komme .«
»Sie sind Torero ?« fragte ich. »Ein richtiger Stierkämpfer?«
»Der größte in ganz Mexiko«,
antwortete er bescheiden. »Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen am nächsten
Samstag die Ohren meines ersten Stiers zu überreichen .«
»Aber doch nicht mit dem Kopf
dazwischen ?« fragte ich besorgt.
Sein Lächeln wirkte etwas
krampfhaft. »Señorita«, sagte er, »wenn ein Torero einen Stier getötet hat,
erhält er dafür einen Preis. Wenn er seine Sache gut gemacht hat, erhält er ein
Ohr — oder auch beide. Mitunter, freilich nicht oft, wenn seine Arbeit ganz
ausgezeichnet gewesen ist, dann bekommt er den Schwanz und vielleicht auch
einen Huf .«
Mir schien das Ganze reichlich
verrückt — ich meine, wer legt schon Wert auf Teile eines toten Ochsen, von
Steaks natürlich abgesehen. Aber wahrscheinlich war das eben so ein alter
mexikanischer Brauch, etwa so wie die Mantillas der Mädchen.
Wir hatten gegessen und tranken
Kaffee, da beugte sich Luis plötzlich über den Tisch und begann vertraulich zu
flüstern. Im ersten Moment dachte ich, er werde mir naheliegende Vorschläge
unterbreiten — aber da hatte ich mich geirrt.
»Señorita«, sagte er
beschwörend, »ich bin ja so froh, daß Sie hier in Mexiko City sind — ich stehe
nämlich vor einem Problem, einem sehr schwierigen Problem .«
»Sie dürfen mich Mavis nennen«,
sagte ich. »Und eine kalte Dusche sowie ein kurzer Dauerlauf morgens sollten
Sie bald von Ihrem Problem befreien .«
»Sie verstehen mich nicht, Mavis «, sagte er. »Ich habe einen Freund, einen guten
Freund — Juan Gonzales; er steckt in einer Klemme. Er steckt so tief drin, daß
er die Hilfe eines vorzüglichen Detektivs braucht. Und deshalb sind Sie der
rettende Engel, Mavis! Die Teilhaberin meines alten Freundes Johnny Rio — was
hätte mir Besseres widerfahren können ?«
Ich hätte es mir ja denken
können, daß irgendwo ein Pferdefuß zum Vorschein kommen würde — es war mal
wieder ein Beweis dafür, daß kein Mädchen auf dieser Welt umsonst zum Essen
eingeladen wird. Aber dann überlegte ich mir, daß ich im Grunde ja nur in
Urlaub gefahren war, um Johnny Rio zu beweisen, wie wichtig ich für unser
Geschäft war —
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