Bova, Ben - Asteroiden-Trilogie 3
einen Hieb auf den Solarplexus versetzt hätte. »Lars? Wie, zum Teufel, hast du …«
»Wir haben vor ein paar Jahren Zygoten tiefgekühlt und eingelagert«, sagte Amanda. »Damals, als Lars und ich mit der alten Starpower zum ersten Mal in den Gürtel geflogen sind. Wir wussten, dass wir gefährlichen Strahlungsdosen ausgesetzt sein könnten.
Also haben wir ein paar Eier von mir befruchtet und in Selene eingelagert.«
»Und nun hast du dir eins einsetzen lassen«, sagte Pancho mit hohler Stimme.
Amanda nickte langsam und sagte: »Martin glaubt, ich würde seinen Sohn austragen. Aber es ist Lars’ Sohn.«
»Wenn er das herausfindet, wird er euch beide töten.«
»Deshalb habe ich es hier tun lassen. Doug hat die Vorbereitungen für mich getroffen und das medizinische Personal besorgt. Er hat alle Sicherheitsvorkehrungen arrangiert.«
Pancho schaute Stavenger mit neuem Respekt an. »Das ist auch eine Möglichkeit, Humphries an den Karren zu fahren«, murmelte sie.
Er zuckte die Achseln. »Ich habe es für Amanda getan, nicht um Humphries an den Karren zu fahren.«
Ja, natürlich, sagte Pancho sich.
»Du hantierst mit Nitroglyzerin, Mandy«, sagte sie. »Wenn Humphries auch nur den Verdacht hegt …«
Amanda brachte sie mit einem finsteren Blick zum Schweigen. »Er wird ohnehin keine Ruhe geben, bevor er Lars nicht getötet hat«, sagte sie mit leiser, aber entschlossener Stimme. »Falls ihm das gelingt, werde ich trotzdem Lars’ Sohn gebären.«
Pancho stieß die Luft aus.
»Das ist die einzige Möglichkeit, wie ich es ihm heimzahlen kann«, murmelte Amanda. »Der einzige Weg, wie ich meine Liebe für Lars ausdrücken kann.«
»Ja, aber wenn Humphries auch nur der Verdacht kommt …«
»Das wird er nicht«, sagte Stavenger nüchtern. »Amanda ist als Mitglied meines Teams hierher gereist – ihre wahre Identität ist geschützt.«
»Nur wir drei wissen Bescheid«, sagte Amanda.
»Und was ist mit dem medizinischen Personal?«
»Sie wissen nicht, wer Amanda ist«, erwiderte Stavenger. »Ich habe das Team von der Erde kommen lassen und bringe es wieder zurück. Niemand wird hier bleiben.«
»Nur wir drei wissen Bescheid«, wiederholte Amanda.
Pancho nickte, dachte aber zugleich auch an Benjamin Franklins Bonmot: Drei Leute können ein Geheimnis bewahren – wenn zwei von ihnen tot sind.
Mondseilbahn 502
Pancho musste grinsen, als sie mit den Passagieren, die auch auf dem Rückweg nach Selene waren, zur Seilbahnkabine ging. Jemand hatte die Frontscheiben der Kabine mit einem blutroten Schriftzug besprüht: Zur Hölle und zurück. Keiner der anderen Touristen und einheimischen Mond-Freaks schien dem Graffito jedoch Aufmerksamkeit zu schenken. Pancho schüttelte den Kopf, weil sie so gar keinen Sinn für den Humor des unbekannten Künstlers hatten.
Amanda hatte den Komplex im Höllenkrater genauso verlassen, wie sie dort angekommen war: als Mitglied von Doug Stavengers kleiner, private: Gesellschaft. Sie hatte das Haar unter einer beigefarbenen Kappe verborgen und ihr Kleid unter einem schlichten, weiten Mantel, der fast bis auf den Boden reichte. So würde niemand die Parade der animierten Figuren sehen, die um ihre Hüften kreiste. Sie verschmolz förmlich mit dem Rest von Stavengers Leuten. Sofern man nicht gezielt nach ihr Ausschau hielt, würde niemand sie unter den anderen Personen identifizieren, die zusammen mit Stavenger die Kabine für die Sonderfahrt betraten.
Pancho hatte beschlossen, sie nicht zu begleiten. Die Vorstandsvorsitzende der Astro Corporation mit dem Pferdegebiss und der hochgewachsenen Gestalt war so bekannt, dass die Möglichkeit bestand, von Reportern erkannt zu werden – oder von den Schnüfflern von Humphries Space Systems. Pancho wollte keine unnötigen Risiken eingehen, also verbrachte sie den Rest des Tages damit, in den Casinos ein Spielchen zu wagen und sich zu amüsieren. Innerhalb einer guten Stunde erzielte sie einen schönen Gewinn bei einem Computerspiel, doch schließlich wurde auch sie vom Gesetz der Wahrscheinlichkeit eingeholt. Als sie wieder dort angekommen war, wo sie angefangen hatte, hörte Pancho zufrieden mit dem Spielen auf und ging in eins der besseren Restaurants, um dort zu Abend zu speisen. Glücksspiel macht Spaß, sagte sie sich, verlieren aber nicht.
Und je länger man spielt, desto besser stehen die Chancen für die Bank.
Sie aß immer zu hastig, wenn sie allein war. Mit einem Gefühl der Sättigung, aber auch der Unzufriedenheit ging
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