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Bone 02 - Das Ende des Himmels

Bone 02 - Das Ende des Himmels

Titel: Bone 02 - Das Ende des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O´Guilín
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mehr als Häuptling, sondern nur noch als kleiner Junge.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    »Du wolltest nicht zu nahe am Kriegsschiff anhalten. Dort würde man uns erwarten.«
    »Richtig. Du kannst hinausgehen. Ich frage mich nur … wo all die Menschen sind?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich werde mich umschauen. Ich werde ein paar Dutzend Herzschläge lang neben dem Wagen warten, und wenn ich das Gefühl habe, müde zu werden, lässt du mich wieder herein.«
    Sie nickte.
    Sobald sich die Tür zischend hinter ihm geschlossen hatte, nahm er einen tiefen Atemzug. Die Luft roch tatsächlich eigenartig. Wie Metall auf der Zunge. Aber er fühlte sich nicht schläfrig. Im Gegenteil, erst jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr er die großen Menschenmengen verabscheute, wie nahe er einem Zusammenbruch gewesen war. Der Anblick eines leeren Korridors genau vor ihm ließ ihn lächeln. Das Einzige, was sich auf dem Bahnsteig seltsam anfühlte, war ein leichtes Zittern, das er durch die Fußsohlen spürte. Es war, als hätte das Dach einen Puls, den er nie zuvor bemerkt hatte, doch wie bei einem Sterbenden, schwach und unregelmäßig. Er zuckte mit den Schultern. Vielleicht konnte Indrani sagen, was das bedeutete. Er winkte ihr zu. »Ich kann gut atmen«, rief er ihr zu. Er wollte, dass sie sich beeilte, weil er dringend etwas trinken musste.
    Kurz darauf stand sie neben ihm. Dann drehten sich beide um und sahen zu, wie der Wagen die Türen schloss und davonraste.
    »Jetzt sitzen wir hier fest«, sagte sie. »Komm. Wir brauchen einen Korridor, der nach Norden führt.«
    Was auch immer das bedeutete.
    Stolperzunge folgte ihr in einen Durchgang, der genauso leer und unheimlich war wie die Station. Außerdem war er länger als alle anderen Korridore, die er bislang gesehen hatte. Tiere schlängelten sich die Wände entlang. Einige fraßen ihre eigenen schuppigen Schwänze.
    »Dieser Weg ist ewig lang!«, sagte er. »Ich kann keine Abzweigungen erkennen!« Die Wände, der Boden und die Decke des Korridors liefen an einem Punkt zusammen, und alle Türen an den Seiten waren geschlossen. Keine wollte sich auf Indranis Anweisung hin öffnen.
    »Die Räume wurden nicht planlos verlassen, sondern verriegelt«, sagte sie. »Entweder sind die Menschen noch drinnen, oder sie haben vor, bald zurückzukommen. Vielleicht ist dies einer der gesäuberten Bereiche, die wir in der Ankündigung der Kommission gesehen haben. Wo sich das Virus ausgetobt hat, sodass sie bald wieder bewohnbar sein werden.« Sie lächelte traurig. »Allerdings wissen wir, dass das nicht stimmen kann, nicht wahr, Liebster?«
    Noch irritierender war die Tatsache, dass die Wände ihnen kein Wasser geben wollten. Ein Stück weiter stießen sie auf eine offene Tür. Dahinter befand sich eine Wohnung, die viel größer war als alle, die Stolperzunge während seines Aufenthalts im Dach gesehen hatte. Angeblich wurde der Wohnraum immer knapper, aber hier hätten sich zehn Personen bequem einquartieren können.
    Indrani streckte eine Hand aus. »Wohnung, gib mir etwas Wasser!«
    Ein Trinkbecher schob sich aus der Wand, aber er war leer. Er fiel zu Boden und wurde nicht absorbiert.
    »Wir sind in einer Wüste«, sagte Indrani mit heiserer Stimme. »Hier ist nichts als Wüste.«
    Sie setzten ihren Weg durch den scheinbar endlosen Korridor fort, ohne auf Spuren zu stoßen, dass hier in letzter Zeit jemand gewohnt hatte. Die schuppigen Tiere an den Wänden – sie wurden Schlangen genannt – wanden sich um verriegelte Türen und an der Decke entlang. Manchmal tauchten sie unter den Boden, worauf der Kopf auf der gegenüberliegenden Seite wieder zum Vorschein kam.
    Stolperzunge und Indrani liefen ganze zwei Zehnteltage, und es war immer noch kein Ende ihrer Reise absehbar.
    »Bist du dir sicher, dass wir nur einen halben Tagesmarsch vom Kriegsschiff entfernt ausgestiegen sind?«, fragte Stolperzunge.
    »Genau genommen gibt es kaum noch etwas, dessen ich mir sicher bin …«, sagte Indrani. »Ich weiß nur, dass ich die entsprechende Anordnung gegeben habe. Einen Sektor entfernt, habe ich gesagt.«
    »Und sind alle diese Sektoren gleich groß?«
    »Ungefähr«, murmelte sie, während sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich weiß, ich weiß. Ich hätte mich vergewissern sollen, aber das Dach ist nicht mehr sehr kooperativ, wie du weißt. Im Idealfall enthält jeder Sektor die gleiche Anzahl von Wohnungen.«
    »Vielleicht liegen sie alle an diesem Korridor«, sagte er.

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