Boys Dont Cry
keine Wirbel mehr im Hals.
»Hau endlich ab, Dante, Emma braucht dich«, sagte Dad.
Ja, und mein Bruder brauchte mich auch. Aber ich tat wie befohlen und machte mich auf den Weg nach unten.
»Daddy.« Als ich die Küche betrat, hörte Emma auf zu jammern und streckte die Ärmchen nach mir aus.
»Tut mir leid, mein Schatz«, sagte ich und hob sie aus ihrem Stuhl. »Ich wollte dich nicht allein lassen.«
»Park«, sagte Emma.
»Nein, Emma, heute nicht.«
»Park«, beharrte Emma und brach wieder in Tränen aus.
»Nein.«
Emma schrie wie am Spieß, ein schriller Ton, der mir durch Mark und Bein ging.
»Emma, wir gehen nicht in den Park, und das ist mein letztes Wort. Wir gehen ein andermal.« Ich versuchte, vernünftig mit ihr zu reden.
Auch das funktionierte nicht. Plötzlich war sie mir zu schwer. Ich setzte sie ab. Aber das passte ihr auch nicht. Sie heulte noch lauter.
»Park … Park …«, forderte sie zwischen den Schluchzern. Ich ertrug es nicht länger.
»EMMA, VERDAMMT NOCH MAL, HÖR AUF!«
Sie starrte mich einen Augenblick lang verdutzt an und dann legte sie richtig los. Ihr Geschrei von vorhin war nichts im Vergleich zu dem ohrenbetäubenden Sirenengeheul, das sie nun anstimmte. Es zerriss mir förmlich den Schädel. Ich starrte wütend auf sie hinunter, langsam ballten sich meine Hände zu Fäusten. Ich war nur noch um ein Haarbreit davon entfernt, die Beherrschung zu verlieren …
Also suchte ich das Weite. Raus aus der Küche und ins Wohnzimmer. Ich rannte so schnell ich konnte. Entsetzt über mich selbst ließ ich mich in den Sessel fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich konnte nicht glauben, was ich gerade beinah getan hätte. Emmas Geschrei kam näher. Sie streckte den Kopf durch die Tür, immer noch schluchzend, und sah mich so ängstlich und zweifelnd an, dass es mir die Eingeweide zusammenzog.
Ich holte tief Luft. »Es tut mir leid, Emma.« Dann breitete ich die Arme aus.
Emma rannte auf mich zu und ich fing sie auf. Ihre Tränen versiegten, sobald ich sie im Arm hielt.
»Emma böse?«
»Nein, Emma, du warst nicht böse«, erklärte ich ihr und strich ihr immer wieder über das Haar. »Ich war böse, ich habe dich angeschrien. Ich mache mir Sorgen wegen Onkel Adam, aber das hätte ich nicht an dir auslassen dürfen.«
»Armer Onkey«, seufzte Emma.
Es dauerte ein bisschen, bis ich mich so weit gefasst hatte, dass ich sprechen konnte. »Ja, armer Onkel.«
»Bussi, Daddy?«
Ich schluckte einmal und dann noch einmal. »Ja, Bussi«, flüsterte ich.
Emma küsste mich auf die Wange. Und ich sie. Und die ganze Zeit über musste ich ständig schlucken.
Erst eine ganze Weile später brachte ich endlich das heraus, was mir in diesem Moment wichtig war. »Ich hab dich lieb, Emma. Ich hab dich ganz doll lieb.«
47 DANTE
Ich musste mit Emma zu Hause bleiben, während Dad Adam im Krankenwagen begleitete. Ich wollte mit, aber Dad blieb hart.
»Ich glaube, Emma hat in letzter Zeit genug Krankenhäuser von innen gesehen, meinst du nicht auch?«, sagte Dad bitter.
»Aber was ist mit Adam? Ich müsste doch bei ihm sein.«
»Ich werde bei ihm sein«, sagte Dad mit Nachdruck. »Du bleibst hier und kümmerst dich um deine Tochter.«
Aber ich hatte zum ersten Mal Angst davor, was passieren könnte, was ich tun könnte, wenn sie wieder zu weinen anfing und nicht mehr aufhörte. Die Vorstellung, meiner Tochter in irgendeiner Weise wehzutun, machte mich krank und erschreckte mich zutiefst.
Und ich war so nah dran gewesen …
Ich zog mein Handy aus der Hosentasche, denn ich musste dringend telefonieren. Nach zweimaligem Klingeln wurde am anderen Ende abgehoben.
»Hallo?« Tante Jackies Stimme klang gereizt.
»Tante Jackie, ich …«
»Dante?«
»Ja …«
»Weißt du eigentlich, wie früh es ist? Ich habe dir doch gesagt, dass ich am Samstag vormittag definitiv gegen Tageslicht allergisch bin!«, erklärte sie kurz angebunden.
»Tante Jackie, ich … ich brauche deine Hilfe …« Warum kamen mir diese Worte so schwer über die Lippen?
»Was ist passiert?«, fragte sie scharf.
Ich erzählte ihr alles – angefangen von Adam und den Schlaftabletten bis zu Emma, wie ich sie angebrüllt hatte und was ich fast getan hätte.
»Ich bin gleich bei dir, hörst du? Ich fliege.« Tante Jackie legte als Erste auf.
Während ich das Handy verstaute, wackelte Emma auf mich zu. »Hunger, Daddy«, erklärte sie.
Ich holte tief Luft und setzte ein Lächeln auf. »Na, dann werden
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