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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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Weinanbaugebiet Pomerol liegt östlich von Bordeaux, im Norden von
Saint-Emilion. Seine Weine werden von Robert Parker, dem großen Weinkenner, als
»die Burgunder von Bordeaux« bezeichnet, weil sie »kräftig und reichhaltig«
sind. Daher fand ich es nur angebracht, mir tagsüber die Weine des Pomerol zu
genehmigen, während ich über sie las und mich auf den bevorstehenden Abend
freute.
    Nach dem Frühstück trank ich, sehr
bedächtig, eine Flasche Château La Fleur de Gay; zum Mittagessen genehmigte ich
mir einen 90er Château Trotanoy, die letzte Flasche dieses Weins und dieses
Jahrgangs, die ich in der Gruft gefunden hatte. Wie immer aß ich dazu nur sehr
wenig, gerade so viel wie nötig, um das Aroma des Weins hervorzulocken.
Gewöhnlich lasse ich mir etwas von dem Restaurant um die Ecke bringen. Mit dem
Trotanoy vertrieb ich mir die Zeit bis in den späten Nachmittag. Ich überlegte,
ob ich noch eine Flasche aufmachen sollte, aber ließ es dann bleiben. Ich
betrat das Restaurant mit dem Geschmack des Pomerol im Gaumen, zweier großer
Weine aus diesem Gebiet, das auf der Karte des Weintrinkers jedoch nur die
Ausläufer des gewaltigen Petrus-Gebirges darstellt, dessen Spitze ich bald
erklimmen sollte.
    Der Wein verfehlte seine Wirkung
nicht. Mein Gleichgewichtssinn, der sich in den vergangenen Monaten ohnehin
verschlechtert hat, war nicht gut. Außerdem habe ich die unangenehme Neigung
entwickelt, stark zu schwitzen, wenn ich keinen Wein trinke, und meine Hände
zittern. Da ich seit dem Unfall keine Lust mehr verspüre, mich ans Steuer zu
setzen, macht es nicht allzu viel aus. Ich benutze einen
Screwpull-Korkenzieher, der alle Flaschen, außer den ganz alten, problemlos
öffnet, egal, ob meine Hände zittern oder nicht. Und wenn ich Wein trinke, habe
ich festgestellt, werde ich sehr friedlich, sehr nachdenklich, manchmal
regelrecht andächtig in meinen Stimmungen. Wenn ich nicht trinke, werde ich
unruhig, anfällig für unschöne Erinnerungen an Ereignisse aus meinem früheren
Leben. Ich gehe in meiner Wohnung in der Half Moon Street, am Rand vom Mayfair,
im Londoner West End, auf und ab. Ich nehme Bücher zur Hand und lege sie
ungelesen wieder weg. Ich gehe im Hyde Park spazieren und versuche, die
Erinnerungen an der frischen Luft loszuwerden. Ich gehe zum Piccadilly und
gucke mir Schaufenster an, stöbere in den Regalen bei Hatchards oder betrachte
die Berge von kandierten Früchten in den Auslagen von Fortnum. Die Erinnerungen
verschwinden nicht, also kehre ich um in meine Wohnung und hole mir einen Wein
aus dem kleinen Keller von ungefähr tausend Flaschen, den ich dort eingerichtet
habe, und trinke ihn. Der größte Teil meiner Sammlung ist immer noch in der
Gruft, dem Gewölbekeller von Francis Blacks altem Haus in Nordengland. Ich
erwarb sie zusammen mit dem Haus nach Francis' Tod von dem Nachlassverwalter.
Gelegentlich fahre ich hin, schaue mir meine Weinflaschen an und gucke nach, ob
alles in Ordnung ist, überprüfe, ob die Temperaturregler funktionieren und die
Alarmanlage eingeschaltet ist, und verfrachte wieder ein paar Kisten in die
Half Moon Street, um mich auf Trab zu halten. Der Vorrat geht anscheinend nie
zur Neige - als würden sich die Holzkisten und die Flaschenregale in meiner
Abwesenheit insgeheim vermehren. Ich halte mich aber nie länger als zwei, drei
Stunden dort auf, es spuken zu viele Geister herum.
    Wenn ich die Flasche geöffnet habe,
den Wein im Glas mal in die eine, mal in die andere Richtung geschwenkt, wenn
ich sein Aroma gerochen und den ersten Schluck getrunken habe, dann kehrt mein
innerer Frieden allmählich wieder zurück.
     
    Ich aß die Leber auf und trank von
dem Rieussec. Es war ein guter Wein, mit einem köstlichen Honigaroma, fast zu
intensiv. Mit dem ersten Glas Petrus würde ich den Geschmack auf der Stelle verlieren.
Die Teller wurden abgeräumt, und ich wurde für einen Moment in Ruhe gelassen;
ich hatte Zeit mich umzusehen. Das »Tripes« war ein Restaurant für die Reichen
und Berühmten. Es hatte mich einige Mühe gekostet, hier einen Tisch zu reservieren,
schon vor Wochen. Jetzt gab es kaum noch einen freien Platz. Das Restaurant
hatte sich gefüllt, aber es war nicht laut. In dem ziemlich großen Raum stand
etwa ein Dutzend Tische, weit genug voneinander entfernt, so dass man nicht
mithören konnte, was am Nebentisch gesprochen wurde. Wenn ich Zeitung lesen
würde, hätte ich einige Leute vermutlich erkannt. Am Nachbartisch bestellten
drei Männer ein

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