Bombengeschäfte
Es war ein Rüstungswettlauf von drei Staaten, die sich gegenseitig nicht grün waren. Wir haben uns daran nicht beteiligt.
Bereits 1999 haben Sie darauf hingewiesen, dass Deutschland wegen der Verkäufe von alten Waffen aus Beständen der DDR zu einem der größten Hauptlieferanten von Rüstungsgütern aufgestiegen sei, und prophezeit, wenn alle Altbestände verkauft seien, werde Deutschland ein wichtiger Lieferant von Rüstungsgütern bleiben. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?
Schmidt: Von unserem Grundsatz im Sicherheitsrat, Waffen nur an unsere Verbündeten zu liefern, wichen spätere Regierungen nach und nach ab. Das Kriegsgerät aus der alten DDR wurde von niemandem innerhalb des atlantischen Bündnisses gebraucht. Die Waffen gingen fast ausschließlich an Staaten, mit denen wir nicht verbündet waren. Dazu kommt die Effizienz von Firmen wie Heckler & Koch, die ihre Waffen an zahlreiche Staaten außerhalb des NATO-Gebiets geliefert haben. Durch Kleinwaffen von Heckler & Koch und branchengleichen Firmen sind mehr Menschen umgekommen als in Nagasaki und Hiroshima durch die Atombomben. Das Interesse deutscher Rüstungsunternehmen am Export ihrer Waffen ist durchaus legitim und verständlich. Aber wir waren entschlossen, dem nicht nachzugeben.
In Ihrem Buch „Außer Dienst“ schreiben Sie, dass die Welt im 21. Jahrhundert einer prinzipiellen Neudefinition der Rüstungsbegrenzung bedürfe. Sehen Sie auch eine Chance für eine weltweite Begrenzung konventioneller Rüstungsgüter?
Schmidt: Ich bin sehr skeptisch. Generell halte ich eine internationale Kontrolle des Handels von konventionellen Waffen für notwendig. Aber sie wird nicht kommen.
Die Vereinten Nationen versuchen mit dem Arms Trade Treaty den weltweiten Rüstungshandel stärker zu reglementieren. Wie bewerten Sie den Versuch der Vereinten Nationen, den globalen Rüstungsmarkt zu kontrollieren?
Schmidt: Maschinenpistolen und Maschinengewehre haben mehr Menschen getötet als Massenvernichtungswaffen. Es wäre dringend wünschenswert, dass die Verhandlungen zu einem Erfolg führen. Meine Erfahrung lehrt etwas anderes.
(Das Gespräch fand am 31. Mai 2012 in Hamburg statt.)
EINLEITUNG
Das Geschäft mit dem Tod
„Es sind nicht Waffen, die töten, sondern Menschen“. Diesen Spruch hört man oft in der Welt der Waffen. Ihn verwenden Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie ebenso wie Michail Kalaschnikow, der Erfinder der legendären AK-47. Menschen, die ihr Geld mit Rüstungsgütern verdienen, tun oft so, als unterschieden sich ihre „Produkte“ nicht wesentlich von Bohrmaschinen oder Staubsaugern. „Sie können auch mit einem Küchenmesser jemanden töten“, sagte ein Rüstungslobbyist in Berlin im vertraulichen Gespräch. Ein ganz ähnliches Argument bemühte bereits der CSU-Politiker Erich Riedl, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, bei einer Parlamentsdebatte über Rüstungsexporte im Jahr 1989: „Sie können auch mit einer Säge oder mit einem Hammer jemanden umbringen, ohne dass die Hersteller der Säge oder des Hammers dafür verantwortlich gemacht werden können.“
Im Gegensatz zu harmlosen Werkzeugen sind Kriegswaffen aber sehr wohl zum Töten entwickelt worden. Und die Waffenhersteller wissen, dass auch sie in der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht werden können, wenn mexikanische Soldaten mit deutschen Gewehren unbewaffnete Studenten erschießen, wenn libysche Streitkräfte ihre Panzer mit deutschen Sattelschleppern in die Nähe von Rebellenstädten bringen oder wenn saudische Kampfjets, die teilweise in der Bundesrepublik produziert wurden, Aufständische im Jemen bombardieren.
Auch deswegen sprechen die Waffenschmieden ungern über Rüstungsexporte und so gut wie nie über den Einsatz ihrer Waffen im Krieg, bei der Niederschlagung von Aufständen oder gar bei Völkermorden. Auch die Bundesregierung, die jeden Rüstungsexport ins Ausland genehmigen muss, schweigt meist strikt zu diesem Thema. Sie behauptet, dass deutsche Waffen nicht in Spannungsgebiete geliefert werden und dass die Menschenrechte ein wichtiges Kriterium bei der Genehmigung von Rüstungsexporten sind. Ein Blick auf die Liste der Empfänger von deutschem Kriegsgerät zeigt, dass beides nicht stimmt: Pakistan, Irak, Saudi-Arabien, Südkorea, Bahrain und zahlreiche andere Länder, die in Spannungsgebieten liegen oder in denen Despoten sich mit brutalen Methoden an die Macht klammern, gehören zu den Kunden der deutschen
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