Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1153 - Die Gruftie-Girls

1153 - Die Gruftie-Girls

Titel: 1153 - Die Gruftie-Girls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Schwarz in allen möglichen Varianten. Manchmal richtig dunkel und glänzend, bisweilen auch die Schattierung, die mehr ins Graue hineinreichte. Etwas war jedenfalls sehr wichtig: Ihr Outfit musste dunkel sein. Es stand besonders im krassen Gegensatz zu Julias heller Gesichtsfarbe. Die ihrer Schwester Wiebke wirkte frischer. Ihre etwas dickeren Wangen behielten den rosigen Schimmer stets bei, was Wiebke ärgerte.
    Sie sprachen nicht miteinander. Sie schauten nur durch die Scheibe gegen den Himmel, und ihre Lippen hatten sich zu einem Lächeln verzogen. Der Mond schien für sie wie ein Geliebter zu sein, den sie nicht aus den Augen ließen. Hätte man ihre Sehnsucht sichtbar machen können, denn wäre sicherlich eine Aura zu sehen gewesen, die die Körper der beiden Mädchen umgab.
    Wiebke und Julia. Zwei, die aus Deutschland stammten, aber auf der Insel geblieben waren und hier ihre Erfüllung gefunden hatten. Zwei, die sich wohl fühlten, die schon Akzente gesetzt hatten, und bei denen auch der Name voll zutraf.
    Gruftie-Girls!
    So und nicht anders wurden sie genannt. Und sie waren stolz auf diesen Namen. Die Schwarzen, die Traurigen, die von Sehnsucht erfüllten Gestalten, die zum Lachen in den Keller gingen, wenn sie es überhaupt taten. Junge Menschen, die das Leben in ihrer Welt lebten und oft genug die Sonne verachteten und damit auch diejenigen Menschen, die im Sonnenschein spazieren gingen, um ihn zu genießen.
    Die Schwestern kannten zahlreiche Friedhöfe in London und der Umgebung. Aber auch andere Plätze, wo sie ihre Ruhe fanden.
    Versteckte Orte, an denen das Licht der Sonne nicht so präsent wäre.
    Das alles liebten sie, und sie waren zugleich von der Botschaft durchdrungen, es in die Welt zu tragen.
    Das taten sie mit großem Erfolg, denn sie hatten sich noch eine Aufgabe gesucht. Sie lebten nicht in den Tag hinein und auch nicht in die Nacht. In der Szene waren sie bekannt. Sie verdienten Geld, sie traten auf. Unter Kennern war ihr Name zu einem Begriff geworden.
    TWO SINS - zwei Sünden, so nannten sie sich, wenn sie in die Klubs gingen und den Zuhörern ihre Lieder von Tod, Vergänglichkeit und der großen Trauer sangen.
    Zwei Sünden - sie freuten sich über diesen Namen, den sie nicht nur einfach so angenommen hatten, denn es steckte auch etwas dahinter. Die Sünde war für sie legal. Das gaben die beiden offen zu. Sie waren nicht so verklemmt wie die meisten Menschen, die offiziell die Sünde ablehnten, sie in Wirklichkeit jedoch liebten, wenn auch sehr heimlich.
    Sie aber standen ihr frei gegenüber, denn die Sünde gehörte nicht nur zum Leben, sie war für sie das Leben an sich. Die Sünde hatte es schon immer gegeben, seit Beginn der Welt, das wussten sie sehr genau, und danach richteten sie sich.
    Der Mond wanderte weiter. Er sprach nicht zu ihnen, und sie konnten ihn trotzdem verstehen, denn sein Licht mochten sie. Da glichen sie schon den Vampiren und Werwölfen, die in der finsteren Nacht den Mond anheulten.
    Beide wussten nicht, wie lange sie vor der Fensterscheibe gestanden und auf den blassen Kreis geschaut hatten. Aber sie dachten und handelten synchron.
    Julia bewegte zur gleichen Zeit die linke Hand wie Wiebke die rechte.
    Ihre Finger trafen sich. Sie verhakten sich ineinander, bevor sie die Köpfe drehten und sich anschauten.
    Es wurde kein Wort zwischen ihnen gesprochen. Das Schweigen stand wie eine Wand. Sie dachten nur, sie strengten sich an, und ihre Gedanken gingen den gleichen Weg.
    Das Lächeln blieb. Sie nickten sich zu.
    Dann starrten sie sich gegenseitig in die Augen. Nach kurzer Zeit bewegten sie synchron ihre Lippen und flüsterten: »Zwei Sünden…«
    Es war ein Versprechen. Ein Weg in die Zukunft, und es war zugleich die Kraft, die für eine Veränderung in den Augen sorgte. Ihre hellen Pupillen nahmen eine andere Farbe an. Aus der Tiefe der Schächte stieg etwas hervor, das schon mit einer Ölspur zu vergleichen war. Sehr dick, sehr träge, sehr schwarz. Und diese tiefschwarzen Kreise setzten sich in ihren Augen fest.
    Two Sins - Zwei Sünden!
    Endlich hatten sie den Beweis angetreten. In ihren Augen war es zu lesen. Schwarz wie Teer, ohne Bewegung. Der hellere Hintergrund war noch vorhanden, aber kaum mehr zu sehen, weil die schwarzen Kreise alles für sich einnahmen.
    Etwa eine halbe Minute blieben sie frontal zueinander stehen und hielten sich an den Händen fest. Leichen mit schwarz eingefärbten Pupillen hätten kaum anders aussehen können als sie. Die

Weitere Kostenlose Bücher