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Bonjour Tristesse

Bonjour Tristesse

Titel: Bonjour Tristesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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Kopf zu:
    »Cecile, warum stehst du hier so früh
auf? In Paris bist du bis zwölf im Bett geblieben.«
    »Damals mußte ich arbeiten«, sagte ich,
»das hat mich völlig fertig gemacht.«
    Anne blieb ernst, sie lächelte nicht.
Sie lächelte nur, wenn sie Lust dazu hatte, nie aus Höflichkeit wie alle
anderen Menschen.
    »Und dein Examen?«
    »Durchgefallen!« sagte ich vergnügt.
»Gründlich durchgefallen!«
    »Du mußt es im Oktober machen, unter
allen Umständen!«
    »Warum?« schaltete sich mein Vater ein.
»Ich habe es nie zu einem Diplom gebracht. Und ich führe ein recht üppiges
Leben.«
    »Aber Sie haben beim Start ein gewisses
Vermögen gehabt«, erwiderte Anne.
    »Meine Tochter wird immer Männer
finden, die für sie sorgen«, sagte mein Vater edelmütig.
    Elsa begann zu lachen und hörte wieder
auf, als sie unsere Blicke auf sich gerichtet sah.
    »Sie muß jetzt in den Ferien arbeiten«,
sagte Anne und schloß ihre Augen wieder, um die Unterhaltung zu beenden.
    Ich warf meinem Vater einen
verzweifelten Blick zu. Er antwortete mir mit einem kleinen, verlegenen
Lächeln. Ich sah mich schon über dem aufgeschlagenen Bergson hocken, vor den
unzähligen Seiten, deren schwarze Linien mir vor den Augen tanzten, und von
unten tönte Cyrils Lachen herauf... Der Gedanke daran erfüllte mich mit
Entsetzen. Ich rutschte zu Anne hinüber und redete sie mit leiser Stimme an.
Sie öffnete die Augen. Ich neigte ihr mein unruhiges, flehendes Gesicht zu und
zog meine Wangen noch etwas mehr ein, um mir das Aussehen eines überanstrengten
Blaustrumpfes zu geben.
    »Anne«, sagte ich, »das können Sie mir
nicht antun; Sie werden mich doch nicht zwingen, bei dieser Hitze zu arbeiten...
Während der Ferien, die mir so gut tun könnten...«
    Sie blickte mich einen Moment fest an,
dann lächelte sie geheimnisvoll und wandte den Kopf ab.
    »Ich muß dir das antun... selbst bei
dieser Hitze, wie du sagst. Du wirst nicht länger als zwei Tage böse auf mich
sein, wie ich dich kenne, und du wirst dein Examen machen.«
    »Es gibt Dinge, an die man sich nicht
gewöhnt«, sagte ich, ohne zu lachen.
    Sie warf mir einen amüsierten,
übermütigen Blick zu, und ich legte mich sehr beunruhigt wieder in den Sand.
Elsa redete lang und breit über die Feste und Veranstaltungen an der Riviera.
Aber mein Vater hörte nicht zu. Er lag an dem höchsten Punkt des Dreieckes, das
ihre Körper bildeten, und betrachtete Annes Profil und ihre Schultern mit jenem
unentwegten und ein wenig starren Blick, den ich so gut kannte. Seine Hand
schloß und öffnete sich über dem Sand mit einer sanften, regelmäßigen,
unermüdlichen Bewegung. Ich lief zum Meer, tauchte tief hinein und seufzte über
die Ferien, die wir hätten haben können und nun nicht haben würden. Wir
verfügten über alle Elemente eines Dramas: einen Verführer, eine Halbweltdame
und eine Frau von Geist. Auf dem Grunde des Meeres entdeckte ich eine
bezaubernde Muschel. Es war ein blaurosa Stein; ich tauchte, um ihn aufzuheben.
Er lag glatt und angenehm in meiner Hand, und ich hielt ihn fest bis zum
Mittagessen. Es war ein Glücksstein, beschloß ich und nahm mir vor, ihn den
ganzen Sommer über zu behalten. Ich weiß nicht, warum ich ihn nicht verloren
habe, wie ich alles verliere. Er liegt jetzt in meiner Hand — warm und rosa —,
und ich möchte weinen.

VIERTES KAPITEL
     
    I n den folgenden Tagen war ich sehr
überrascht, wie außerordentlich nett Anne zu Elsa war. Trotz der zahllosen Dummheiten,
mit denen Elsa ihre Konversation schmückte, ließ Anne sich niemals zu einem
jener kurzen Sätze hinreißen, deren Kunst sie so vollkommen beherrschte und mit
denen sie die arme Elsa völlig lächerlich gemacht hätte. Ich lobte sie im
stillen für ihre Geduld und ihre Großzügigkeit und erkannte nicht, daß sehr
viel geschickte Berechnung dahinter steckte. Mein Vater wäre es bald müde
geworden, wenn die beiden Katze und Maus gespielt hätten. Und so war er im
Gegenteil dankbar und wußte nicht, was er alles tun sollte, um Anne seine
Erkenntlichkeit zu beweisen. Diese Dankbarkeit war übrigens nur ein Vorwand.
Gewiß, wenn er mit ihr sprach, hatte man das Gefühl, daß sie für ihn nichts
anderes war als eine hochgeachtete Frau, eine zweite Mutter seiner Tochter. Das
ging sogar so weit, daß er fortwährend so tat, als stelle er mich unter ihre
Obhut, als sei sie ein wenig für mich verantwortlich — wie um ihr dadurch noch
näher zu kommen, sie noch enger an uns zu binden. Aber die

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