Bosmans/Deleu 04 -Todeswahn
aus der Seitentasche ihrer Bomberjacke und verglich es mit dem Mädchen vor ihr. Das hier war nicht Sandra Janssens. Sie unterdrückte einen Fluch und zog ihren Fuß zurück.
Die Tür wurde zugeknallt.
Pierre blickte um die Ecke, und Nadia Mendonck gesellte sich achselzuckend zu ihm.
»Falscher Alarm, oder?«, fragte Vindevogel vorwurfsvoll, während er die Waffe wieder in den Gürtel steckte.
»Ich befürchte schon«, antwortete Nadia und ballte die Fäuste. »Igitt, das stinkt ja widerlich!«
»Ja, ich glaube, das kommt von da oben. Deleu hat gerade angerufen. Er sagte, er habe von der Nachbarin erfahren, dass sich auch Jef Briels schon über den Gestank im Haus beklagt habe.«
»Komm«, sagte Nadia, während sie zielstrebig die Treppe hinaufging und Pierre am Handgelenk hinter sich herzog.
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Donnerstag, 27 . November – 9 Uhr 43
U m exakt neun Uhr und dreiundvierzig Minuten erreichte der Anruf von Kamiel Vernimmen, Bankangestellter und Fan von spannenden Krimis, die mobile Einheit in Mechelen.
»Er sagte, dass dieser komische Vogel, Verbist, bei ihm in der Bank gewesen sei und versucht habe, höchstwahrscheinlich heiße Kassenobligationen zu versilbern, was ihm aber dank Vernimmens geistesgegenwärtiger Reaktion nicht geglückt sei.« Diese Wiedergabe des Augenzeugenberichts erreichte Deleu genau zwei Minuten später, als er gerade in die Lange Schipstraat einbog.
»Was hast du gesagt, Vanderkuylen? Eine Fortis-Filiale? Wo?«
»Auf der Bruul. Ganz in der Nähe!«
In dem Moment schien es Deleu, dass er unter Fieberphantasien leide. Auf der anderen Straßenseite, kurz vor dem Park! Dieser magere Mann mit den zerzausten Haaren! Er hatte den Kragen seiner Pilotenjacke hochgeschlagen und überquerte mit abgehackten kleinen Schritten, wie ein Roboter, den Zebrastreifen.
Genau wie gestern vor der Frittenbude! Das ist er! Eine wandelnde Zeitbombe!
Deleu stieg mitten auf der schmalen Straße auf die Bremse, stieß die Fahrertür auf und hechtete aus dem Golf. Der Autofahrer hinter ihm hupte. Deleu zeigte ihm den gestreckten Mittelfinger, und der frustrierte Mann ließ seine Hupe ertönen wie ein Nebelhorn.
Anders als bei der letzten Begegnung blickte sich der Mann diesmal um. Er sah Deleu und bog in die Lekkernijstraat ein.
»Mist!«
Deleu verfolgte ihn und suchte in der Jackentasche nach seinem Handy.
Ich habe es im Auto liegen lassen!
Durch sein kurzes Zögern verlor er den Mann aus den Augen.
Verbist lief mit großen Schritten in Richtung Schipstraat, und als sich Deleu an der Ecke Schipstraat/Lekkernijstraat nach rechts und links umblickte, war von dem Flüchtigen weit und breit nichts mehr zu sehen.
Die Ziekenliedenstraat. Das Baby hat er offenbar nicht bei sich. Soll ich das Telefon holen oder ihm hinterherlaufen?
Deleu schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn und blickte sich gehetzt um. In dem Moment kam ein gut gekleideter Herr mittleren Alters um die Ecke, ein belegtes Brötchen in beiden Händen, von dem er herzhaft abbiss.
»Entschuldigen Sie, Mijnheer, dürfte ich kurz Ihr Handy benutzen?«
Der Mann sah Deleu an wie einen Wal im Goldfischteich. Er blies die vollen Wangen auf und erwiderte: »Wohl zu tief ins Glas geguckt, was, Bruder?«
Deleu packte den Mann am Revers seines Boss-Anzugs, so dass das belegte Brötchen auf den Boden fiel.
»Polizei! Geben Sie mir sofort Ihr Handy!«
Der Mann riss sich los und rannte davon. Deleu schwindelte. An der Straßenecke hielt der Mann inne und schrie mit geballter Faust: »Dreckiger Säufer! Ich habe gar kein Handy, aber wenn ich eines hätte, hätte ich dir damit eins übergezogen!«
Deleu fasste in die Innentasche, und der Feigling machte sich so schnell es ging davon.
Während er sich noch einmal die schweißnasse Stirn mit dem Jackenärmel abwischte, versuchte Deleu, klare Gedanken zu fassen.
Wo steht mein Auto? O Gott. Am ganz anderen Ende der Schipstraat. Ich muss versuchen, ihn einzuholen!
Er warf einen letzten Blick über die Schulter zurück und raffte sich mühsam auf, aber bereits nach dreißig Metern waren seine Muskeln übersäuert.
Das schaffe ich nie.
Er kehrte um und wankte zurück zu seinem Wagen.
Kaum dreihundert Meter weiter, in der Van Beethovenstraat, stand Herman Verbist mit dem Rücken gegen eine Hauswand gepresst, die Hände mit gespreizten Fingern vor sich ausgestreckt und panische Angst in den glasigen Augen.
Wo willst du hin, Herman?
»Geh … geh weg!«
Du brauchst mich also nicht.
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