Bradshaw Gillian - Artus 02
kam ein Donnerschlag, und ich öffnete die Augen und sah Medraut. Er lächelte.
»Mir scheint er gesund zu sein«, sagte Medraut mit glatten Worten. Ich schaute hinter ihn und sah, daß er mit Teleri redete.
»Du kannst ihn nicht mitnehmen«, sagte Teleri. Ihre Hände waren verkrampft, und ihre Augen strahlten zu hell. »Um Gottes willen, erwartest du denn, daß wir ihn dir einfach übergeben?«
»Ich erwarte, daß ihr tut, was ich euch sage, oder ich sorge dafür, daß eure Abtei bis auf die Grundmauern verbrannt wird… Steh auf!«
Ich setzte mich. Ich war ungeheuer verwirrt. Ich war im gleichen Zimmer in der Abtei Sankt Elena, und es war Nachmittag. Die gleichen Binsen lagen auf dem Fußboden, die steinernen Wände bestanden aus den gleichen rauhen Steinen. Es war kein Traum: Medraut stand wirklich vor mir.
Er lächelte noch einmal. Ich bemerkte, daß sein Kopf verbunden war. »Ich hab’ dir gesagt, du sollst aufstehen.«
Ich stellte mich hin und wickelte das Bettzeug um mich. Ich hatte nur meine Unterkleidung an, denn die Nonnen hatten meine Tunika und meine Hosen mitgenommen.
Medraut lachte über mich. »Bringt ihm seine Kleider, und beeilt euch«, befahl er Teleri.
»In Christi Namen, du kannst ihn nicht mitnehmen!« sagte sie.
Ich war wach genug, um es besser zu wissen. »Doch, das kann er. Und er wird die Abtei niederbrennen, wenn du ihn nicht läßt. Geh besser.«
Fast tat sie es nicht. Sie starrte mich einen langen Augenblick an und drehte die Hände ineinander. Aber dann wandte sie sich um und rannte aus dem Zimmer. Medraut lachte wieder, schaute sich um und setzte sich bequem aufs Bett.
»Du hast ausgezeichnete Pflege gefunden«, bemerkte er. »Die hier heilen dich vielleicht nicht so schnell wie meine Mutter, aber ohne Zweifel ist die Behandlung angenehmer. Wo ist der andere Sklave, das Weibsstück, das für diese Sache verantwortlich ist?« Er berührte seinen Verband.
»Sie ist tot«, sagte ich ihm und betete darum, daß er es nicht besser wußte. »Sie ist gestern gestorben. Kurz vor Sonnenuntergang. Sie hat angefangen zu schreien, und dann ist sie auf der Straße niedergestürzt. Sie ist tot.«
»Das habe ich mir gedacht.« Er zog ein Knie hoch und schlang die Arme darum. Sein blondes Haar fing die Nachmittagssonne ein, und sein weicher, junger Bart glänzte in seinem Gesicht. Gold leuchtete an seiner Mantelschließe und an seinem Halsreif. »Mutter verteidigt ihre Ehre. Die kleine Füchsin hätte es nie wagen sollen, sich ihr zu widersetzen. Ich hoffe, sie hat gelitten.«
Ich sagte nichts. Ich hoffte, daß Teleri Eivlin nicht erwähnt hätte, und ich hoffte auch, daß Medraut weder von Elidan noch von Gwyn etwas wußte oder etwas spüren konnte. Teleri kam mit meinen Kleidern zurück, und ich zog mich schnell und schweigend an.
Medraut stand auf und strich seinen Mantel glatt. Eine Hand ruhte leicht auf seinem Schwert, und ich starrte die Waffe an. Entweder besaß er zwei Schwerter mit identischen Heften, oder er hatte irgendwie das Schwert zurückbekommen, das Eivlin ihm abgenommen hatte. Er bemerkte den Blick und blitzte mir sein fröhliches Lächeln entgegen.
»Ja. Ich hab’ es wieder.« Er tätschelte das Schwertheft. »Ein nützliches Ding. Ich könnte dir noch mehr davon zeigen.«
Ich hatte nicht unbedingt den Wunsch, noch mehr davon zu sehen. Mir war übel. Hatten er oder Morgas mich irgendwie verfolgt und die Botschaft vor Gawain gefunden? Oder war die stille Gestalt aus meinem Traum in der Tat Gawain gewesen?
Es hat keinen Zweck, sich auf Träume oder Gefühle zu verlassen. Was immer auch mit meiner Botschaft geschehen war, es änderte nichts an der Tatsache, daß ich still mit Medraut gehen mußte. Ich durfte keine Aufmerksamkeit in der Abtei erregen, und ich mußte mich darauf vorbereiten, das Ganze noch einmal zu durchkämpfen. Ich war froh, daß der Gedanke mich betäubte. Denn wenn das nicht der Fall gewesen wäre, dann hätte ich, glaube ich, den Raum nicht verlassen können, ohne auf die Knie zu fallen und ihn anzubetteln, mich zu verschonen. Und das hätte vielleicht eine Katastrophe bedeutet. Das Ende, so sagte ich mir energisch, liegt überhaupt nicht in unseren Händen. Wir können nur tun, was wir für Recht halten, und Gott das andere anvertrauen.
Medraut stellte sich neben die Tür und machte Teleri und mir mit einer Handbewegung klar, daß wir zuerst gehen sollten. Teleri passierte ihn stolz und energisch, ohne ihn anzuschauen. Als ich hinter ihr herging, schlug mich
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